Regression

1990 irgendwo in einer Kleinstadt in Minnesota. Die junge Angela (Emma Watson) beschuldigt ihren Vater John Gray des sexuellen Missbrauchs. Sie flüchtet in die Kirche des kleinen Ortes und sucht Schutz bei dem dortigen Pfarrer (Lothaire Bluteau). Der Vater, ein stadtbekannter Trinker (David Dencik) stellt sich der Polizei und will kooperieren. Er gesteht die Tat, aber kann sich nicht mehr richtig daran erinnern.

Den Fall übernimmt der einzige smarte Polizist des Ortes, Bruce Kenner (Ethan Hawke). Gemeinsam mit dem angesehenen Psychologieprofessor Kenneth Raines (David Thewlis) ermittelt Kenner. Bald schon kommen beide an ihre seelischen Grenzen. Dann schlägt Raines vor die Regressionstherapie bei Angelas Vater anzuwenden.

Die Erkenntnisse, die sie dabei gewinnen, sind erschütternd. Offenbar existiert im Ort eine satanistische Sekte. Schon bald erhält Kenner Morddrohungen, wird von Albträumen geplagt und kann nicht mehr zwischen Wahrheit und Wahnvorstellungen unterscheiden.

Drehbuch und Regie übernahm der renommierte Regisseur Alejandro Amenábar. An der Kamera fungierte der erfahrene, aus Barcelona stammende Daniel Aranyó (u. a. “Biutiful“). Der stimmige Soundtrack von Roque Baños rundet das Werk ab.

Ethan Hawke, am Rande des psychologischen Kollaps, interpretiert die Rolle des verbissenen und nicht aufgebenden Polizisten, der sich auch nicht von den Drohungen und offener Gewalt einschüchtern lässt, auf hervorragende Art und Weise. Eine sehr beeindruckende Leistung! Daneben wirkt Emma Watson fast ein wenig zurückhaltend, was aber dieser Rolle ganz entspricht. Es war sicherlich für beide keine leichte Filmarbeit.

Nichts für schwache Nerven. Eigene Albträume danach sind nicht auszuschließen. Trotzdem – empfehlenswert.

 

 

5,5 von 7 Sternen ★★★★★ ½★

Rick Deckard

 

 

Titel: „Regression“
Herstellung: Spanien/Kanada 2015
Länge: 1h 46min
Regie: Alejandro Amenábar
Darsteller: Ethan Hawke, Emma Watson, David Thewlis, u.v.a.
Drehbuch: Alejandro Amenábar
Musik: Roque Baños
Kamera: Daniel Aranyó
Schnitt: Carolina Martinez und Urbina

Link zu „Regressionstherapie“ – z. B. Wikipedia (u.v.a.m.)

Emma Watson und David Thewlis standen in vier Harry-Potter-Filmen gemeinsam vor der Kamera!

Der Inhalt des Films beruht auf einer wahren Begebenheit in Minnesota Anfang der 90er!

7 Tage in Entebbe

Ende Juni 1976 entführten 3 Männer und eine Frau die Air France Airbus A300 Maschine AF139 auf ihrem Flug von Tel Aviv über Athen nach Paris. 2 Männer waren palästinensische Terroristen der PFLP, der dritte Mann war der Deutsche Wilfried Böse, die Frau die Deutsche Brigitte Kuhlmann. Böse war ein Mitbegründer der „Revolutionären Zellen“ und pflegte Kontakte zur RAF mit Andreas Baader und Ulrike Meinhof.

Die Maschine wurde zuerst nach Benghazi, Libyen umgeleitet, nachdem die Entführer die Kontrolle übernommen hatten, und flog am Abend des 27. Juni 1976 nach Entebbe, der damaligen ugandischen Hauptstadt, mit ausdrücklicher Genehmigung des damaligen Diktators Idi Amin, dem sogenannten „Schlächter von Afrika“.

Die Palästinenser wurden befehligt von Wadi Haddad, dem Führer des militärischen Arms der PFLP. Geboren 1927 in Safed (heute Israel), flüchtete er 1948 mit seiner Familie in den Libanon. An der Amerikanischen Universität Beirut studierte Haddad Medizin. Und traf dort zum ersten Mal auf George Habash. Mit ihm gründete er die „Bewegung der arabischen Nationalisten“, die später den Kampf gegen Israel aufnahm und in die PFLP mündete.

