Siberia

Clint (Willem Dafoe) lebt in einer alten Hütte, irgendwo im ewigen Schnee in den Tundren Sibiriens. Mit seinem alten zerfurchten Gesicht steht er hinter der Theke und gießt seinen wenigen Gästen wortlos Schnaps ein. Dann betreten eine russische Babuschka und ihre hübsche schwangere Tochter das Haus und verlangen Wodka – und etwas verändert sich. Die Stimmung, die Atmosphäre und die besondere Magie des Raums. Schon bald bietet die alte Frau ihre Tochter zum Geschlechtsakt an und man sieht Clint, wie er den nackten dicken Bauch der jungen Frau küsst und liebkost.

Als er nachts unten im Keller ein Geräusch vernimmt, geht er hinunter um nachzuschauen. Über einen Stein-Vorsprung stürzt er plötzlich ab und es geht tiefer und immer tiefer …… Für Clint beginnt eine lange Reise durch seine eigene Vergangenheit und zurück.

Ist es ein Traum, oder sieht Clint vor seinem Tode noch einmal sein Leben an sich vorbei-ziehen? Von den eisigen Weiten Sibiriens über bewaldete Hügel bis in heiße Sandwüsten geht der Seelentrip. Clint trifft seine ex-Frau, seine Mutter, seinen Vater und sich selbst als kleinen Jungen.

Großartige Landschaften, wundervolle Bilder; faszinierend und beunruhigend zugleich. Betörendes buntes rauschhaftes Gemälde eines Lebens.

Die taz schrieb „ …. Siberia erscheint wie eine Halluzination ….. “. Und rogerebert.com urteilte in einer Kurz-Kritik „An exploration into the language of dreams.“

Bezauberndes und verführerisches Werk des Drehbuchautors und Regisseurs Abel Ferrara. Sehr eng befreundet mit Willem Dafoe (beide Familien wohnen zeitweise in Rom, ihre Wohnungen liegen in derselben Straße). Es ist die sechste Zusammenarbeit der beiden Filmschaffenden. Dafoe wird auf seine alten Tage immer besser. Man sehe nur Filme wie The Florida Project, What Happened to Monday?, Van Gogh, Der Leuchtturm und Motherless Brooklyn. Der vierfach Oscar-Nominierte Darsteller spricht in Siberia sehr wenig. Alles steht in seinem Gesicht geschrieben. Jedes Gefühl, jeder Gedanke, jede verlorene Hoffnung, jede verpasste Chance.

Neben den fantastischen Bildern muss die exzellente Musik des New Yorker Komponisten Joe Delia Erwähnung finden. Er war schon 1992 für Ferraras „Bad Lieutenant“ für den Soundtrack verantwortlich.

Gedreht wurde in Süd-Tirol und Mexiko. Studio-Takes in München.

 

5 von 7 Sternen ★★★★★

Walter George

 

Titel: „Siberia

Herstellung: Italien, Deutschland, Mexiko 2020

Premiere 24. Februar 2020 – Berlinale, Berlin

Länge: 92 Min.

Regie: Abel Ferrara

Darsteller: Willem Dafoe, Dounia Sichov, Simon McBurney, u.a.

Drehbuch: Abel Ferrara und Christ Zois

Musik: Joe Delia

Kamera: Stefano Falivene

Schnitt: Leonardo Daniel Bianchi, Fabio Nunziata

PS In der Begründung des FFF Bayern heißt es: ‘„Siberia“ ist die moderne Odyssee eines gebrochenen Mannes, der vor der Welt flüchtet, aber in seiner selbstgewählten Isolation in der sibirischen Tundra keinen inneren Frieden findet. Um sich aus den dunklen Abgründen seiner selbst zu befreien, ist er gezwungen, sich mit den Dämonen seiner Träume, Erinnerungen und Visionen zu konfrontieren‘

Minamata

W. Eugene Smith ist einer der berühmtesten Fotografen seiner Zeit. Und einer der wichtigsten für das Hochglanz-Magazin „Life“. Wenn er dort auftaucht und mit dem Chefredakteur über neue Projekte spricht, verhält er sich überheblich und arrogant. Populär wurde Smith vor allem durch seine Fotos im Zweiten Weltkrieg.

Anfang der 70er Jahre ist Smith ein nervliches Wrack, der zu viel trinkt. Immer wieder kämpft er mit den wiederkehrenden Bildern des Kämpfens und des Sterbens, die nun schon mehr als 25 Jahre zurückliegen.

Als er von einer jungen Japanerin angesprochen wird er möge eine Fotoreportage machen über kranke und verkrüppelte Menschen in den Küstenorten um die Kleinstadt Minamata herum, ahnt Smith noch nicht, dass er die wichtigsten Fotos seiner Karriere erst noch machen wird. Auch von ‘Life‘ erhält Smith „grünes Licht“, in persona des Herausgebers Robert Hayes (Bill Nighy), zur Reise nach Ostasien, um den bisher unbewiesenen Vorwürfen um eine Chemie-fabrik im kleinen Ort Minamata auf der südlichen Insel Kyūshū.

Diese Reise veränderte sein Leben. Letztlich fand Eugene Smith in Japan mit der Aufdeckung und Veröffentlichung dieses Verbrechens an der Menschlichkeit seine eigene Erlösung. Trotz der schweren körperlichen Schäden, die ihm von brutalen Schlägern der Firma Chisso zugefügt wurden. Er blieb dort mehrere Jahre.

Eindringliches Porträt des Fotografen William Eugene Smith; geboren im Dezember 1918 in Wichita/Kansas. Bereits mit 15 Jahren machte er seine ersten Aufnahmen. Er studierte Fotografie und arbeitete dann als freier Foto-Journalist für Magazine wie Life, Coliers, Harper‘s Bazaar und The New York Times. Im Zweiten Weltkrieg verfolgte er zahlreiche Schlachten im Pazifik. So die Schlachten um Guam und Saipan, und er war auch bei der legendären Iwojima-Schlacht als ‘embedded jounalist‘ hautnah dabei. Er starb 59-jährig an den Folgen eines Schlaganfalls.

