Thumbsucker

Justin ist siebzehn und lutscht in Situationen, in denen er nicht zurecht kommt, an seinem Daumen. Sein Vater Mike (Vincent D’Onofrio) und Kieferorthopäde Dr. Lyman (Keanu Reeves) versuchen krampfhaft es ihm abzugewöhnen. Seine Mutter Audrey (Tilda Swinton) steht zu ihrem Sohn, trotz seines teilweise eigenartigen Benehmens. Dann ist da noch der Lehrer Mr. Geary (Vince Vaughn), der in Justin Potenzial für den Debattierklub sieht. Als Justin beginnt Medikamente gegen seine Konzentrationsschwäche einzunehmen, wendet sich das Blatt für ihn völlig.

Neben dem talentierten Hauptdarsteller Lou Taylor Pucci spielen Tilda Swinton, Vince Vaughn, Keanu Reeves und Benjamin Bratt in diesem merkwürdigen und äußerst atmosphärisch-schönen Independentfilm mit. Die Musik sollte ursprünglich komplett von Elliott Smith komponiert werden, dieser starb jedoch leider während der Dreharbeiten (die Justiz deklarierte den Fall mangels an Beweisen als Suizid, obwohl man von einem Mord durch seine Ex-Freundin an ihm ausgeht). So wurde der Soundtrack von Tim DeLaughter & The Polyphonic Spree fertiggestellt. Der Soundtrack untermalt wundervoll die Musikvideo-ähnlichen Bilder. Die Musik ist hervorragend und trägt viel Positives zu diesem Film bei. Regisseur Mike Mills (bekannt durch seine Musikvideos mit u.a. Air, Moby oder Zoot Woman) erzählt eine etwas abgedrehte Geschichte liebevoll, auf eine melancholische und teilweise lustige, aber nie alberne Art. Technisch anspruchsvoll inszeniert mit cleveren Matchcuts, einer tollen Kameraführung und exzellenten Schauspielern werden dem Zuschauer 96 tolle Minuten Unterhaltung geboten. Jedoch muss man sich auf diese unspektakuläre Geschichte auch einlassen können. Wer nichts für Independent-Kino übrig hat, sollte diesen Streifen auslassen. Der Film bietet keine Action, keine überraschenden Wendungen. Er bleibt auf dem Boden der Tatsachen und zeigt den Alltag eines Teenagers und seiner Sinnsuche im Leben.

 

„Thumbsucker“; USA (2005); D: Mike Mills; C: Lou Taylor Pucci, Tilda Swinton, Keanu Reeves, Vincent D’Onofrio, Benjamin Bratt, Kelli Garner, Vince Vaughn; M: Tim DeLaughter, Elliott Smith

 

6 von 7 Sternen

Alexander George

The Girlfriend Experience

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

„The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

„The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

1 von 7 Sternen

Alexander George

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

 

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

 

The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

 

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

 

Alexander George

 

1 von 7 Sternen

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

 

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

 

„The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

 

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

„The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

 

Alexander George

 

1 von 7 Sternen

Biutiful

Traurigkeit ist gar kein Ausdruck für das neue Werk von Alejandro González Inárritu. Uxbal (Javier Bardem) lebt in Barcelona im Slum-Viertel. Er verhilft illegalen Einwanderern zu Jobs und organisiert für Sie einiges drumherum. Privat verbringt er Zeit mit seinen Kindern und wagt einen Neuanfang mit seiner Frau Marambra, die jedoch einigen psychische Instabilitäten ausgesetzt ist. Und als ob das nicht schon genug wäre erfährt Uxbal davon, dass er schwer krank ist. Und sterben wird.

Bardem spielt einfach großartig, nicht umsonst gab es die Oscar-Nominierung für ihn als besten Hauptdarsteller. Inárritu lässt aber auch seine Familie schauspielerisch zur Höchstform auflaufen. Die Kinder spielen grandios und auch seine Frau als abgedriftete verleiht dem Film sehr viel Authentizität und reißt den Zuschauer auch deswegen sehr mit. Da liegt auch die Stärke des Films: viele Bilder wirken stark und die Realität wird ungeschönt gezeigt. Da sind die illegalen Einwanderer und deren Leiden, die Slums von Barcelona und Uxbal selbst, der die Leidens-Person schlechthin im Film ist.

