Der große Gatsby

Kritik von Rick Deckard

In 1925 schrieb der Autor F. Scott Fitzgerald den gesellschaftskritischen Roman „The Great Gatsby“. Er hielt der reichen amerikanischen Klasse den Spiegel vor: dem gierigen Verlangen nach Reichtum und Macht, sowie dem ständigen ausschweifenden, zügellosen Leben auf Parties, in Clubs, Casinos und bei Ausflügen. Und damit einhergehend die Verachtung der Grundsätze eines humanen und sozialem Miteinanders, wenn Moral und Mitmenschlichkeit mit Füssen getreten werden. Und es ist in gewisser Weise die Abrechnung mit dem amerikanischen Traum und dem verfassungsmäßig verbrieftem Recht auf Streben nach Glück.

Heute ist das Werk, mit seiner präzisen, vitalen Beschreibung der „Goldenen 20er Jahre“ eine große amerikanische Novelle und im Lehrplan jeder amerikanischen Schule zu finden.

Schon dreimal wurde das Buch verfilmt: zuerst 1926 (!) (als Stummfilm), dann nach dem 2. Weltkrieg 1949 und zuletzt 1974 (mit Robert Redford und Mia Farrow). Letzterer war nicht nur in den US-Kinos, sondern auch weltweit ein Kassenschlager. Allein im ersten Jahr spielte die Verfilmung (mit einem Kosten-Budget von rund 6,5 mio $) ein Ergebnis von 26,5 mio $ ein! Die eleganten Kostüme entzündeten in der gesamten westlichen Welt einen Kauf-Run auf ähnliche Kleider und Anzüge. Das Setting war grandios, und doch kam der Film merkwürdig ruhig, gediegen, fast ein wenig behäbig daher. Trotzdem – die Zuschauer waren begeistert.

(Außerdem gibt es eine TV-Produktion aus dem Jahr 2000 (mit Toby Stephens und Mira Sorvino).)

Nun hat sich Baz Luhrmann dieser Aufgabe gewidmet. Er konnte bereits mit gelungenen Streifen wie „Romeo und Julia“ (mit Leonardo DiCaprio), „Moulin Rouge“, und „Australia“ brillieren.

Und die Darsteller? In der Titelrolle glänzt (wie immer) Leonardo DiCaprio, daneben Carey Mulligan (als Daisy Buchanan), Joel Edgerton (als ihr Ehemann Tom) und Tobey Maguire (als Nick Carraway, Daisys Cousin und gleichzeitig Nachbar von Gatsby). Aus der Sicht von Carraway wird die Geschichte, genau wie in der Romanvorlage, erzählt.

Luhrmann ist gelungen, das Werk und die damit verbundene Absicht der Sozialkritik Fitzgeralds in bunte, poppige Bilder umzusetzen. Begleitet werden diese von aktuellen Pop-/Rock-Songs unserer Tage. Ein überraschende, aber durchaus gelungene Mischung. Mit Simon Duggan wusste Luhrmann einen erfahrenen Kameramann an seiner Seite („I, Robot“, „Stirb Langsam 4.0“). Diese überbordenden Partyszene, der Pomp und Prunk, der gezeigt wird, ein Leben von reichen und sehr reichen Menschen, die nur das Vergnügen und den Genuss am essen, trinken, tanzen und flirten im Sinn zu haben scheinen. Rätselhaft bleibt bis heute wie Fitzgerald Mitte der 20 Jahre das Ende all dessen und die große Rezension nach dem ‚Schwarzen Donnerstag‘ am 24. Oktober 1929 und dem dann folgenden Börsen-Crash, der letztlich tragischerweise u. a. dazu beitrug, dass ein Diktator und Schlächter wie Adolf Hitler in Deutschland an die Macht kommen konnte, vorausahnen konnte. Eine schreckliche Wendung in unserer kürzeren Geschichte.

Ein wundervolle Unterhaltung (142Min; der Film 1974 war 144 min lang?!!), eine geglückte Werkschau. Well done, Mr. Luhrmann.

5 ½ Sterne von 7

Rick Deckard

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Kritik von Alexander George

Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) ist schwer-Reich und feiert prächtige Partys. Sein Nachbar Nick Carraway (Tobey Maguire) ist fasziniert von ihm. Als er ihn kennenlernt bittet Jay Nick um einen Gefallen, er möchte dessen Cousine Daisy (Carey Mulligan) treffen. Doch Nick ahnt nicht was dieses Treffen für Folgen haben wird…

„Der große Gatsby“ ist ein sehr berühmter Roman und einer der bedeutendsten Werke der amerikanischen Moderne. Vielfach wurde er schon verfilmt, die letzte mit Robert Redford aus dem Jahr 1974. Nun wagte sich also auch Regisseur Baz Luhrmann an den Stoff von Fitzgerald. Luhrmann der schon einige Glamour-Filme à la „Moulin Rouge“ und auch eine moderne Version von „Romeo und Julia“ präsentierte, hat auch mit „Der große Gatsby“ einen glamourösen und sehr pompösen Film erschaffen. Der Film eröffnete die 66. Internationalen Filmfestspiele von Cannes am 15. Mai 2013.

„Der große Gatsby“ zeigt uns eine Glitzerwelt der 20er Jahre mit moderner Musik, New York im fast kompletten CGI-Gewand (man sieht übrigens deutlich, dass New York größtenteils aus dem Computer kommt), übertriebenen Kamerafahrten (auch digital) und sehr viel Effekthascherei. Übrig bleibt eine dünne Story und zum Trost zwei gute darstellerische Leistungen von Tobey Maguire und natürlich dem renommierten Leonardo DiCaprio.