Sein berühmtes Foto „Walk to Paradise Garden“ mit zwei kleinen Kindern hängt heute in der Dauerausstellung „The Family of Man“. Seinerzeit initiiert im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) befindet sich diese Schau heute im luxemburgischen Schloss Clervaux.

Tomoko In Her Bath“ von William Eugene Smith gilt als eine der berühmtesten Fotografien aller Zeiten. Sie zeigt ein nacktes junges Mädchen, deren Körper missgestaltet ist. Sie liegt in den Armen ihrer Mutter, der Blick nach oben. Aufgenommen in Minamata, Japan. Es wurde das Titel-Bild der ‘Life‘-Ausgabe, die auch weitere Fotos über den Skandal des japanischen Chisso-Konzerns präsentierte. Dieser hatte ungeklärte quecksilberhaltige Abwässer ins Meer geleitet. Nach heutigen Schätzungen der japanischen Behörden erkrankten seinerzeit rund 17.000 Menschen. Der Verursacher Chisso weigerte sich lange Zeit sein Fehlverhalten zuzugeben.

Die ambivalente Figur des Fotografen Smith wird über alle Maßen perfekt interpretiert von Johnny Depp, dessen Ernsthaftigkeit für dieses Film-Projekt in jeder Einstellung spürbar ist. Nach längerer Zeit endlich wieder einmal eine sehr gut gespielte Darstellung von ihm. Neben Depp agiert die großartige Minami brillant.

Regie führte der junge Andrew Levitas; erst seine zweite Inszenierung nach Lullaby (2014). Er hat mit so wenig Erfahrung ein sehr starkes Werk vorgelegt! Außerdem wissen Kamera (Benoît Delhomme) und Schnitt (Nathan Nugent) zu überzeugen.

Der Film findet eine schöne Balance zwischen spannenden und ruhig erzählten Szenen. Er wurde ohne jegliche Übertreibung inszeniert und wirkt dadurch sehr authentisch. Aufschlussreich, erstaunlich und verstörend zugleich. Und wieder ein guter Film über die „Macht“ einer freien Presse. Zweifellos ein wichtiger Film.

5 ½ Sterne von 7 ★★★★★ ★/2

Walter George

Titel: „Minamata“

Herstellung: USA 2020

Premiere 21. Februar 2020 – Berlinale, Berlin

Länge: 115 Min.

Regie: Andrew Levitas

Darsteller: Johnny Depp, Bill Nighy, Minami, Hiroyuki Sanada, u.v.a.

Drehbuch: David Kessler, Andrew Levitas, Jason Forman, Stephen Deuters

Musik: Ryuichi Sakamoto

Kamera: Benoît Delhomme

Schnitt: Nathan Nugent

My Salinger Year

Joanna (Margaret Qualley), die junge angehende Schriftstellerin, hat in London studiert. Nun hat es sie nach New York verschlagen. Und sucht zunächst einen Job, denn von ihren Kurzgeschichten kann sie noch nicht leben.
Im Herbst 1994 erhält sie die Chance in einer renommierten Literaturagentur zu arbeiten. Deren berühmtester Client ist J. D. Salinger. Joanna bekommt den Job obwohl sie zugeben muss, noch nicht einmal „Der Fänger im Roggen“ gelesen zu haben. Ihre Chefin ist die konservative, erfahrene Literaturagentin Margaret (Sigourney Weaver).
Salinger (Tim Post) lebt zurückgezogen und schirmt sich von der Außenwelt ab. So ist es nun Joannas Aufgabe, einerseits den Kontakt zu ihm zu halten und andererseits seine zahlreiche Fanpost zu bearbeiten.
Und so sollen es für Joanna 12 aufregende und lehrreiche Monate werden.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman der amerikanischen Schriftstellerin Joanna Rakoff (erschien 2015 in deutscher Übersetzung). Regisseur Philippe Falardeau adaptierte das Buch als Film-Script.

Die junge Margaret Qualley wurde bekannt durch die HBO-Serie „The Leftovers“. Sie spielte aber auch bereits in einigen Kino-Filme mit. Unter anderem in „The Nice Guys“ neben Russel Crowe und Ryan Gosling, sowie 2019 im Tarrantino-Streifen „Once Upon a Time in Hollywood“! Die Rolle der Joanna, die als Sekretärin unter der autoritären Margaret arbeitet und von einem Leben als Schriftstellerin träumt, hat Qualley ganz bezaubernd umgesetzt.

Verschiedentlich warf man dem Film vor, die Ähnlichkeiten zu „Der Teufel trägt Prada“ (2006) seien zu groß. Die Entstehungsgeschichten beider Bücher, auf denen die Filme basieren, sind verblüffend komparabel. Die in beiden Filmen dargestellten Arbeits-bedingung sind jedoch nicht unüblich.

Philippe Falardeau hat noch nicht viele Filme inszeniert. Allerdings konnte er mit „Ich schwör‘s, ich war‘s nicht!“ 2009 den gläsernen Bären (Kinder- und Jugendfilm Preis) auf der Berlinale gewinnen! 2014 drehte er „The Good Lie“ mit Reese Witherspoon.

Kamerafrau Sara Mishara, die vor allem in Frankreich tätig ist, hat diese Geschichte in sehr ruhigen Bildern eingefangen. Gedreht wurde in Montréal (Kanada). Begleitet werden diese in angenehmer Weise von der Musik Martin Léons.

