Casino Jack

‚Habgier kommt vor Vernuft‘ – so lautet ein deutsches Sprichwort. Der Star-Lobbyist Jack Abramoff (Kevin Spacey) hält sich nicht daran. Überaus erfolgreich vertritt er die Interessen diverser Firmen, Unternehmen und Verbände beim Repräsentantenhaus und Senat in Washington D.C. Selbst den Präsidenten kennt er persönlich und berät ihn schon mal am Wochenende, welchen Film er denn mit der Familie im Weißen Haus schauen sollte. Berauscht durch seine Erfolge steigen auch die privaten Ansprüche. Jack eröffnet sein eigenes Top-Restaurant, und möchte eine Privat-Schule bauen. All dies kann selbst er aber nicht von seinem (Spitzen-)Gehalt bezahlen. Zusammen mit seinem Ziehsohn und Assistent Michael Scanlon (Barry Pepper) sinnt Jack auf Wege, ihre Einkommen gigantisch zu erhöhen.

Der Film, basierend auf einer wahren Begebenheit, beschreibt den Wildwuchs „Lobbyismus“, den es in Washington, Paris, New York, Berlin und den anderen „demokratischen“ Hauptstädten gibt. Der schmale Grat zwischen Einflussnahme von Entscheidungen der Abgeordneten, Einladungen, Wahlkampfspenden und Gefallen. Die reichen bekanntlich vom Abendessen bei einem 5-Sterne-Koch über Nutten bis zum Trip auf die Bahamas.

Und Jack spielt auf dieser Klaviatur wie ein Maestro. Bis er dann zu viel will und den Überblick verliert.

Tolles Drehbuch (Norman Snider) mit messerscharfen, faszinierenden Dialogen, die Kameramann Adam Swica perfekt in Szene setzte. Regisseur George Hickenlooper inszenierte einen durchweg spannenden, hoch interessanten Streifen. Hickenlooper hatte zuletzt Erfolg in 2006 mit „Factory Girl“ mit Sienna Miller und Guy Pearce. Leider verstarb er kurz nach Vollendung dieses Films (und noch vor dessen US-Premiere) – ohne Suizidabsicht – an einer Mischung aus Alkohol und einem versehentlich überdosierten Schmerzmittel.

An der Seite von Spacey und Pepper sehen wir mit Graham Greene ( „Der mit dem Wolf tanzt“ 19990 und „Green Mile“ 1999), Kelly Preston und Jon Lovitz einen gut abgestimmten Cast. Vielleicht die beste Performance von Kevin Spacey seit „American Beauty“.

Guter gemachter Film, der zur generellen Debatte um Lobbyisten beitragen dürfte. Auf jeden Fall sehenswert!

 

5 Sterne von 7

Rick Deckard

 

„Casino Jack“; USA 2010; 108 Min; Regie: George Hickenlooper; Darsteller: Kevin Spacey, Barry Pepper, Graham Greene, Kelly Preston, Jon Lovitz u.v.a.; Musik: Jonathan Goldsmith; Kamera: Adam Swica; Schnitt: William Steinkamp

Lola gegen den Rest der Welt

Lola (Greta Gerwig) ist Ende zwanzig und steckt mitten in ihren Hochzeitsvorbereitungen. Doch plötzlich verlässt ihr Verlobter Luke (Joel Kinnaman) sie völlig unerwartet. Lola fällt in ein tiefes Loch und beginnt mit exzessivem feiern und trinken. Sie durchlebt ein emotionales Durcheinander. Unterstützung in dieser schwierigen Phase ihres Lebens erhält sie durch ihre Eltern Robin (Debra Winger) und Lenny (Bill Pullman) und durch Henry (Hamish Linklater), den besten Freund ihres Ex.

Hauptplakat

„Lola gegen den Rest der Welt“ ist kein Liebes-Komödien-Film wie man ihn schon unzählige Male aus Hollywood gesehen hat. Er bietet etwas mehr als das. Die Rolle der Lola (von Greta Gerwig verkörpert) ist hervorragend besetzt worden und ist für den Film ganz klar ein Mehrwert. Greta Gerwig ist unter anderem bekannt aus dem Film „Greenberg“ oder auch aus „To Rome With Love“, dort als Freundin von Jack (Jesse Eisenberg). Toll besetzt ist auch die (Neben-)rolle des Vaters, der von Bill Pullman gespielt wird. „Lola gegen den Rest der Welt“ versucht den Spagat zwischen intellektuellen und komödiantischen Szenen. Leider rutsch er vom Niveau manchmal etwas zu weit nach unten ab, das hätte nicht unbedingt sein müssen. Auch wartet der Film nicht mit überraschenden Wendungen auf, was hier jedoch positiv vermerkt werden soll. Diese Geschichte, die aus dem Leben gegriffen ist, wirkt überzeugend und authentisch. Filmisch sind die schöne Musik und einige interessante Schnitte positiv hervorzuheben. Übrigens spielt Zoe Lister-Jones nicht nur die Rolle der Freundin Alice, sondern wirkte auch als Drehbuchautorin mit am Film.

Szenenbild

Fazit: durchschnittliche Komödie, die einen nicht sonderlich fesselt oder in Erinnerung bleibt, aber mit knappen 90 Minuten zur kurzweiligen Unterhaltung beiträgt.

 

3 von 7 Sternen

Alexander George

„Lola gegen den Rest der Welt“ („Lola Lola Versus“); USA 2012; 87 Min; Regie: Daryl Wein; Darsteller: Greta Gerwig, Joel Kinnaman, Zoe Lister-Jones, Hamish Linklater, Bill Pullman, Debra Winger; Buch: Zoe Lister-Jones, Daryl Wein; Musik: Fall On Your Sword; Kamera: Jakob Ihre; Schnitt: Suzy Elmiger, Susan Littenberg

The Company Men

Diese verdammten Amerikaner: McDonald’s, Disneyland und Starbuck’s. Indianer, Sklaven und Latinos. Flug zum Mond, Schüsse auf Präsidenten und Kriege in Europa und Asien. Was für ein Land.

