Siberia

Clint (Willem Dafoe) lebt in einer alten Hütte, irgendwo im ewigen Schnee in den Tundren Sibiriens. Mit seinem alten zerfurchten Gesicht steht er hinter der Theke und gießt seinen wenigen Gästen wortlos Schnaps ein. Dann betreten eine russische Babuschka und ihre hübsche schwangere Tochter das Haus und verlangen Wodka – und etwas verändert sich. Die Stimmung, die Atmosphäre und die besondere Magie des Raums. Schon bald bietet die alte Frau ihre Tochter zum Geschlechtsakt an und man sieht Clint, wie er den nackten dicken Bauch der jungen Frau küsst und liebkost.

Als er nachts unten im Keller ein Geräusch vernimmt, geht er hinunter um nachzuschauen. Über einen Stein-Vorsprung stürzt er plötzlich ab und es geht tiefer und immer tiefer …… Für Clint beginnt eine lange Reise durch seine eigene Vergangenheit und zurück.

Ist es ein Traum, oder sieht Clint vor seinem Tode noch einmal sein Leben an sich vorbei-ziehen? Von den eisigen Weiten Sibiriens über bewaldete Hügel bis in heiße Sandwüsten geht der Seelentrip. Clint trifft seine ex-Frau, seine Mutter, seinen Vater und sich selbst als kleinen Jungen.

Großartige Landschaften, wundervolle Bilder; faszinierend und beunruhigend zugleich. Betörendes buntes rauschhaftes Gemälde eines Lebens.

Die taz schrieb „ …. Siberia erscheint wie eine Halluzination ….. “. Und rogerebert.com urteilte in einer Kurz-Kritik „An exploration into the language of dreams.“

Bezauberndes und verführerisches Werk des Drehbuchautors und Regisseurs Abel Ferrara. Sehr eng befreundet mit Willem Dafoe (beide Familien wohnen zeitweise in Rom, ihre Wohnungen liegen in derselben Straße). Es ist die sechste Zusammenarbeit der beiden Filmschaffenden. Dafoe wird auf seine alten Tage immer besser. Man sehe nur Filme wie The Florida Project, What Happened to Monday?, Van Gogh, Der Leuchtturm und Motherless Brooklyn. Der vierfach Oscar-Nominierte Darsteller spricht in Siberia sehr wenig. Alles steht in seinem Gesicht geschrieben. Jedes Gefühl, jeder Gedanke, jede verlorene Hoffnung, jede verpasste Chance.

Neben den fantastischen Bildern muss die exzellente Musik des New Yorker Komponisten Joe Delia Erwähnung finden. Er war schon 1992 für Ferraras „Bad Lieutenant“ für den Soundtrack verantwortlich.

Gedreht wurde in Süd-Tirol und Mexiko. Studio-Takes in München.

 

5 von 7 Sternen ★★★★★

Walter George

 

Titel: „Siberia

Herstellung: Italien, Deutschland, Mexiko 2020

Premiere 24. Februar 2020 – Berlinale, Berlin

Länge: 92 Min.

Regie: Abel Ferrara

Darsteller: Willem Dafoe, Dounia Sichov, Simon McBurney, u.a.

Drehbuch: Abel Ferrara und Christ Zois

Musik: Joe Delia

Kamera: Stefano Falivene

Schnitt: Leonardo Daniel Bianchi, Fabio Nunziata

PS In der Begründung des FFF Bayern heißt es: ‘„Siberia“ ist die moderne Odyssee eines gebrochenen Mannes, der vor der Welt flüchtet, aber in seiner selbstgewählten Isolation in der sibirischen Tundra keinen inneren Frieden findet. Um sich aus den dunklen Abgründen seiner selbst zu befreien, ist er gezwungen, sich mit den Dämonen seiner Träume, Erinnerungen und Visionen zu konfrontieren‘

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