Kein spektakulärer Film. Aber eine interessante Geschichte und eine weitere Facette zur „Legendebildung“ über J. D. Salinger. Dieser ist im Film zwar einige Male kurz zu sehen, aber sein Gesicht nie in Nahaufnahme. Außerdem bietet die Story interessante Einsichten in den Literaturbetrieb, eine Branche die bisher eher selten in Filmen thematisiert wurde.

 

4 Sterne von 7 ★★★★

Walter George

Titel: „My Salinger Year“
Herstellung: Canada/Ireland 2020
Premiere 2. Februar 2020 – Eröffnungsfilm der Berlinale, Berlin
Länge: 101 Min.
Regie: Philippe Falardeau
Darsteller: Margaret Qualley, Sigourney Weaver, Douglas Booth, u.v.a.
Drehbuch: Philippe Falardeau, basierend auf dem Roman von Joanna Rakoff
Musik: Martin Léon
Kamera: Sara Mishara
Schnitt: Frédérique Broos, Mary Finlay

PS J. D. Salingers Lebensgeschichte diente als Grundlage für den Gus Van Sant-Film „Finding Forrester“ (2000) mit Sean Connery in der Titelrolle.

The Roads Not Taken

Der Titel des neuen Films von Regisseurin Sally Potter verweist auf die Wege, die man nie beschritt, auf die verpassten Chancen und auf die ausgelassenen Möglichkeiten.

Leo (Javier Bardem) leidet an fortgeschrittener Demenz. Man erfährt nicht wie lange er bereits an dieser Krankheit leidet. Ein Charakteristikum des geistigen Verfalls ist die Tatsache, dass die Patienten selten erinnern was vor einer Stunde geschah, wen sie vor zwei Stunden sahen oder was sie vor 10 Minuten gesagt haben. Aber sehr häufig können sie Erinnerungen aus ihrem Leben, die 10, 20 oder mehr Jahre zurückliegen, in ihrem Gedächtnis abrufen.

Und während Leo, gemeinsam mit seiner wohlmeinenden, aufopferungsvollen Tochter Molly (Elle Fanning), sich durch das lärmende New York quält, zeigt die Spielleiterin Potter in Rückblenden Stationen seines Lebens. Erinnert sich Leo? Zumindest das Ende des Film lässt diesen Schluss zu.

Leo im heftigen Streit mit seiner ex-Frau Dolores (Salma Hayek) in Mexiko, Leo als Schriftsteller viele Jahre später, als er die junge hübsche Anni (Milena Tscharntke) trifft. Es geht in Leos Kopf alles durcheinander, wohl kann er die Vergangenheit nicht in die richtige Reihenfolge bekommen und die Gegenwart überfordert ihn. Liebevoll hilft Molly ihm, den Zahnarzt und den Augenarzt zu besuchen. Bis Leo schließlich durch eine Selbstverletzung im Krankenhaus landet und vom Arzt von oben herab behandelt wird. Dort taucht auch Mollys Mutter (Laura Linney), Leos zweite Frau, auf; sarkastisch, voller Bitterkeit über die ehemalige Ehe mit dem Vater ihrer Tochter. Nur Molly und die empathische Haushälterin und Pflegerin von Leo, Xenia, kümmern sich um den kranken Mann mit viel Herz und Verstand.

Eine schöne Szene zwischen Leo und Molly ist die Situation, in der Leo die Hose wechseln muss auf einer Toilette. Anscheinend ist es Leo peinlich vor seiner leiblichen Tochter. Doch diese demonstriert ihrem Vater sehr einfühlsam, dass dies doch zwischen ihnen beiden gar kein Problem sein muss. Bezaubernd.

Trotzdem schafft es Sally Potter nicht gänzlich große Gefühle beim Zuschauer zu wecken zu dieser ambivalenten Figur. Ist er nur eine Spiegelung für uns alle, von uns allen? Es ist nicht wichtig, ob wir gut oder weniger gut waren im Leben, ob wir Recht hatten oder nicht. Was zählt am Ende sind die entgangene Optionen. Konnten wir die Gunst einer Stunde nutzen? Oder haben wir zu häufig die falschen Entscheidungen getroffen? Diese Gedanken reflektiert man nun mal, wenn man im Herbst seines Lebens steht.

Der Film profitiert nicht zuletzt von den schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptakteure Bardem und Fannning.

Sehr schön dazu die Kulissen. Gedreht wurde in Andalusien und in New York. Die Kamera führte der sehr erfahrene Ire Robbie Ryan (u a American Honey, Slow West, The Favorite, und zuletzt Marriage Story!).

Sally Potter führte nicht nur Regie, sonder schrieb das Drehbuch, verantwortete die Musik und editierte gemeinsam mit zwei Kollegen den Film.

Sehenswerte melancholische Biografie.

 

4 ½ Sterne von 7

Walter George

Titel: The Roads Not Taken

Herstellung: UK/USA/Schweden 2020

Länge: 85 Min.

Regie: Sally Potter

Darsteller: Javier Bardem, Elle Fanning, Salma Hayek, Laura Linney, u.v.a.

Drehbuch: Sally Potter

Musik: Sally Potter

Kamera: Robbie Ryan

Schnitt: Emilie Orsini, Sally Potter, Jason Rayton

PS 1 Der Filmtitel ist an das Gedicht The Road Not Taken von Robert Frost angelehnt. Als ursprünglicher Name des Films war Molly vorgesehen.

https://www.poetryfoundation.org/poems/44272/the-road-not-taken

PS2 Milena Tscharntke, geboren 1996 in Hamburg, bestand 2014 das Abitur. Ihre erste Fernsehrolle spielte sie im Alter von 8 Jahren. Sie erhielt eine ‘Goldene Kamera‘ sowie den Studio-Hamburg-Nachwuchspreis. Neben Rollen im Fernsehen und Kino spielt sie am renommierten Thalia Theater Hamburg. The Roads Not Taken ist ihr erster internationaler Auftritt.