Inárritu (unter anderem: „21 Gramm“ und „Babel“) ist bekannt für seine sehr melancholischen und ruhigen Filme. Auch in diesem Fall herrschen oftmals stille, traurige Bilder vor. Durch Oscar-Preisträger Stephen Mirrione (Oscar 2001 für den Besten Schnitt bei „Traffic“) erhält der Film seinen bekanntlich hervorragenden, ganz eigenen Stil. Besonders hervorzuheben ist auch die üppige Ausstattung im Film und die Liebe zum Detail in sämtlichen Locations.

Viel zu kritisieren findet man bei „Biutiful“ nicht. Einzig und allein 2 ½ Stunden anhaltende Traurigkeit, könnte als Minuspunkt angesehen werden. Es gibt nur kurze Momente der Hoffnung und des Glückes, diese wirken dann jedoch umso kraftvoller. Mit einem guten Gefühl geht man nach dem Kinobesuch nicht nach Hause. Die Kinobesucher bleiben noch fast alle geschlossen sitzen (eine Seltenheit in deutschen Kinosälen) und einige verweinte Gesichter fallen dann doch auf. Trotzdem freut man sich auf den nächsten, hoffentlich etwas positiveren Inárritu. Mal schauen!


Biutiful“; Mexiko, Spanien (2010); C: Javier Bardem, Maricel Álvarez; M: Gustavo Santaolalla


5 von 7 Sternen

Alexander George

Black Swan

Nina Sayers (Natalie Portman) tanzt. Sie tanzt klassisches Ballett an einer Oper in einer amerikanischen Großstadt. Und sie ist gut, aber (noch) nicht gut genug. Der Direktor der Kompanie, Thomas Leroy (Vincent Cassel) macht ihr deutlich, dass, wenn sie die Hauptrolle in „Schwanensee“ tanzen will, sie viel mehr aus sich herauskommen muss. Sie soll ihre Zurückhaltung, ihre Kühle, mit Leroys Worten „ihre Frigidität“, aufgeben! Sie darf nicht so verkrampfen, muss sich gehen lassen, und sich von der Musik tragen lassen. Und das muss auch den Zuschauer erreichen. Thomas Leroy wird sie zur ersten Tänzerin machen, wenn sie auf seine Worte hört; und wenn sie bereit ist Sex mit ihm zu haben. Was er ihr ziemlich deutlich schnell klar macht. Nina ist zuerst bestürzt über diese Offenheit, speziell seine Fragen nach ihren Vorlieben und ob ihr Sex Spaß machen würde. Ninas Ehrgeiz ist groß und sie ist bereit viel für die Rolle zu geben. Unterstützt wird sie von ihrer überbesorgten, alles kontrollierenden Mutter, bei der sie immer noch lebt! Erica, Ninas Mutter, war einst selbst Tänzerin, ließ sich mit einem Choreographen ein und 9 Monate später hielt sie ihre Tochter Nina im Arm. Das war das Aus ihrer möglichen Karriere. Doch für Nina gibt es daneben ja noch Lily, die hübsche Konkurrentin, die wunderschön lasziv, leicht wie eine Feder tanzt. Und die auch bereit ist, viel für die Doppel-Hauptrolle im „Schwanensee“ auf sich zu nehmen!

Nina verfällt zunehmend, sie leidet an Halluzinationen, schläft zu wenig, und ist scheinbar bald nicht mehr in der Lage die Realität von ihren Wahnvorstellungen zu unterscheiden. Bis zum Ende des Films…

Nach „The Fountain“ (2006) und „The Wrestler“ (2008) drehte Darren Aronofsky diesen Thriller. Die Musik, neben der von Tschaikowski, komponierte Clint Mansell, der kürzlich für „Last Night“ den Track lieferte, sowie für Filme wie „11:14“, „The Fountain“, „The Wrestler“ und „Moon“.

