Haywire

Mallory Kane (Gina Carano) arbeitet für ein privates Unternehmen, das wiederum von der US-Regierung in Auftrag gegebene Jobs ausführt. In Barcelona erledigt sie routinemäßig einen Auftrag mit Bravour. Als sie zurückkehrt steht schon die nächste „Geschäftsreise“ an. Doch dieses mal läuft nicht alles so reibungslos ab wie es geplant war. Sie wird hintergangen und befindet sich plötzlich auf der Flucht.

Steven Soderbergh ist wieder zurück! Seit seinem Comeback mit „Contagion“ spielt er wieder ganz oben in der Liga der großen und erfolgreichen Regisseure unserer Zeit. Doch ob er nun mit dem Filmemachen weiter macht ist strittig. Zuerst gab der Regisseur im letzten Jahr bekannt, dass er aufhören wolle Filme zu machen. Wir berichteten im April darüber! Dann dementierte er in einem Interview gegenüber CINEMA Anfang des Jahres den angeblichen Rücktritt wieder: „Als ich das sagte war ich etwas betrunken“. In einem neuen Interview mit der B.Z. heißt es nun wiederum: „Nun, in diesem Jahr drehe ich noch zwei weitere Filme, und dann habe ich erst mal nichts mehr. Was nicht heißt, dass ich mich auf die faule Haut legen werde, aber Filme drehe ich für eine Weile nicht mehr.“ Wie dem auch sei, ob PR-Gag oder nicht; wir hoffen auf weitere tolle Filme von ihm und es sind auch noch mindestens 3 in Planung: „Magic Mike“ eine Männer-Strip-Komödie, „Behind the Candelabra“ mit Matt Damon und Michael Douglas und „The Bitter Pill“ mit dem neuen Star aus der amerikanischen Verfilmung „Verblendung“ Rooney Mara sowie Catherine Zeta-Jones und Jude Law. Also bleibt abzuwarten ob er seine wiederholten „Drohungen“ dem Filmbusiness den Rücken zu kehren wahr machen wird.

Soderbergh besetzt für seinen neuen Action-Film die unbekannte Gina Carano, die früher Mixed-Martial-Arts-Kämpferin in TV-Shows war. Schauspielerfahrung hat sie nur wenig und doch zeigt sich die Entscheidung Soderberghs als Genie-Streich. Das neue Gesicht verleiht den Film eine Frische und willkommene Abwechslung für die große Kinoleinwand. In „Haywire“ übt sie alle Stunts selbst aus und die Kampfszenen sind sehr beeindruckend und von tollem Realismus geprägt. Darin liegt auch die Stärke des Films. Soderbergh verzichtet gänzlich auf übertriebene Baller-Szenen, sondern setzt auf klassische Eins-zu-Eins-Kämpfe, die noch mit Fäusten und Tritten geführt werden. Neben der tollen Hauptdarstellerin glänzen ein ganzes Ensemble von großartigen Darstellern: Michael Fassbender, Ewan McGregor, Michael Douglas, Antonio Banderas und Bill Paxton! Alle sind jedoch nur in Nebenrollen besetzt, machen ihren Job aber ganz hervorragend.

Hervorzuheben ist, dass Soderbergh sich redlich Mühe gegeben hat mal wieder etwa neues zu schaffen, ja er hat quasi das Genre des Action-Film neu erfunden. Denn die scheinbar banale Story ist komplex aufgelöst und nicht gleich gänzlich zu verstehen. Es ist ein Film, der zwar viele Action-Szenen bietet, aber eigentlich eher ruhig und harmonisch in Erinnerung bleibt. Die cool-jazzige Musik von David Holmes assoziiert alte Kriminalfilme aus den Siebzigern und verleiht dem Film ein ganz gewisses, wohliges Flair. Auch die körnige Bildgestaltung, die teilweise schon ein Markenzeichen der Filme von Soderbergh ist, trägt zu dieser speziellen Grundstimmung bei. Dies ist jedoch eines der wenigen Kritikpunkte, die im Gesamtkonzept des Films stören. Die manchmal leichten Unschärfen und die sehr grobkörnigen Bilder und die leichten Überbelichtungen sind zwar gewollt, doch manchmal wäre dort weniger mehr gewesen. Sprich etwas klarere und schärfere Bilder hätten der ganzen Bildästhetik gut getan. Die Kameraeinstellungen und Fahrten sind hingegen wohl durchdacht und sehr schön inszeniert.