PS3 Premiere 26. Februar 2020 – Berlinale, Berlin. Wettbewerbsbeitrag!

Oscars 2018 – 90. Academy Awards

Am Sonntag den 4. März 2018 verlieh die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, Beverly Hills, California ihre Preise. Zum 90. Mal! Als Moderator agierte, wie im Vorjahr, Jimmy Kimmel. In seinem Eröffnungsdialog ging Kimmel auf die #MeToo-Debatte ein, wie auch auf den Fauxpas des vergangenen Jahres.

Sieger des Abends war zweifelsohne „The Shape of Water“: Oscars für die Regie an Guillermo del Toro, Beste Filmmusik an Alexander Desplat, Bestes Szenenbild (Production Design) und die Königsdisziplin als Bester Film 2017!

Der hochgelobte Streifen „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ erhielt lediglich die Oscars für Beste Hauptdarstellerin mit Frances McDormand und für Bester Nebendarsteller Sam Rockwell. Da hatten sich die Produzenten sicher mehr versprochen.

Der Preis für den Besten männlichen Hauptdarsteller ging erwartungsgemäß an Gary Oldman für seine Rolle des Wiston Churchill in „Darkest Hour“.

Als bester Animierter Film wurde ebenfalls der Favorit ausgezeichnet: „Coco“ mit einer hinreißenden Story des 12jährigen Miguel, der versehentlich von den Lebenden ins Reich der Toten stolpert. Außerdem erhielt dieser Film den Oscar für den besten Song („Remember Me“).

[Der Favorit des Autors dieses Berichts] „Blade Runner 2049“ erhielt die Oscars für Beste Kamera (Roger A. Deakins) und für Visuelle Effekte. Zum Effekte-Team von John Nelson, Paul Lambert und Richard R. Hoover gehört auch der Deutsche (in Berlin lebende) Gerd Nefzer, ein ganz großer in dieser Branche. Bei „BR 2049“ war er verantwortlich für sämtliche Wetterszenen von Staub, Sonne zu Regen und Schnee sowie für die Aufnahmen im Wasser. Hierfür baute Nefzer ein 50 x 50 m Becken mit 5 m Tiefe, und bewerkstelligte Wellen, Sturm und Regen. Die dortigen Dreharbeiten verlangten den drei Protagonisten Harrison Ford, Ryan Gosling und Sylvia Hoeks viel ab. Glückwunsch jedoch an den deutschen Oscar-Preisträger!

Die Drehbuch-Preise gingen an die Filme „Call me by Your Name“ (adaptiertes Drehbuch) und „Get Out“ (Original-Drehbuch)!

Last not least erhielt das chilenische Drama „Una Mujer Fantástica“ („Eine fantastische Frau“) unter der Regie von Sebastián Lelio den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Lelio machte bereits mit dem Film „Gloria“ auf sich aufmerksam; bei der Berlinale 2013 gab es dafür mehrere Preise.

Eine Oscar-Nacht ohne besondere Highlights, allerdings auch ohne Pannen und Pleiten eine runde gelungene Show mit einem versierten Gastgeber, der politisch deutlich zurückhaltender war als im vergangenen Jahr. Das hatte die gut unterrichtete Presse bereits im Vorfeld angekündigt und entstammte einer Weisung der Produzenten der TV-Übertragung (auf ABC mit einem Publikum von 40 Millionen in den USA; ferner wird in 225 Länder übertragen und – angeblich – von 1 Milliarde Zuschauern live oder in der Aufzeichnung gesehen).

Fazit: es gab keinen übermächtigen Film der alles abräumte; der Moderator und Gastgeber kommt durchweg kompetent und sympathisch beim Publikum an; die Präsentationen der fünf Original-Songs war hoch professionell und bezaubernd präsentiert; ein Oscar ging immerhin nach Deutschland.

Wir freuen uns auf die Oscar-Nacht in Los Angeles am 24. Februar 2019.

Rick Deckard

PS Bei der Verleihung der Goldenen Himbeere „gewann“ „Emoji – Der Film“ als schlechtester Film des Jahres 2017. Gefolgt von „Transformers: The Last Knight“ und „Fifty Shades of Grey 3“. Ferner erhielt Tom Cruise (in „Die Mumie“) die „Auszeichnung“ für den schlechtesten Schauspieler.

In Memoriam‘ wurden statt verstorbener Filmschaffender Portraits von Harvey Weinstein, Woody Allen, Kevin Spacey und anderen gezeigt. „Es tut uns leid, aber wir werden euch nicht vermissen“, hieß es.

Interessant: (Link aus spiegel.de)

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/oscars-2018-mathematiker-prognostiziert-20-von-21-preisen-richtig-a-1196518.html

Erwarten Sie demnächst unseren Bericht zu den

17th Annual Movies for Grownups Awards“.

Golden Globe Awards 2018

Am Sonntag den 7. Januar 2018 verlieh die Hollywood Foreign Press zum 75. Mal die Golden Globes für hervorragende Leistungen in Kino und Fernsehen in 2017. Moderator war Seth Meyers, berühmt durch „Saturday Night Live“, seit Jahrzehnten die Kultsendung im amerikanischen Fernsehen. Seth Meyers wurde im Dezember 1973 in der Stadt Evanston, nördlich von Chicago, geboren. Hier kamen auch Charlton Heston und John Cusack und seine Schwester Susie sowie Jake Johnson zur Welt.

