Wer ist Hanna?

Hanna (Saoirse Ronan) lebt in einem einsamen schneebedeckten Land, irgendwo im Norden Kanadas oder Europas. Hier ist sie aufgewachsen, und alles was sie weiß, hat sie von ihrem Vater gelernt, oder von der Natur, die sie umgibt. Am Anfang des Films jagt sie mit Pfeil und Bogen einen Hirsch und trifft ihn tatsächlich; aber nicht tödlich – und gibt ihm dann mit einer Pistole den Gnadenschuss. Aber nicht nur Lesen und Schreiben, und Allgemeinbildung aus einer Enzyklopädie, sondern auch Nahkampf und Selbstverteidigung hat ihr Vater ihr beigebracht. Bald lernt man, dass die Einsamkeit nicht selbstgewählt ist, sondern die beiden sich vor der CIA verstecken. Als Hanna sich bereit fühlt, sie ist jetzt wohl 14 oder 15 Jahre alt, für die Welt, die sie selbst noch nie gesehen hat, drückt sie den entscheidenden Knopf eines Geräts, das nun – und damit ihr Versteck – von ihren Häschern geortet werden kann. Ihr Vater (Eric Bana) flieht und lässt Hanna zurück. Die wartet, bis die Navy Seals ihre Hütte im Wald umstellt haben und sie festnehmen und in ein geheimes Gefängnis bringen. Dort verwandelt sich das scheue, ängstliche Mädchen in eine tödliche Amazone, der die Flucht gelingt. Und nunmehr übernimmt die CIA-Agentin Marissa (Cate Blanchett) den Fall und verfolgt Hanna über 3 Kontinente, während Hanna selbst nicht nur flieht sondern gleichzeitig auch ihre Vergangenheit sucht: „Wer bin ich, und woher komme ich?“

Der „Tagesspiegel“ bezeichnete dieses Abenteuer als märchenhaften Thriller, was den Kern trifft. Der Teenager, glänzend von Saoirse Ronan gespielt, narrt die westlichen Geheimdienste, glänzt mit Intelligenz und Mut, und ist dann doch wieder das unreife Mädchen, die sich in ihrem Leben noch zurecht finden muss. Saoirse Ronan war während der Drehzeit 16 Jahre alt; in 2007 glänzte sie in dem Streifen „Abbitte“ (org: „Atonement“) und erhielt dafür prompt eine Oscar-Nominierung. Beide Filme wurden von dem Regisseur Joe Wright inszeniert.

Cate Blanchett ist eine vorzügliche Schauspielerin und es ist ein Genuss, sie hier einmal als die „Böse“ zu sehen.

Ein schöner Einfall ist das Zusammentreffen mit der normalsten englischen Mittelstandsfamilie, die man sich vorstellen kann: die in die Jahre gekommenen Eltern, die immer noch von den 60ern, FlowerPower und der Hippiezeit schwärmen. Und dazu die wunderbar prosaischen Kinder; die Tochter Sophie (Jessica Barden – ein Bravo!!!) ist der Running-Gag des Films – köstlich!

Der erfahrene Kameramann Alwin Kuchler (aus Düsseldorf) zeigt sein ganzes Können: Schöne Kamerafahrten, herrliche Landschaftsbilder, und die Action-Szenen – alles ist sehr gut eingefangen und wurde später auch vom Post-Production-Team exzellent geschnitten.

Ein wenig denkt man an die Geschichte von „Jason Bourne“, der auch vor seinen vermeintlich eigenen Leuten davon läuft und nie genau weiß, warum eigentlich.

Die Geschichte von Hanna ist nicht wahnsinnig originell und teilweise vorhersehbar. Aber sie ist in diesem Film einfach erstklassig umgesetzt worden! Und nicht zuletzt die Musik der Chemical Brothers verleiht dem kleinen Meisterwerk den letzten Schliff. Also – unbedingt ansehen!

 

„Wer ist Hanna? – Hanna“; USA/UK/D (2011); 111 min; D: Joe Wright; C: Saoirse Ronan, Cate Blanchett, Eric Bana, Olivia Williams; M: The Chemical Brothers

 

5 von 7 Sternen – Rick Deckard

Into The Wild

Christopher McCandless (Emile Hirsch) kommt aus einer wohlhabenden Familie. Am Beginn des Films hat er gerade erfolgreich sein Studium beendet. Doch Geld, Besitz und Karriere-orientierter Erfolg interessieren ihn schon seit langem nicht. So beschließt er im Sommer 1990 eine Reise durch die U.S.A zu unternehmen mit dem Ziel Alaska zu erreichen. Während seiner Reise stößt er auf unterschiedliche Menschen und hat viele interessante Erlebnisse.