Natalie Portman liefert eine unglaublich gute Darstellung ab. Ich hätte ihr niemals eine solche schauspielerische Leistung zugetraut. Aronofsky setzte Natalie in fast jeder Szene ein! Sie trägt den gesamten Film Daneben brillieren Mila Kunis als Lily (quirlig, sexy, süß) und Vincent Cassel als blasierter eingebildeter Chef des Balletts.

Es gibt in diesem Film keine Längen, am Ende ist man überrascht, dass es schon vorbei ist. Kamera, Schnitt, Musik, das passt alles wie aus einem Guss. Dramaturgie: exzellent. Die Spannung: aus Tanz, Konkurrenzkampf, Sex und Wahnbildern wird eine unwirkliche Vorstellung geknüpft. Wird Nina den Schritt vom weißen zum schwarzen Schwan fertig bringen, wird sie auf die Seite des Bösen gehen können? Ein Kollege schrieb: die visualisierte Entwicklung einer hoffnungsvollen Künstlerin zu einem psychischem Wrack erinnere an Lynchs „Mullholland Drive“. Erst in der allerletzten Szene scheint es so etwas wie Entkrampfung, Ruhe, Frieden, Stille plötzlich zu geben.

Ein beeindruckendes, spannendes und aufwühlendes Stück Kino und einer der besten Filme der vergangenen Monate. Hoffentlich sehen wir mehr von dieser Natalie Portman und auch vom Regisseur Aronofsky. Der übrigens seine letzten beiden Werke „Wrestler“ und „Swan“ als Diptychon betrachtet ( = zweiteiliges Werk).

Bitte einen dritten Teil auf diesem Niveau, Mr. Aronofsky! Und dann haben Sie ein Triptychon!“

Und, ach, noch Eines: nie sah ich eine Frau sich so schön und so anregend selbst befriedigen wie Natalie hier.


Black Swan“; USA (2010); C: Natalie Portman, Mila Kunis, Vincent Cassel; M: Clint Mansell


6 von 7 Sternen

Rick Deckard

District 9

Sie sind da! Die Außerirdischen sind auf der Erde angekommen. Oder zumindest fast. Denn die Außerirdischen hausen in einer abgeschotteten Region in Johannesburg mit dem Namen District 9. Dort leben sie in einer Art Slum, überleben durch das Sammeln von Nahrung aus Müll oder durch das Ausüben von Verbrechen. Eine Organisation namens MNU kümmert sich seit der Ankunft der außerirdischen Insektoide darum diese unter Kontrolle zu halten und deren überlegene Waffentechnik zu erforschen.
Als die MNU beschließt District 9 zu schließen und in etwa 200 Kilometern Entfernung District 10 zu eröffnen, wo die Aliens besser kontrollierbar sind, kommt es zu Spannungen, besonders als bei Wikus van de Merwe, seinerseits ein hoher Mitarbeiter der MNU, durch den Kontakt mit einer seltsamen Alien-Flüssigkeit eine ungewöhnliche Krankheit ausbricht, die sein Leben verändern soll.

Regisseur Neill Blomkamp hat mit dem Film einen Spagat geschaffen zwischen aktueller Gesellschaftskritik und Science Fiction. Mehr als deutlich wird dem Zuschauer klar, dass nicht zufällig Johannesburg, einstmals Hochburg der Apartheid, gewählt wurde um Schauplatz für District 9 zu sein. Allerdings geht die außerordentlich gute Idee leider an vielen Stellen unter, da der Film doch einige Schwächen hat, die den Gesamteindruck sinken lassen und einiges an Potential verschenkt wird.