Seth Meyers begann seine Vorrede mit der Begrüßung: „Guten Abend meine Damen und meine verbliebenen Herren.“ Und weiter: „It’s 2018, marijuana is finally allowed and sexual harassment finally isn’t. It’s gonna be a good year!“* Damit ging Meyers in seiner launigen Ansprache selbstverständlich auf die derzeitige ‘#MeToo‘-Kampagne in Bezug auf die jahrelangen sexuellen Belästigungen und Schlimmerem von Frauen in Hollywoods Traumfabrik ein. Und sagte „For the male nominees in the room tonight, this is the first time in three months it won’t be terrifying to hear your name read out loud.“*

Auch US-Präsident Donald Trump fand Erwähnung bei Meyers: „Hollywood Foreign Press. A string of three words that could not have been better designed to infuriate our president. “HOLLYWOOD FOREIGN PRESS” The only name that could make him angrier would be the „Hillary Mexico Salad Association.“*

Bei den Preisträgern war in der Kategorie Film (Drama) „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ der große Abräumer. Der Film wurde in sechs Kategorien nominiert und gewann vier Auszeichnungen, darunter als bester Film und für das beste Drehbuch. Zudem wurden Frances McDormand für ihre Rolle als Mildred Hayes als beste Hauptdarstellerin und Sam Rockwell als bester Nebendarsteller ausgezeichnet.

Bester Film (Komödie) wurde „Lady Bird“ von Greta Gerwig und außerdem gewann Saoirse Ronan den Preis für die beste Hauptdarstellerin (Film/Komödie).

Die besten Hauptdarsteller waren Gary Oldman für seine famose Darstellung von Winston Churchill (unter der Maske kaum wiederzuerkennen) in „Darkest Hour“, und diese Auszeichnung kann nicht hoch genug bewertet werden gegen ‘Konkurrenten‘ wie Daniel Day-Lewis, Tom Hanks und Denzel Washington. In der Kategorie Film/Komödie erhielt James Franco für „The Disaster Artist“ diesen Preis.

Der Preis für die beste Regie ging an Guillermo del Toro für seinen fantastischen Film „Shape of Water“. Die Ehrung für die beste Film-Musik erhielt der erfahrene Komponist Alexandre Desplat für die Musik zum selben Film.

Der beste animierte Film wurde „Coco“, das zauberhafte bunte Abenteuer des kleinen Miguel in Mexico und im Reich der Toten.

Bester fremdsprachiger Film wurde – und jetzt dürfen sich die deutschen Film-Fans wirklich freuen – die deutsche Produktion „Aus dem Nichts“ von Regisseur Fatih Akin mit Diane Kruger in der Hauptrolle.

Auch bei den TV-Produktionen gab es einen ganz großen Sieger: die Mini-Serie „Big Little Lies“ gewann 4 Golden Globes. Beste Mini-Serie (oder TV-Film), beste Hauptdarstellerin (Nicole Kidman), bester Nebendarsteller (Alexander Skarsgard), beste Nebendarstellerin (Laura Dern).

Bei den Serien erhielten in der Sektion Drama „The Handmaid‘s Tale“ und bei den Komödien „The Marvelous Mrs. Maisel“ die Preise.

Damit dürften auch schon einige Favoriten für die Oscars feststehen: „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, „Shape of Water“ und „Lady Bird“ sowie der Animationsfilm „Coco“. Auch der deutsche Beitrag kann sich durchaus Hoffnungen für den 4. März machen.

Zutiefst enttäuschend verlief dieser Abend für „The Post“ mit Hollywood-Ikonen Meryl Streep und Tom Hanks unter der Regie von Altmeister Steven Spielberg. 6 Nominierungen und kein Preis!

Erwähnung verdient noch die Ehrenpreisträgerin für ihr Lebenswerk: Oprah Winfrey. Sie bedankte sich mit einer bewegenden Rede beim Publikum und bei der Hollywood Foreign Press und schenkte uns einen kurzen Einblick in ihr bewegtes erfolgreiches Berufsleben. Zum Ende ihrer 9-minütigen Rede trat sie kämpferisch für die Rechte der Frauen in der Unterhaltungsindustrie ein („Their Time is up!“*). Für jeden Fan dieser großen Frau oder die, die es werden wollen und sie kaum kennen, im Internet die aufrüttelnde und elektrisierende Ansprache anhören (z.B. auf cbs.com). In amerikanischen Foren haben die Gerüchte um eine mögliche Präsidentschafts-Kandidatur Oprah Winfreys neue Nahrung erhalten.

Das Herz berührend war der Auftritt des 101-jährigen Kirk Douglas gemeinsam mit seiner charmanten Schwiegertochter Catherine Zeta-Jones.

Ein glänzender Abend in Los Angeles, voller Humor, Sarkasmus und sehr ernsten Tönen, mit einem äußerst angenehmen Moderator und vielen bezaubernden Momenten.

Rick Deckard

*Source Courtesy of CBS News, CBS Corp., New York, N.Y., USA

Nocturnal Animals

Susan Morrow (Amy Adams) arbeitet als selbständige Galeristin und beweist oft eine glückliche Hand was gute, interessante Kunst ausmacht und die zahlungsfähige Klientel beeindruckt. Verheiratet ist sie seit vielen Jahren mit Hutton Morrow (Armie Hammer), einem erfolgreichen Geschäftsmann, von dem sie annimmt er betrügt sie ab und an auf seinen Geschäftsreisen. Aber es lässt sie seltsam kalt.

Vor 20 Jahren war Susan nannte sie noch Edward Sheffield (Jake Gyllenhaal) ihren Mann, einem jungen träumerischen Studenten, der Schriftsteller werden wollte. Aber in der rationalen und nüchternen Susan fand er letztlich nur wenig Unterstützung. Nachdem Susan ihn mit Hutton betrogen hatte, ließen sich die beiden scheiden. Dann entdeckte Edward noch, dass Susan ihr gemeinsames Kind hatte abtreiben lassen, und beendete damit jeglichen Kontakt zu ihr.

Als Susan wieder einmal allein zuhause ist erhält sie ein Paket von Edward: das Manuskript eines Buches, das er verfasst hat. Der Titel: ‘Nocturnal Animals‘ (etwa ‘Nachtaktive Tiere‘) – so nannte Edward seine Frau Susan früher scherzhaft. Auf der beiliegenden Notiz hat Edward vermerkt: „Dies habe ich geschrieben. Bitte lies es und lass mich wissen, wie es dir gefällt.“ Vorn im Buch ist eine Widmung an Susan vermerkt.