„Into the Wild“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jon Krakauer. Die Geschichte beruht wiederum auf wahren Begebenheiten! Regisseur Sean Penn inszenierte den Film 2007. Der Film verbindet sehr schön verschiedene Zeitebenen und Passagen aus dem Leben von McCandless. Dabei ist besonders die tolle Montage-Technik hervorzuheben. So kommen Splitscreens zum Einsatz und es werden Videoclip-ästhetische Bilder verwendet. Auch die Idee ab und an die Darsteller in die Kamera schauen zu lassen passt trotz des ernsten Themas und wirkt durchdacht. Sehr gelungen sind die wundervollen Naturaufnahmen mit tollen Panoramen, die durch die erstklassige Kameraarbeit ermöglicht wurden. Besonders die Abschlussball-Szene ist als einer der schönsten Szenen zu benennen: mit brillanter Zeitlupe und faszinierenden Bildern.

Die Story von „Into the Wild“ ist sehr melancholisch und diese Melancholie zieht sich durch den gesamten Film hindurch. Emile Hirsch spielt seine Rolle zwar recht gut, aber es fehlt einfach das gewisse Feingefühl um einen Bezug zu ihm aufzubauen. Er bleibt doch trotz fast 2 ½ Stunden seiner Präsenz etwas blass in seiner Rolle und wirkt auch etwas unsympathisch. Die Eltern von McCandless, gespielt von Marcia Gay Harden und William Hurt, sind hervorragend besetzt. Auch Vince Vaughn sorgt mit seiner Darstellung des Wayne Westerberg für kurzweilige komödiantische Unterhaltung. „Twilight“-Star Kristen Stewart hat ebenfalls einen Auftritt sowie Jena Malone (bekannt z.B. aus „Donnie Darko“). Die Musik stammt aus der Feder des Frontsängers von Pearl Jam: Eddie Vedder. Sie ist sehr stimmungsvoll und passend.

„Into the Wild“ ist ein guter Film mit sehr starken Bildern und einer gelungen Gesamtkomposition. Penn inszeniert mit ruhigen Bildern, lässt sich für die Geschichte und die Entwicklung der Charaktere die nötige Zeit. Der Film macht einen traurig und nachdenklich. Man denkt über unsere gesellschaftlichen Verhältnisse und dessen vorgegeben Strukturen nach, die jeder befolgen „sollte“. „Into the Wild“ ist die Geschichte eines Aussteigers, der sich nicht mit dem System als solches zufrieden geben möchte. Schade nur, dass die emotionale Bindung zum Hauptdarsteller aus der Sicht des Zuschauers fehlt. Das ist der einzige große Minuspunkt des Films.

 

„Into the Wild“; USA (2007); 148 min; D: Sean Penn; C: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden, William Hurt, Jena Malone, Kristen Stewart, Vince Vaughn; M: Eddie Vedder

 

4 von 7 Sternen

Alexander George

 

 

Tödliche Versprechen – Eastern Promises

Anna Chitrowa (Naomi Watts) arbeitet in einem Londoner Krankenhaus als Hebamme. Während einer Geburt stirbt eine junge Mutter und hinterlässt ihr Kind. Anna findet bei der Verstorbenen ein Tagebuch, das sie zu einer russischen Mafia-Familie führt. Dort trifft Sie auf den Fahrer Nikolai Luschin (Viggo Mortensen). Schnell begibt sich Anna in Gefahr. Wobei Nikolai der einzige zu sein scheint, der versucht ihr zu helfen.

„Tödliche Versprechen – Eastern Promises“ beinhaltet eine sehr interessante Story, die beim ersten mal Schauen durchaus nicht gleich gänzlich verstanden wird. Die Geschichte gibt einiges her und Regisseur David Cronenberg schöpft das Potenzial der Story auch gänzlich aus. Der interessante Cronenberg, bekannt durch Filme wie „Die Fliege“, “Videodrome“ und „eXistenZ“ arbeitete schon mit Hauptdarsteller Viggo Mortensen bei seinem Film „A History of Violence“ zusammen. Die darstellerische Leistung von Viggo Mortensen ist oscarreif. Schade, denn der Film erhielt bei den Golden Globes 2008 lediglich in drei Kategorien Nominierungen: als bester Film, für die beste Filmmusik und Viggo Mortensen als bester Hauptdarsteller. Auch Naomi Watts und Armin Mueller-Stahl spielen gewohnt gut. Doch Vincent Cassel sticht neben Mortensen besonders hervor. Die gute Darstellung des schmierigen und leicht verrückten Kirills ist brillant.

Weiterhin besticht der Film durch seine ruhige und bedachte Erzählweise. Nicht die Action oder „Ballerei“ sondern die Story und die Entwicklung der Charaktere stehen im Vordergrund. Dazu die gute Arbeit des Stamm-Kameramanns von Cronenberg Peter Suschitzky sowie Komponist Howard Shore. Wenn es aber dann zur Sache geht, dann richtig: Die Kampfszene im Badehaus sorgt für Herzklopfen und Luft anhalten. Sie besticht durch Realismus und Brutalität.