Erstes großes Manko ist der Hauptdarsteller Sharlto Copley, der an vielen Stellen einfach nicht glaubwürdig rüber kommt. Zu beginn des Films ist der Charakter vollkommen überzeichnet und wirkt schon fast wie ein typischer Darsteller einer durchschnittlichen US-Komödie. Durch die missratene deutsche Synchronisation wird dieser Effekt gleich potenziert.
Ein weiterer Punkt sind die riesig klaffenden Löcher in der Logik der Geschichte: Aliens, die der Menschheit in Sachen Technik um Lichtjahre voraus sind, lassen sich von nigerianischen Kriminellen einen super modernen Kampfroboter für 100 Dosen Katzenfutter abkaufen. Menschen und Außerirdische leben schon so lange zusammen, dass die Menschen die Sprache der Aliens perfekt verstehen aber Hintergrundinfos gibt es keine, weil sie keiner weiß… Hätte man die Außerirdischen nicht einfach innerhalb von 20 Jahren wenigstens einmal fragen können?
Generell wirkt vieles konstruiert und/oder überzeichnet und hält einer kritischen Hinterfragung der Logik des Ganzen keinen Stand.

Auch die Dramaturgie des Filmes lässt zu wünschen übrig, da trotz eines anderen Settings die gleiche Geschichte erzählt wird, die man schon aus „Der mit dem Wolf tanzt“, „Avatar“ und „Pocahontas“ kennt. Einziger Unterschied dabei ist, dass der Protagonist nicht aus Liebe, sondern wegen einer Krankheit gezwungen wird sich gegen seine ehemaligen Verbündeten zu stellen.

Zu guter Letzt kann man noch kritisieren, dass der Erzählstil nicht konsequent umgesetzt wurde. Anfangs beginnt der Film wie ein Dokumentarfilm, lässt dieses Stilmittel im Verlauf des Films nur noch aufkommen, wenn es darum geht, effektvoll eine Kameralinse mit dem Gehirn eines jüngst verstorbenen zu verschmieren. Somit ist der Film weder als Dokumentarfilm, der in dem gebotenen Setting in einem imaginären Fernsehsender laufen könnte, noch als einen reinen erzählten Actionfilm zu verstehen. Das ist inkonsequent, effekthascherisch und nervig. Besonders die oft wiederkehrende Brutalität macht nur an wenigen Stellen einen dramaturgischen Sinn, erzeugt Ekel und fesselt ausschließlich aus Sensationsgeilheit.

Trotz alledem ist District 9 ein Hingucker, denn die Effekte sind sehenswert, das Setting ist sehr originell und die durch Parallelen zur Apartheid gestrickte Gesellschaftskritik wirkt im Gegenzug zu vielen anderen Aspekten des Films glaubwürdig. Schraubt man seine inhaltlichen Erwartungen an das Werk herunter, die durch den ausgesprochen interessanten Anfang des Films erweckt werden, so kann man doch Spaß mit District 9 haben und sich nach guter Popcorn-Manier unterhalten lassen.

 

„USA, NZ (2009), 112 Min., R: Neill Blomkamp, C: Sharlto Copley; M: Clinton Shorter.“

 

Ian Lang

Aussichten

Einer der großen Regisseure Hollywoods, Tony Scott („Top Gun“, „Last Boy Scout“, „Der Fan“, „Staatsfeind Nr. 1“, „Domino“, „Déjà Vu“ und „Die Entführung der Pelham 123“), wird demnächst den Thriller „Potsdamer Platz“ mit Jason Statham, Javier Bardem, Mickey Rourke und Christopher Walken drehen. Ein durchaus beeindruckender Cast!

Javier Bardem (am 1. März feiert er, gemeinsam mit Ehefrau Penélope Cruz, seinen 42. Geburtstag) erhielt sehr viel Beifall für seinen aktuellen Film „Biutiful“ auf den Filmfestspielen von Cannes. Unter der Regie von Meister-Regisseur Alejandro Gonzáles Inárritu („21 Gramm“, „Babel“) spielt Bardem einen Mann im freien Fall auf dem Weg zur Erlösung. 147 Minuten Drama – ich glaube, wir dürfen uns auf den Kino-Start am 10. März freuen: uns erwartet ein besonderer Film. Nicht zuletzt wird Javier Bardem schon für einen Oscar gehandelt. Nun, ob er nominiert ist, wissen wir dann am 25. Januar! Übrigens: Musik von Gustavo Santaolalla, der schon die Filme „Die Reise des jungen Che“, „Collateral“, „Brokeback Mountain“, „Into the Wild“ und „Public Enemies“ musikalisch begleitete. In diesem Fall noch dazu ein „Piano Concerto G“ von Maurice Ravel. Gedreht wurde übrigens im faszinierenden Barcelona.