Susan beginnt mit der Lektüre und ist bald darauf erschüttert über die schrecklichen Ereignissen in der Geschichte und die Brutalität, mit dem ein Familiendrama geschieht.

Susan ist vom Inhalt des Buches gleichzeitig abgestoßen und fasziniert. In ihrer Einsamkeit in dem großen schönen und kalten Haus nimmt sie Abend für Abend das Buch zur Hand und liest darin.

Und sie fragt sich: „Was will Jack mir damit sagen? Was will er eigentlich von mir, jetzt, nach 20 Jahren ohne Kontakt?“

Austin Wright ist der Autor des Buches ‘Tony & Susan‘, ein Professor für englische Sprache an der Universität von Cincinnati und Literatur-Kritiker. Er graduierte an der Harvard Universität in 1943, kämpfte von 43 bis 46 im II. Weltkrieg, und machte dann an der Universität von Chicago seinen Master und später (1959) seinen Doktor in Philosophie. Dies ist das einzige Buch, das Austin Wright je schrieb. Und die Verfilmung konnte er nicht mehr erleben: er starb bereits am 23. April 2003 im Alter von 80 Jahren.

Der Mode-Designer Tom Ford inszenierte seinen ersten Film in 2009 mit Colin Firth in der Hauptrolle „A Single Man“. Unverkennbar dieselbe Handschrift ist dem vorliegenden Werk zu entnehmen. Die Distanz, die Kühle, die strengen Formen. Alles an Susans Galerie und ihrem Haus ist State of the Art. Aber ohne eine gewisse Wärme oder Gemütlichkeit.

Die beiden Hauptdarsteller sind glänzend besetzt und man glaubt ihnen ihre Lebenssituation und ihre Charaktere. Sie haben einige wenige Szenen gemeinsam: Die Zeit, als sie für einige Jahre ein glückliches Paar waren.

Herausragend Michael Shannon als desillusionierter Sheriff, der unerbittlich die Verbrecher jagt und zur Strecke bringt. Nicht immer ist alles korrekt was er unternimmt, aber – wie er einmal sagen wird – hat er sowieso nichts mehr zu verlieren. Shannons große Leistung wurde mit einer Oscar-Nominierung belohnt.

Das zugrunde liegende Buch ist sehr intensiv, hart und bedrückend. Man benötigt gute Nerven, um es abends allein zuhause lesen zu können. An Susans Reaktion kann man feststellen, dass sie auch genau das beim Lesen empfindet. Allerdings schafft es Ford nicht, die schreckliche Gewalt und das furchtbare Ende dieser Familie in Bilder umzusetzen. Vielleicht wollte er das aber auch gar nicht. Aber so lässt auch den Zuschauer dieser Film fast völlig kalt. Das Buch wirkt verstörend und abscheulich. Der Film vermag diese Gefühle nicht zu wecken.

Am Ende dann empfindet man, insbesondere im Hinblick auf das was geschah und was nicht geschah, eine Traurigkeit. Aber auch eine Distanz und sogar Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Personen in diesem Film. Und das liegt sicher nicht an den Darstellern!

Mit dem Iren Seamus McGarvey konnte ein erfahrener Kameramann (Atonement, The Accountant) verpflichtet werden.

Die Musik des polnischen Komponisten Abel Korzeniowski (geboren in Krakau) ist stets gut gewählt und unterstreicht die einzelnen Passagen des Film hervorragend. Korzeniowski arbeitete bereits bei „A Single Man“ für Tom Ford.

Ein interessantes Werk eines noch unerfahrenen Regisseurs, durchaus sehenswert aber nicht überragend. Die Stärke liegt im Original-Buch, den drei Hauptdarstellern und der grandiosen Kameraführung.

4 von 7 Sternen ★★★★

Rick Deckard

Titel: „Nocturnal Animals“

Herstellung: USA 2016

Länge: 1h 56min

Regie: Tom Ford

Darsteller: Amy Adams, Jake Gyllenhaal, Michael Shannon, Laura Linney, u.v.a.

Drehbuch: Tom Ford, nach einem Roman von Austin Wright

Musik: Abel Korzeniowski

Kamera: Seamus McGarvey

Schnitt: Joan Sobel

Nominiert für einen Oscar, in der Kategorie Best Performance by an Actor in a Supporting Role“ – Michael Shannon.

PS Abel Korzeniowski: In 2004 he created a new score for Fritz Lang’s „Metropolis“. A monumental 147-minute composition for a 90-piece orchestra, 60 choir and 2 solovoices ambitiously re-interpreting the silent movie from 1927. (Quelle: IMDb.com)

Logan Lucky

Jimmy (Channing Tatum) und Clyde Logan (Adam Driver) sind Brüder und haben wirklich viel Pech im Leben. Sie werden quasi vom Unglück verfolgt. Geldsorgen haben Sie natürlich auch. Doch dann kommt Jimmy ein brillanter Einfall: Ein raffiniert geplanter Raubüberfall am Memorial-Day-Wochenende beim legendärsten NASCAR-Rennen der Welt, dem Coca-Cola Cup 600. Doch dafür benötigen Sie unbedingt die Hilfe des Bankräubers Joe Bang (Daniel Craig), der aber zur Zeit leider im Gefängnis sitzt…

Er ist wieder da! Nachdem Steven Soderbergh sich im Jahr 2013 vom Kino verabschiedet hatte und sich in der Zeit z. B. mit Serien wie „The Knick“ beschäftigte, kehrt er nun wieder auf die große Leinwand zurück. Interessant ist vor allem das neue Finanzierungsmodell des Films. Dieses kommt ohne die Hilfe des üblichen Hollywood Studiosystems aus. So erhielt er die Grundfinanzierung über den Vorabverkauf von Auslandsrechten und den frühen Verkauf der Streaming-Rechte an Amazon. Auf große Werbekampagnen wurde verzichtet und ein Einspielergebnis von 15 Millionen Dollar, welches der Film schon erreichte, führte so schnell zu einem finanziellem Erfolg.