Aber – das steht nun mal fest – diese Amerikaner können eines unvergleichlich: sehr gute Filme drehen!

Nicht nur „Ben Hur“, „Doktor Schiwago“ oder „Lawrence von Arabien“, nicht nur „E.T.“ , „Titanic“ oder „Avatar“, nicht nur „Blade Runner“ oder „Star Wars“. Nein, sie können auch Filme drehen wie „Erin Brockovich“, „Traffic“, „American Beauty“, „Der Regenmacher“ oder „Syriana“. Und nun dies: „The Company Men“.

Bobby Walker (Ben Affleck), Gene McClary (Tommy Lee Jones) und Phil Woodward (Chris Cooper) arbeiten im mittleren bzw. höheren Management eines großen internationalen Konzerns. Die weltweite Rezession verschont auch dieses Unternehmen nicht, der Aktienkurs sinkt! Doch anstatt die Verluste zu minimieren und durchzuhalten erwartet der Vorstand wachsende Gewinne! Und – so der Vorstandsvorsitzende James Salinger (Craig T. Nelson) – ebenso rechnen die Aktionäre mit kurzfristigen Boni auf ihre Anteile. Denen ist die Weltwirtschaftskrise nämlich sch….egal!. Und um die Dinge etwas zu beschleunigen, werden dann eben weltweit 3000 Mitarbeiter entlassen, vom Schweißer und Nachtwächter bis zum obersten Manager. Die Firma muss nach außen hin einen guten Eindruck machen, notfalls müssen die Analysten auch mal belogen werden. Alles zum Wohle der Geldbeutel der Aktionäre – eben purer Kapitalismus.

Der Film zeigt realistisch was eigentlich diesen Menschen widerfährt. Gerade auch denjenigen, die jahrelang hart gearbeitet haben, viele Stunden im Büro, auf Reisen oder auf Sitzungen verbrachten, die Wochenende auch mal zu Hause gearbeitee haben, und die dann nach 10, 20 oder, wie bei McClary, nach 30 Jahren den Stuhl vor die Tür gesetzt bekommen. Unglaublich, unfassbar, aber wahr. Plötzlich müssen auch diese Leute um den Erhalt ihrer Familie fürchten (jede Ehefrau reagiert da ganz anders, wie der Film zeigt), sich mit den Fragen von Nachbarn und Freunden auseinandersetzen, die Raten für das Haus und die Autos bezahlen, die Uni oder Privatschule der Kinder, an Urlaub ist eh nicht mehr zu denken. Irgendwie müssen sie sich und ihre Nächsten durch diese Zeit hindurchbringen – oder auch scheitern.

Regisseur John Wells hat es in unnachahmlicher Weise geschafft, uns diese Vorgehensweise, wie sie heute täglich in den großen börsennotierten Firmen dieser Welt realisiert werden, darzulegen. Einfach, eindringlich, bedrückend. Ben Affleck wird als Schauspieler oft unterschätzt, hier zeigt er eine seine stärksten Leistungen der letzten Jahre. Wie er versucht mit Humor und Sarkasmus seinen Ärger, seine Wut und Enttäuschung zu überwinden ist sehenswert.

Aber auch die Co-Stars Tommy Lee Jones, Chris Cooper, sowie weiterhin solche exzellenten Akteure wie Kevin Costner und Maria Bello, um nur zwei des hervorragend Darsteller-Teams zu nennen, beeindrucken durch die Authentizität ihrer Darstellung.

Die Kamera, die genau und sehr dicht die Gefühlswelt der Betroffenen einfängt und ebenso die Kälte der Konzernleitung zeigt, wurde geführt von Roger Deakins. Er filmte schon bei Werken wie „Fargo“, „The Big Lebowski“, „A Beautiful Mind“, „Jarhead“, „No Country for Old Men“, „Revolutionary Road“, „True Grit“ und zuletzt in „J.B. – Skyfall“ ! Einer der besten seiner Zunft in Hollywood.

Dieser Film könnte eine hervorragende Dokumentation über die Wirschaftskrise, den Bankenskandal und die Strategien der Aktien-Konzerne sein. Der Film kommt hier ganz nah an die Wirklichkeit heran. An Dinge, die uns täglich im Wirtschaftsteil unserer Zeitungen begegnen.

Die sparsame Musik-Unterlegung passt zum Thema und seiner Umsetzung.

Ein sehr guter Film, eine Lektion über den heutigen Kapitalismus. Und das ausgerechnet aus dem Land, das für die kalte Marktwirtschaft steht. Aus der Hochburg des Kapitalismus kommt (endlich einmal wieder) die ungeschliffene Kritik an dieser Lebens- und Wirtschaftsform.

Schön auch in der Story der absolute Gegenpol: die kleine Firma von Jack Dolan (Kevin Costner), der auch hart schuftet, aber dem das genügt, was er mit seinen Mitarbeitern erarbeitet und verdient. Und der sich, wenn nötig, um seine Mitarbeiter kümmert!

Ihr Amerikaner könnt wirklich verdammt gute Filme machen! Und nur ihr!

 

„The Company Men“; USA 2010; 104 Min; Regie: John Wells; Darsteller: Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Maria Bello, Kevin Costner, u.v.a.; → Drehbuch: John Wells; Musik: Aaron Zigman; Kamera: Roger Deakins; Schnitt: Roberf Frazen.

 

6 von 7 Sternen
Rick Deckard