Tom Hanks und Johnny Depp – ja, zwei meiner liebsten Schauspieler. Und nun tatsächlich demnächst in einem Steifen zu sehen: „Triple Frontier“ (Start 2012), der im Grenzgebiet zwischen Paraguay, Argentinien und Brasilien spielt. Unter der Regie keiner Geringeren als Kathryn Bigelow (Regie-Oscar 2010 für „The Hurt Locker“).

Ihr Ex-Ehemann James Cameron bastelt bereits an Teil II und III der neuen Saga „Avatar“, die dann 2014 und 2015 in die Kinos kommen sollen. Nachdem der erste Teil Produktionskosten von 237 mio US-$ verschlang, aber weltweit bis Ende 2010 knapp 800 mio US-$ einspielte!

Und nun noch 2 gute Nachrichten zu Christoper Nolan und der „Batman“-Reihe: zuerst einmal beginnen demnächst die Dreharbeiten zu Teil 3 mit Christian Bale, Anne Hathaway, Gary Oldman. Morgan Freeman und Michael Caine in England. Kommt dann im nächsten Jahr in die Kinos. Und die zweite gute: Nolan hat bestätigt, dass, so lange er Regie bei „Batman“ führt, es keinen Robin geben wird! Danke, Christopher Nolan. Dieser Wicht war immer schon so unwichtig und unnötig wie ein Kropf.

Nun, jetzt bleibt nur noch der Hinweis: „Black Swan“ ansehen und urteilen, ob Natalie Portman diesmal einen Oscar erhält. 2005 war sie bereits für „Hautnah“ nominiert, musste sich aber Hilary Swank für „Million Dollar Baby“ geschlagen geben. Die Kritik zum Film folgt in ein paar Tagen. Bleiben Sie uns gewogen!


Rick Deckard

23. Jan. 2011

 

Nanny Diaries

Annie Braddock (Scarlett Johansson) hat gerade ihren Abschluss auf der Uni gemacht und sollte am besten gleich, nach dem Willen ihrer Mutter, eine Karriere in der Finanzwelt starten. Doch Sie entscheidet sich dagegen. Ein Zufall bietet ihr die Chance als Nanny arbeiten zu können. Angekommen bei der strengen Mrs. X (Laura Linney) mit ihrem Sohn Grayer (Nicholas Reese) und Ehemann Mr. X (Paul Giamatti) erlebt sie jedoch mehr Tiefs als Hochs. Dann aber tritt der sympathische Nachbar Hayden (Chris Evans) in Annies Leben, was einige Spannungen zwischen ihr und Mrs. X verursacht.

Der Regisseur Robert Pulcini und Regisseurin (!) Shari Springer Berman versuchen mit „Nanny Diaries“ den Spagat zwischen Komödie und Drama mit einem Schuss an Klassiker-Anlehnung à la „Mary Poppins“. Leider gelingt diese Kombination nicht gänzlich. Vorab: Scarlett Johansson (wie immer sehr charmant, aber leider kurze Zeit auch etwas albern) und Laura Linney machen ihre Sache so gut sie können. Ein Fehlgriff in der Besetzung ist jedoch der kleine Junge Grayer, dem man seine Rolle nicht so recht abnimmt. Sicherlich ist es schwer gute Kinderschauspieler zu casten, aber man hätte sich einen etwas niedlicheren Jungen gewünscht (seine Augen verraten seine Un-Glaubwürdigkeit). Weiterhin kommt der Film erst nach 45 Minuten richtig gut in Fahrt und bringt einen plötzlich öfters zum Lachen. Diese gute Phase flaut jedoch ganz schnell wieder ab und das Drama steht wieder im Vordergrund. Sehr schade. Ganz furchtbar ist der nachträglich hinzugefügte Weichzeichner, der deutlich sichtbar in mehreren Szenen offensiv eingesetzt wurde um dem ganzen einen „Märchenhaften Schleier“ zu verleihen.