„Logan Lucky“ ist ein unterhaltender und kurzweiliger Film. Oft werden Parallelen zu den „Oceans“ Filmen gezogen. In der Tat kann man sie aufgrund des Plots miteinander vergleichen. Nichtsdestotrotz „Logan Lucky“ steht für sich allein und kann sich sehen lassen. Denn hier geht es um eine ganz andere Art von Räubern, nämlich die aus der Arbeiterklasse eines ländlichen Amerikas. Die drei sympathischen Stars Channing Tatum, Adam Driver und Daniel Craig verleihen dem Film natürlich viel Klasse. Besonders Daniel Craig glänzt in dieser Komödie mit seinem hervorragend witzigem Auftreten und in einer Rolle wie man ihn so noch nie gesehen hat. Der Soundtrack mit vielen Songs aus Rock und Country ist sehr stimmig. Für den Score zeichnet wieder David Holmes verantwortlich, der neben Cliff Martinez als Hauskomponist für Soderbergh gilt. Die liebevolle Art der Inszenierung der einfachen Leute im Film wirkt zu keiner Sekunde herablassend und immer auf Augenhöhe, zumindest für die „Guten“ im Film. Das verleiht dieser Südstaaten Geschichte einen bemerkenswerten Touch.

Soderbergh führte im Film nicht nur Regie sondern war auch, wie oft in seinen Filmen, Kameramann und Cutter. Wie immer arbeitet er dafür unter seinen Pseudonymen. Man munkelt seit geraumer Zeit ob er dieses Mal sogar das Drehbuch selbst verfasst hat. Offiziell hat es Rebecca Blunt geschrieben, zu ihr gibt es jedoch nur einen Eintrag auf imdb. Zutrauen könnte man es diesem Multitalent auf jeden Fall. Soderbergh selbst sagte einst, dass er durch diese Arbeitsweise (alles in die Hand zu nehmen) viel schneller und effektiver arbeiten könne.

„Logan Lucky“ besticht durch seine interessante Erzählstruktur, seine hervorragenden Schauspieler, die schöne Musik, die tollen Bilder und schönem Setting. Es ist schon fast erschreckend wie oft Soderbergh einen unterhaltsamen Film auf so hohem Niveau hervorbringen kann. Sicherlich sind nicht all seine Filme gut bis sehr gut. Aber dieser fällt auf jeden Fall in diese Kategorie. Wer Lust auf intelligentes Kino mit garantierten Lachern hat, der wird nicht enttäuscht werden. 119 Minuten sehr gute Unterhaltung.

 

 

5 von 7 Sternen

Alexander George

 

Titel: „Logan Lucky“

Herstellung: USA 2017

Länge: 119 min

Regie: Steven Soderbergh

Darsteller: Katherine Waterston, Adam Driver, Channing Tatum, Riley Keough, Daniel Craig, Katie Holmes, Seth MacFarlane, Hilary Swank

Drehbuch: Rebecca Blunt

Musik: David Holmes

Kamera: Peter Andrews a.k.a. Steven Soderbergh

Schnitt: Mary Ann Bernard a.k.a. Steven Soderbergh

Arrival

Arrival_01Als zwölf Raumschiffe an unterschiedlichen Stellen auf der Erde landen, kommt schnell die Frage auf was die Außerirdischen auf der Erde wollen. Colonel Weber (Forest Whitaker) stellt ein Team zusammen, das eine Kommunikation mit den Aliens aufnehmen sollen. Dabei sind Sprachwissenschaftlerin Louise Banks (Amy Adams) und der Physiker Ian Donnelly (Jeremy Renner). Das Unterfangen stellt sich jedoch als andauernder und schwieriger dar als es sich einige Generäle und Staatsoberhäupter vorgestellt haben.

Denis Villeneuve, bekannt durch „Sicario“ (siehe Bericht: http://sicario.filmsicht.net/) und „Prisoners“, hat einen exzellenten Science-Fiction-Film gemacht. Damit hat er sich eine gute Basis geschaffen, um die hohen Erwartungen an seinem nächsten Film, die Fortsetzung von „Blade Runner“ („Blade Runner 2049“), gerecht zu werden. „Arrival“ ist gutes und anspruchsvolles Kino. Der Film erzählt in ruhigen Bildern, lässt sich Zeit bei der Entwicklung der Geschichte. Die Musik von Jóhann Jóhannsson ist unheimlich, erschreckend, düster und brillant. Den ganzen Film durchdringt eine melancholische und emotionale Grundstimmung. Gerade durch die zurückgenommene Ausstattung und die schon erwähnte Musik wird dies erreicht. Amy Adams spielt mit gewohnter Überzeugung. Auch die Rollen von Jeremy Renner und Forest Whitaker sind hervorragend besetzt worden. Casting-Director, im übrigen ein sehr unterschätzter Beruf, war Francine Maisler. Sie war schon für die Besetzungen für „Nocturnal Animals“, „The Big Short“, „Knight of Cups“ oder „Ex Machina“ verantwortlich, um nur einige Filme für ihre ausgezeichnete Arbeit zu benennen.

Arrival_02Zusammen mit seinem Drehbuchautor Eric Heisserer und dem Team hat Denis Villeneuve tatsächlich eine voll funktionstüchtige visuelle Sprache („Logografie) der „Aliens“ entwickelt und in einer „Bibel“ zusammengefasst. Viele Teile davon finden im Film Verwendung. Die Geschichte basiert auf der Kurzerzählung „Story of Your Life“ von Ted Chiang aus dem Jahr 1998. Gedreht wurde in Montréal, Kanada.