Alles in allem ist „Tödliche Versprechen – Eastern Promises“ ein sehr guter Film, der auch noch zu überraschen weiß. Leider fehlt dem Film jedoch das Gewisse etwas. Was genau kann man gar nicht sagen. Es bleibt nichts so richtig haften und in langer Erinnerung, sonder der Film gerät schnell in Vergessenheit. Vielleicht ist jedoch das auch die gewollte und löbliche Machart von Cronenberg, die daran Schuld ist. Alles in allem lohnt sich das Anschauen jedoch in jedem Falle!

 

„Tödliche Versprechen – Eastern Promises“; UK/CND (2007); 100 min; D: David Cronenberg; C: Viggo Mortensen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl; Vincent Cassel, Sinéad Cusack, Jerzy Skolimowski; M: Howard Shore

 

 

5 von 7 Sternen

Alexander George

Cowboys & Aliens

Kann man von einem Film, der den Titel „Cowboys & Aliens“ trägt erwarten, dass er eine gute Story hat? Nein, natürlich nicht. Hört man den Titel, erwartet man, dass Cowboys durch die Prärie ziehen und auf Aliens treffen, mit denen sie unweigerlich in einen Kampf geraten und alles im Showdown mit einem großen Knall endet. Und genau das bekommt man auch. Den Rest der Story kann man getrost außen vor lassen, denn diese dient nur als Fassade für das bereits beschriebene Gerüst. Trotzdem machte es mir Spaß den Film zu sehen, auch wenn man unweigerlich daran denken muss, dass die Drehbuchautoren wahrscheinlich die Idee zur Story bekamen, als sie ihre Kinder beim Spielen beobachteten und sahen, dass diese ihre Playmobil Cowboys gegen Lego Star Wars Figuren kämpfen ließen. Es ist doch so: Wenn mir jemand einen Aufsatz über fliegende Schweine sehr überzeugend vorträgt, dann achte ich auch nicht mehr auf den Inhalt seiner Worte, sondern auf die Art, wie er spricht. Cowboys & Aliens strotzt nur so von Logikfehlern, Ungereimtheiten und Albernheiten, aber man sieht über sie hinweg, weil man den Film eh nicht ernst nehmen kann.

Und auch wenn der Film an vielen Stellen so rüberkommt, als würde er ernst gemeint sein, so bin ich mir doch sicher, dass an einigen Stellen mit einem Augenzwinkern eine klitzekleine Pointe inszeniert wurde. Das hoffe ich zumindest, denn sonst war es sehr peinlich, dass ich an ein paar Stellen laut lachen musste.

Die einzigen schauspielerischen Leistungen, die ich erwähnenswert finde sind die von Daniel Craig und Harrison Ford. Zuerst zu letzterem von beiden: Harrison Ford trägt einen Hut! Alleine das ist doch schon aus Nostalgie ein Grund ins Kino zu gehen – zumindest für Indiana Jones Fans, die erfolgreich Verdrängt haben, dass es einen vierten Teil der Serie gibt. Aber auch ohne Hut hätte er eine gute Figur abgegeben. Sein Charakter ist der einzige im gesamten Film, der eine Entwicklung erfährt, den man ernst nehmen kann und der Emotionen zeigt, die man für voll nehmen kann. Hut ab vor dieser Leistung!

Daniel Craig hingegen hatte es hingegen recht einfach: Grimmig schauen, eine lockere Faust haben und ein harter Actionheld sein. Klar, das hat er natürlich alles verkörpert, aber man kennt ihn ja auch aus anderen Filmen wie z.B. den neuen James Bond Verfilmungen. Und vergleicht man seine Darstellung von Jake Lonergan und James Bond, so fällt es schon wirklich schwer einen Unterschied zwischen diesen Charakteren zu finden. Besonders kommt das Amüsant zu Tage, wenn er sein Alien-Spielzeug benutzt, welches er aus anfangs unerklärlichen Gründen um sein Handgelenk trägt. Ein wenig mehr Leben und Tiefe hätte seiner Rolle wirklich gut getan.

Trotz alledem kann man noch eine knappe Empfehlung für den Film aussprechen, da er wenigstens noch einer kreativen Idee zum Genremix zu Grunde liegt und dieser Mix weitaus weniger schlecht ausfällt, als man es erwarten mag. Hat man also Lust auf Popcorn und Kinositze, will ein paar Prügeleien und Schießereien sehen und ist dabei nicht all zu Anspruchsvoll was Story und Logik betrifft, dann kann man sich Cowboys & Aliens getrost anschauen. Wenn man es nicht tut, dann hat man aber auch nichts verpasst.


„USA (2011), 118 Min., R: Jon Favreau, C: Daniel Craig, Harrison Ford, Olivia Wilde; M: Harry Gregson-Williams“

Ian Lang