Der Film hat keine klare Linie und kann sich nicht entscheiden zwischen Komödie und Drama. Die Ansätze sind allesamt schön und es gibt auch ein paar wundervolle Stadtszenen, mit schönem Licht und einem herrlichen „Summerfeeling“. Doch es fehlt ganz klar der „Kick“ zu einem andauerndem Interesse an der Geschichte. Um nicht zu sagen es kommt Langeweile auf. „Nanny Diaries“ verschenkt sein gutes Potenzial, leider.


USA (2007); 105 Min.; R: Robert Pulcini, Shari Springer Berman; C: Scarlett Johansson, Laura Linney, Paul Giamatti; M: Mark Suozzo“


2 von 7 Sternen

Alexander George

The I Inside

Sie sind gestorben!“
Das sind die ersten Worte, die Simon Cable (Ryan Phillippe) hört, nachdem er aus dem Koma erwacht ist. Die Erklärung seines Doktors ist gleichzeitig erschreckend als auch beängstigend: Nach einem Unfall, an den Simon sich allerdings nichtmehr erinnern kann, war er 2 Minuten lang tot. Und nicht nur der Unfall, sondern auch an die letzten zwei vergangenen Jahre, inklusive seiner Ehefrau, sind komplett aus seinem Gedächtnis verschwunden.

Wer an dieser Stelle ein Drama mit Herzschmerz erwartet, wird durch die Reaktion von Simons vermeintlich besserer Hälfte schnell in eine andere Richtung gerissen. Generell stellt es sich als schwierig heraus zu erkennen in welche Richtung der Film gehen soll, denn oft, wenn man dachte man verstehe auf welches Ziel die Story hin arbeitet, wird wieder eine Abzweigung genommen und man merkt, wie das erwartete Ende wieder in weiter Ferne liegt. Das verwirrt den Zuschauer – und genau das macht diesen Film so interessant.

Nach und nach versucht der Protagonist die verstörend ineinander gestrickten Fäden des Erlebten zu entwirren, wobei sich Erinnerungsfragmente nur nach und nach offenbaren und das neu erlebte mit Erinnerungen verschwimmt. Oder ist selbst das neu erlebte nur ein großer Traum? Regisseur Roland Suso Richter zauberte einen verstörenden Psycho-Thriller, der nicht jedermanns Sache ist, da der Zuschauer nicht in gegebener Hollywood Manier an die Hand genommen und durch eine fantasievolle Welt geführt wird, sondern in einer Realität alleine gelassen wird, die gleichzeitig abstrakt als auch lebensnah wirkt und den Zuschauer in ihren Bann zieht.

Der Film hat viele Stärken, besonders brillieren die sehr guten Schauspieler wie Ryan Phillippe oder Piper Perabo, die an dieser Stelle noch einmal besonders hervor zu heben ist. Die größte Stärke von „The I inside“ ist allerdings, dass der Film nicht durchschnitt ist, sondern eher als eine Bewegt-Bild-Collage verstanden werden kann: Es ist nicht das wichtig wann man etwas sieht, sondern, dass man das Gesamtwerk stets im Auge behält, denn dann erst eröffnet sich einem ein wirklich gelungenes Werk.

USA, GB (2004), 87 Min., R: Roland Suso Richter, C: Ryan Phillippe, Piper Perabo, Sarah Polley; M: Nicholas Pike.“

Ian Lang

Last Night

Es gibt sie noch, die kleinen feinen, unaufgeregten Filme. Filme, die uns zeigen wie das Leben wirklich ist oder sein könnte; die uns einen Spiegel vorhalten, und der eine oder die andere von uns erkennen sich wieder. Das interessiert niemanden, das will keiner sehen: so die Bosse der großen Hollywood-Verleihfirmen. Also setzen Massy Tadjedin, der seinerzeit das Drehbuch für „The Jacket“ schrieb, hier in seinem Regie-Debüt, und Produzent Buddy Enright mit Hilfe der europäischen Firmen Gaumont (Frankreich) und 3-Freunde (Deutschland!) das Projekt dennoch um. Mit einem kleinen Budget, vielen Studio-Takes und wenigen Außen-Aufnahmen, und mit vier exzellenten Schauspielern und einigen wenigen Nebendarstellern.

