Slow West

Die Geschichte spielt Ende des 19. Jahrhunderts im mittleren Westen Nordamerikas, dessen Besiedlung weitestgehend abgeschlossen ist. Trotzdem ist im Wilden Westen noch keine staatliche Ordnung hergestellt.

Jay (Kodi Smit-McPhee), 16-jähriger Sprössling einer wohlhabenden schottischen Familie, ist allein auf der Suche nach seiner Liebe Rose. Sie ist ein armes Bauernmädchen aus ihrem gemeinsamen Heimatdorf und kürzlich mit ihrem Vater ins gelobte Land ausgewandert, um dort ein besseres Leben zu finden als im heimatlichen Schottland.

Jay ahnt nicht in welche Gefahr er sich beginnt. Dann läuft ihm der Kopfgeldjäger Silas (Michael Fassbender) über den Weg. Silas bietet Jay seinen Schutz an, will aber dafür bezahlt werden. Jay lässt sich überzeugen, dass er nur so eine Chance hat Rose zu finden und bis dahin überhaupt am Leben zu bleiben. An einer kleinen Handelsstation machen die beiden Rast und kaufen Lebensmittel für die weitere Reise. Unbemerkt von Jay entdeckt Silas einen Steckbrief, auf dem Rose und ihr Vater gesucht werden. Dies ändert alles, denn plötzlich hat Silas ein sehr großes Interesse daran, die beiden zu finden.

Die Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen beginnt, gemessen an der Größe des Landes. Und gleichzeitig müssen sie sich der Verfolgung durch Indianer, abtrünnige Soldaten und Wölfen erwehren.

Der Titel des Films ist Programm. Eine ruhig und unverkrampft erzählte Geschichte aus dem zu Ende gehenden Wilden Westen. Zu einer Zeit, in der Staaten wie Arkansas, Kalifornien und New Mexiko im Begriff waren, den Vereinigten Staaten von Amerika beizutreten.

Slow West“ unterscheidet sich erfreulich von den üblichen Western. Die Landschaften, die wir hunderte Male gesehen haben, kommen hier nicht vor. Stattdessen sonnendurchflutete lichte Wälder, große Grasebenen mit einzelnen Büschen und Bäumen. Sanfte Hügel. Mit Gelassenheit erzählt uns John Maclean in seinem Regiedebüt eine Liebesgeschichte mit völlig offenem Ausgang.

Maclean, geboren in Perth / Schottland, stammt eigentlich aus der Musik-Szene und spielte in Bands wie „The Beta Band“ und „The Aliens“. Seinen ersten Kurz-Doku-Film „Man on a Motorcycle“ drehte er mit Michael Fassbender, komplett gefilmt mit einem Mobile-Phone!

Für ‚Slow West‘ wurde die Anfangssequenz in Schottland gedreht, und der gesamte restliche Film in Neuseeland. Dies erklärt auch diese wundervolle, etwas andere landschaftliche Schönheit!

Alle typischen Rituale eines Western fehlen hier komplett, ohne dass man sie vermisst.

Regie-Neuling John Maclean hat es vermocht einen Western einmal ganz anders umzusetzen. Mit wunderschönen Bildern von der Natur und den dort lebenden Menschen. In ihrer neuen Heimat, die ihnen viel abverlangt. Und die im Herzen immer noch Schotten, Iren oder Deutsche sind.

Maclean konnte auch mit dem guten Script zum Film punkten. Abgerundet wird der Film durch ruhige einfühlsame Musik von Jed Kurzel und schönen Bildern des erfahrenen Kameramanns Robbie Ryan.

Hervorragend Michael Fassbender, der kühl, lässig und ohne zu zögern seine Ziele verfolgt. Und trotzdem mit einer gewissen Herzenswärme den jungen Jay unterstützt und beschützt. Kodi Smit-McPhee bleibt etwas blass und hat schauspielerisch noch ‚Luft nach oben‘. Als kleiner Sohn von Viggo Mortensen in dem Endzeit-Thriller ‚The Road‘ (2009) hatte er uns bezaubert. In ‚ParaNorman‘ lieh er Norman seine Stimme.

Der Darsteller des Payne (Nomen est omen) wird gespielt von Ben Mendelsohn, den wir kürzlich auch in „Rogue One: A Star Wars Story“ sehen konnten.

Als Western-Fan muss man diesen Film nicht unbedingt mögen. Die Geschichte hätte ebenso gut zur selben Zeit in Europa spielen können.

Deshalb gerade auch für Zuschauer, die weniger Western-interessiert sind, einen Abend wert. Aber geschossen und gestorben wird trotzdem!

Slow West“ gewann auf Festivals mehrere Preise. Unter anderem auf dem „Catalonian International Film Festival“ in Sitges bei Barcelona den Preis für „Best Director“.

 

5 von 7 Sternen ★★★★★

Rick Deckard

Titel: „Slow West“

Herstellung: USA 2015

Länge: 1h 24min

Regie: John Maclean

Darsteller: Michael Fassbender, Kodi Smit-McPhee, Ben Mendelsohn, Caren Pistorius, u.v.a.

Drehbuch: John Maclean

Musik: Jed Kurzel

Kamera: Robbie Ryan

Schnitt: Roland Gallois und Jon Gregory