Insgesamt bietet „Haywire“ jedoch nicht nur eine äußerst kurzweilige Unterhaltung, sondern lässt einen auch richtig hinein versinken in die Geschichte und deren Bilder. Neben der Regie führte Soderbergh auch selbst die Kamera (unter dem Pseudonym Peter Andrews, das er immer wieder verwendet) und auch der Schnitt stammt aus seiner Feder (hier ist es Mary Ann Bernard hinter der er sich versteckt). Gedreht wurde das ganze wieder auf der digitalen Filmkamera RED, die auch schon seit einiger Zeit zu seinem Stamm-Equipment gehört.

Tolle Schauspieler, unterhaltsame Action-Szenen und ein wundervoll gestaltetes Bild- und Tonkonzept machen „Haywire“ zu einem tollem Kinovergnügen für Jung und Alt.

 

„Haywire“; USA (2011); 93 Min.; D: Steven Soderbergh; C: Gina Carano, Michael Fassbender, Ewan McGregor, Michael Douglas, Antonio Banderas, Bill Paxton M: David Holmes

 

6 von 7 Sternen

Alexander George

Death Proof

Stuntmen Mike (Kurt Russell) ist Besitzer eines furchterregenden Autos. Als er in einer Bar auf ein Frauen-Trio trifft wird den Mädchen schnell klar mit was für einem verrückten Typen sie es zu tun haben.

Quentin Tarantino´s „Death Proof“ ist eine Hommage an das B-Movie- und Exploitationfilm-Genre der 60er und 70er Jahre. Exploitationfilm bedeutet laut Marcus Stiglegger „eine kategorisierende Bezeichnung für Filme, die reißerische Grundsituationen ausnutzen, um mittels der exploitativen Darstellung vornehmlich von Sex und Gewalt über die damit erreichten Schauwerte affektiv auf den Zuschauer zu wirken.“ Zusammen mit seinem Regie-Freund Robert Rodriguez brachte er den Film als ein Teil des Double Features „Grindhouse“ ins Kino. Rodriguez produzierte zeitgleich den Film „Planet Terror“.

Tarantino baute auch bei „Death Proof“ auf seine bewährte Rezeptur, die aus Film-Hommagen, alt-bekannten Darstellern und längst vergessenen One-Hit-Musiken besteht. Klar besitzen seine Filme einen starken Wiedererkennungswert und er konnte so schon des öfteren einen alten Hype wieder aufleben lassen. Doch diesmal geht seine Rechnung überhaupt nicht auf. Allein der Beginn des Films, der aus den typischen langen Dialogen besteht, ist schlichtweg langweilig. Diese Langeweile wiederholt sich mehrmals während des gesamten Films. Die Idee den Look der 1970er Jahre zu imitieren, also das gealterte Aussehen des Films künstlich mit Kratzern und Streifen sowie Schnittsprüngen zu versehen, mag zwar ein guter Einfall sein wirkt letztendlich aber nur aufgesetzt. Das Product-Placement ist ebenfalls ein Dorn im Auge. Hier hat man die Produkte offensichtlich als Eye-Catcher platziert, ohne an eine geeignete Einarbeitung in die Geschichte zu denken. Quasi mit der „Hau-Drauf-Methode“. Eine spezielle und spektakuläre Stunt-Szene mit einer Auto-Verfolgungsjagd in dem eine Frau auf den Vorderkühler sitzt ist zwar technisch brillant inszeniert worden aber inhaltlich völlig überflüssig und unlogisch. Die einfachste Lösung wäre gewesen: der Wagen hätte locker anhalten können. Trotz allem sorgt der Film für einige lustige Überraschungen, diese sollen jedoch nicht vorweggenommen werden. Im Gesamtbild bleibt es leider einer der schwächsten Filme von Tarantino. „Death Proof“ ist nicht unterhaltsam und wirkt (auch wenn das Absicht ist) einfach zu unglaubwürdig. Da kann noch nicht einmal die schauspielerische Leistung von Kurt Russell darüber hinwegtrösten: Schade!

 

„Death Proof – Todsicher“ („Grindhouse: Death Proof“); USA (2007); 109 min; D: Quentin Tarantino; C: Kurt Russell, Rosario Dawson, Vanessa Ferlito, Jordan Ladd, Sydney Tamiia Poitier, Quentin Tarantino, Rose McGowan, Tracie Thoms, Mary Elizabeth Winstead, Zoë Bell; M: diverse

 

1 von 7 Sternen

Alexander George