In „Last Night“ erleben wir 4 Menschen: das Paar Joanna & Michael Reed (Keira Knightley & Sam Worthington), die Kollegin des Mannes Laura (Eva Mendes) und der Ex-Liebhaber der Frau Alex (Guillaume Canet). 40 Stunden – vom Beginn der ersten Nacht und der Party bis zum Vormittag nach der zweiten Nacht. Liebe, Ehe, Freundschaft, Fremdgehen, Sex. Subtil in Szene gesetzt. Ohne Effekthascherei. Mit geschliffenen aber nicht hochtrabenden Dialogen. Mit der Mimik einer Keira Knightley. Der ruhigen Art eines Sam Worthington und dem Sex-Appeal einer Eva Mendes und, last not least, Alex, einem Mann voll von Begierde nach Zuneigung und Zärtlichkeit. Wer von beiden geht fremd? Wer betrügt wen? Definiere „fremd gehen“.

Warum sagen wir unserer Frau am Telefon nicht, dass wir mit der Kollegin noch an der Hotel-Bar sitzen und etwas trinken? Und warum sagen wir unserem Ehemann nicht, dass ein alter Freund seit 2 Jahren wieder einmal in New York ist und man gemeinsam essen gehen möchte?

Viele Fragen wirft der Film auf. Zuerst. Und beantwortet manche, im Laufe der ruhig erzählten Geschichte. Man muss nur gut zuhören. Und die Spannung bleibt, bis zum Ende. Ein Ende, das das eine oder andere doch offen lässt. Unserer Fantasie Raum gibt – für den Heimweg.

Ein Kammerspiel der besonderen Art – ich meine: besonders empfehlenswert!

 

USA/F/D (2010), 90 Min., R: Massy Tadjedin , C: Keira Knightley, Sam Worthington, Eva Mendes, Guillaume Canet, M: Clint Mansell“

 

5 von 7 Sternen

RICK DECKARD

 

In Sachen Henry

Henry Turner (Harrison Ford) ist ein sehr erfolgreicher und angesehener Anwalt in New York. Doch er wirkt stets kalt, streng und somit auch unsympathisch. Zusammen mit seiner Frau Sarah (Annette Bening) und Tochter Rachel (Mikki Allen; ihr einziger Film bis jetzt) lebt er in einer Luxuswohnung. Eines Abends will Henry nur schnell Zigaretten holen und gerät dabei in einen Raubüberfall, wobei er angeschossen wird. Von nun an ändert sich alles in seinem Leben.

Mike Nichols der schon für Filme wie „Die Reifeprüfung“; „Catch 22“, „Hautnah“ oder zuletzt „Der Krieg des Charlie Wilson“ verantwortlich war, hat ein überaus sensibles und herzzerreißendes Drama inszeniert. Die Performances von Harrison Ford und Annette Bening verleihen dem Film viel Authentizität. Vielleicht ist es eine der besten Rollen, die Ford je gespielt hat. Mit sehr viel Feingefühl stellt er Turner dar, besonders die Wandlung seines Charakters innerhalb des Filmes wird von ihm brillant abgebildet. Sicherlich sind ein paar Cliché-behaftete Szenen mit dabei. Es ist jedoch einer der Filme, die einen zu Tränen rühren kann, wenn man sich auf die Geschichte einlässt. Ein kurzweiliges Drama, an dem es nur wenig auszusetzen gibt. Wer nicht auf rührselige Filme steht wird diesen Film meiden müssen, sicherlich wird hier auf die „Tränendrüse“ gedrückt. Hoffentlich lässt der Film einen über sein eigenes Leben nachdenken; wenn er diese Botschaft übertragen kann, hat er eigentlich alles erreicht.

 

„USA (1991), 102 Min., R: Mike Nichols, C: Harrison Ford, Annette Bening, Mikki Allen; M: Hans Zimmer.“

 

5 von 7 Sternen

Alexander George

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