Arrival_03„Arrival“ setzt filmische Mittel sparsam und klug ein. Nie ist etwas übertrieben oder zu viel. Der Film nutzt das Potenzial der Geschichte und macht daraus keinen irrationalen Blockbuster, sondern einen intelligenten, nachdenklichen und anspruchsvollen Film. Er beschäftigt sich inhaltlich mit philosophischen und politischen Fragen, und stellt keine überbordende Action in den Mittelpunkt. Das sind die wahren Filme, die auch Jahrzehnte später noch relevant sein werden. Neben „Interstellar“ könnte das einer der besten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre sein.

6 von 7 Sternen

Alexander George

Titel: „Arrival“
Herstellung: USA 2016
Länge: 117 min
Regie: Denis Villeneuve
Darsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg
Drehbuch: Eric Heisserer
Musik: Jóhann Jóhannsson
Kamera: Bradford Young
Schnitt: Joe Walker

The Accountant

Christian Wolff (Ben Affleck) leidet seit seiner Geburt an dem Asperger-Syndrom, einer leichten Form des Autismus. Hochbegabt, ein Mathe-Genie, aber in gewissen Situation wird die Umwelt für ihn sehr schwierig. Bei grellem Licht und lauten Geräuschen zum Beispiel. Und er rastet total aus wenn er eine Aufgabe nicht zu ende führen kann. Ein großes Puzzle löst er problemlos in kurzer Zeit.
Früh in seiner Kindheit verlässt seine Mutter ihre Familie. Es bleiben der Vater, ein Soldat der US-Armee, der in 17 Jahren in 34 verschiedenen Standorten Dienst tut, und sein Bruder Brax.

Jahre später ist Christian Steuerberater. In einer kleinen unscheinbaren Kanzlei hat er solche Klienten wie kleine Farmern, denen er beim Überleben in schwierigen Zeiten hilft.

Doch Christian Wolff lebt ein Doppelleben: wenn bei Mafia-Clans, Drogen-Kartellen oder anderen zwielichtigen Organisationen jenseits des Gesetzes plötzlich größere Beträge fehlen und jemand die Bücher prüfen muss, um die Ursache oder den Verursacher festzustellen, dann ruft man ihn. Weltweit. Niemand kennt seinen wirklichen Namen. Er agiert unter dem Pseudonym „The Accountant“. Und in der „Branche“ wird er gern weiter empfohlen. Kein Name, keine Adresse, keine Telefonnummer. Bei Nachfragen lautet stets die Antwort: „Ich rufe Sie an; ich finde Sie.“

Bezahlt wird zum Teil in bar und zum Teil in Wertgegenständen. Seine Wohnung ist spärlich eingerichtet. Ihm genügen genau ein Messer, eine Gabel und ein Löffel. Aber dann gibt es da noch den sehr großen Wohnwagen, der gut versteckt aber immer fahrbereit in einer alten Garage in der Nähe geparkt ist.

Als die US-Steuerfahndung in Persona von Ray King (J.K. Simmons), dem Chef-Ermittler, anfängt sich für den „Accountant“ zu interessieren, ist es eine Frage der Zeit bis man Wolff auf die Spur kommt.

Zunächst eine gute Story (von Bill Dubuque; schrieb auch das Drehbuch zu „The Judge“), die aber leider irgendwann sich in zu vielen Handlungssträngen und verwirrenden Rückblenden verliert. Nicht alles was geschieht ist dann noch für den Zuschauer schlüssig. Regisseur Gavin O’Connor gab sich alle Mühe einen spannenden und etwas anderen Thriller zu filmen. Jedoch scheint er selbst den Überblick verloren zu haben.
Und so manche Handlung oder Situation der Geschichte bleibt mit einem Fragezeichen behaftet.

Anna Kendrick ist und bleibt Anna Kendrick. Immer etwas hölzern. Stets noch sehr jung, zurückhaltend, scheu, klug und hübsch. Aber steif. Was in dieser Rolle sogar von Vorteil sein dürfte.

Kings Assistentin Meribeth Medina hätte einen deutlich größeren Raum einnehmen sollen. Mit ihr beginnt der Film und man hat den Eindruck man würde Zeuge ihrer Recherchen, um Wolff ausfindig zu machen. Aber warum ihn eigentlich finden?
Damit er seine Fähigkeiten in den Dienst der USA stellt?

Die Schießerei kurz vor Ende des Films hätte deutlich kürzer ausfallen dürfen. Aber die kriminellen Machenschaften des schwerreichen Firmenbesitzers, der über Leichen geht und den Aktienwert seines Unternehmens zu erhöhen, das hätte ausführlicher behandelt werden können.

Alles etwas verworren. Vielleicht muss man den Film ein zweites Mal anschauen, um vieles besser zu verstehen. Dennoch gute Unterhaltung mit Fragezeichen bis zum Schluss. Der geneigte Zuschauer sollte sich von Anfang an auf einen nicht chronologisch erzählten Film einstellen.

(Berühmte Vorgänger dieses „Genres“: „Die üblichen Verdächtigen“, „Memento“ und „Mulholland Drive“.)

Positiv: Sieben Sterne für die Musik von Mark Isham!

 

4 1/2 von 7 Sternen ★★★★ 1/2★

Rick Deckard

 

Titel: „The Accountant“
Herstellung: USA 2016
Länge: 2h 8min
Regie: Gavin O’Connor
Darsteller: Ben Affleck, Anna Kendrick, J.K. Simmons, John Lithgow, u.v.a.
Drehbuch: Bill Dubuque
Musik: Mark Isham
Kamera: Seamus McGarvey („Atonement“!!)
Schnitt: Richard Pearson

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