Das ganze Spektakel dreht sich zuerst um das Mysterium Gatsby und es dauert eine ganze Weile bis Leo endlich in Erscheinung tritt. Danach verkommt die Geschichte immer mehr zu einem reinen Liebesfilm, der vor Kitsch nur so strotzt. Zum Schluss kann man die Worte: „Alter Knabe“ bestimmt nicht mehr hören, die Gatsby immer wieder verwendet.

Schade, denn die Idee von Luhrmann einen alten Klassiker auf moderne Weise zu präsentieren mag sicherlich gut sein. Doch leider geht das gründlich schief. Wer sich gerne durch eine fantastische „Bilder-Märchen-Welt“ führen lassen möchte und auch nichts gegen Kitsch und Glamour hat, der wird vielleicht Gefallen am neuen Gatsby–Film finden. Alle anderen werden froh sein, wenn die fast 2 ½ Stunden endlich vorbei sind.

1 von 7 Sternen

Alexander George

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Titel: „Der große Gatsby“ (Org.Titel: „The Great Gatsby“)

Herstellung: USA 2013

Länge: 142 Min.

Regie: Baz Luhrmann

Darsteller: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan, Joel Edgerton, Amitabh Bachchan

Drehbuch: Baz Luhrmann, Craig Pearce

Musik: Craig Armstrong

Kamera: Simon Duggan

Schnitt: MattVilla, Jason Ballantine, Jonathan Redmond

Only God Forgives

Julian (Ryan Gosling) lebt mit seinem Bruder Billy (Tom Burke) in Bangkok und betreibt zusammen mit ihm einen Thai-Box-Club mit zwielichtigen Geschäften. Als Billy ermordet wird reist ihre Mutter Jenna (Kristin Scott Thomas) von England an. Sie fordert Julian auf sofort Rache für seinen Bruder zu nehmen…

Nicolas Winding Refns holte nach seinem Erfolg „Drive“ wieder den smarten Ryan Gosling mit an Bord. „Only God Forgives“ ist „Drive“ sehr ähnlich, gerade was die Inszenierung betrifft gibt es viele Wiedererkennungswerte. Doch dieser Film wird sein Publikum spalten. Zum einen muss man ein ganz klares Lob an die wundervoll durchgestylten Bilder aussprechen. Die Kameraeinstellungen, die pulsierende Musik (wieder von Cliff Martinez wie auch schon bei „Drive“), die rot-blau gehaltene Farbgebung, der Schnitt, die Szenerie, all dies lässt einen Staunen und tief eintauchen in die Atmosphäre des Films.

Doch leider funktioniert „Only God Forgives“ (und ja auch das, trotz des wunderbaren Ryan Goslings) ganz und gar nicht. Er steigert mit zunehmender Minute seine Brutalität ins Extreme. Dass der Film in Deutschland ab 16 freigegeben wurde, ist deshalb völlig inakzeptabel. Um wieder den Vergleich mit „Drive“ aufzunehmen, der die FSK 18 Freigabe bekommen hat und entweder gleich oder sogar weniger brutal als „Only God Forgives“ ist. Der Grundsatz lautet (zumindest für mich) wenn die Brutalität zur Geschichte passt ist sie auch angebracht, aber hier dient sie nur zur Provokation und ist maßlos übertrieben. Selbst mein Freund Rick musste im Kino seine Augen für wenige Szenen schließen und er ist kein softer Kerl.

Auch wirkt die Story an den Haaren herbeigezogen und auch nicht wirklich in sich logisch. Die Dialoge sind bewusst in ihrer Anzahl sehr begrenzt gehalten. Oft werden Sie auch nur mit den wunderbaren Klängen des Soundtracks unterlegt und man hört nicht was gesprochen wird. Aber wenn man dann doch mal mithören darf, sind die Dialoge sehr schlicht gehalten und stellenweise sogar sinnentleert.

Schade, denn Nicolas Winding Refn hätte durch seine exzellenten Inszenierungskünste das Potenzial zu einem Kultfilm mit „Only God Forgives“ gehabt. Doch die dünne Story (die unrealistische Vorgehensweise der thailändischen Polizei lassen wir dabei mal unbeachtet) und die zu starke Brutalität zerstören die guten Ansätze des Films komplett. Da können weder Gosling noch die hervorragenden Bilder etwas retten.

P.S. Im Übrigen sollte die FSK vielleicht mal überdenken (neben der zu laschen Freigabe dieses Filmes) sehr brutale Filme im Allgemeinen mit kleinen Warnungen (wie in den USA üblich) an entsprechender Stelle (z.B. auf Plakaten) zu versehen. Wir sind nicht für Verbote, aber für den Schutz vor Gewalt von Jugendlichen und Kindern!

 

1,5 von 7 Sternen

Alexander George

 

Titel: „Only God Forgives“

Herstellung: Frankreich, Dänemark 2013

Länge: 89 Min.

Regie: Nicolas Winding Refn

Darsteller: Ryan Gosling, Kristin Scott Thomas, Vithaya Pansringarm, Ratha Phongam, Tom Burke

Drehbuch: Nicolas Winding Refn

Musik: Cliff Martinez & Gregory Tripi

Kamera: Larry Smith

Schnitt: Matthew Newman