Auf dem Flughafen von Entebbe trennten die palästinensischen Terroristen die israelischen Fluggäste von den anderen Passagieren. Letztere wurden freigelassen und durften von einer zweiten Air France Maschine abgeholt werden. Nunmehr formulierten die Kidnapper ihre Forderungen – Freilassung von rund 50 Palästinensern in israelischen Gefängnissen und die Haftentlassung von Baader und Meinhof! Von nun an stellte sich für die Israelische Regierung die Frage: mit den Terroristen verhandeln (was Israel bisher immer kategorisch abgelehnt hatte), oder welche Alternative gab es? Wäre eine militärische Befreiungsaktion in Entebbe, knapp 4000 Flug-Kilometer von Israel entfernt, eine realistische Option?

Dieses dramatischen Ereignisse setzte der brasilianische Regisseur José Padilha in diesem Film erneut um. Denn bereits 1976 wurde der Stoff mit Richard Dreyfuss, Anthony Hopkins und Burt Lancaster sowie Elizabeth Taylor verfilmt (als TV-Film). Und erneut 1977 mit Charles Bronson und Horst Buchholz in den Hauptrollen.

In vorliegenden Film verkörpert Daniel Brühl den deutschen Terrorristen und Hijacker Wilfried Böse. Der Film zeigt sehr deutlich das Dilemma der extremen Linken. Als ein jüdischer Passagier Böse/Brühl seine KZ-Nummer auf dem Arm zeigt, regen sich bei ihm erste Zweifel. Einerseits für die Rechte der vertriebenen Palästinenser einzutreten heißt gleichzeitig gegen Juden bzw. Israelis zu sein. Und dann wäre man, logisch konsequent, auf einer Stufe mit den Neo-Nazis. Was kaum im Sinne der Linken Alternativen sein kann. So beginnt Brühl im Film zu zaudern, insbesondere als er realisiert, dass es seinen palästinischen „Kameraden“ ausschließlich um die jüdischen Passagiere geht.

Eine Spannung vermag der Regisseur jedoch nicht zu erzeugen. Die Handlung wirkt eher im dokumentarischen Stil gedreht. Man kann nur vermuten, dass dies auch die Absicht von José Padilha war.

Hervorragend: Schnitt durch Routinier Daniel Rezende („City of God“).

Ein Rätsel bleibt, warum die Deutsche Brigitte Kuhlmann von einer Engländerin gespielt wurde. Denn in den Szenen, in den Brühl und Pike Deutsch miteinander sprechen, ist – bei allem Bemühen – ihr leichter Akzent zu hören. Unnötig.

Durchaus eine fesselnde und hoch interessante Geschichtsstunde, ohne reißerisch zu sein.

Ein absolutes Highlight ist die Filmszene am Ende des Werks. Eine ganz besondere Idee, die der Regisseur geschickt umsetzte, sehr beeindruckend. So gelingt es mit großem Geschick den Schrecken der letzten dramatischen Minuten beim Zuschauer zu mindern. Bravo!

4 von 7 Sternen ★★★★

Walter George

Titel: „7 Days in Entebbe“
Herstellung: USA/United Kingdom 2018
Länge: 1h 46min
Regie: José Padilka
Darsteller: Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan, u.v.a.
Drehbuch: Gregory Burke
Musik: Rodrigo Amarante
Kamera: Lula Carvalho
Schnitt: Daniel Rezende

The Railway Man

Ein Film über Krieg und Frieden, über Schuld, Sühne und Vergebung, über das Vergessen und die Erinnerung. Getragen wird diese auf Tatsachen beruhende Geschichte von dem englischen Star-Darsteller Colin Firth. Neben ihm brillieren Nicole Kidman als seine Frau und Stellan Skarsgård als sein früherer Vorgesetzter und jetzige Freund. Regisseur Jonathan Teplitzky erzählt das Leben eines Mannes, der im Zweiten Weltkrieg als Gefangener der Japaner schlimmste Folter überstehen musste. Noch nach vielen Jahre zurück in England wird Eric Lomax die Geister der Vergangenheit nicht los. Und droht daran zu zerbrechen.

Eric ist Eisenbahn-Enthusiast. Deshalb nannten ihn seine Freunde schon in jungen Jahren den „Railway Man“. Auf einer Fahrt 1980 lernt er Patti kennen. Er ist ein wenig unbeholfen und schüchtern, Patti hingegen, die ehemalige Krankenschwester, ist geistreich, optimistisch und steht mit beiden Beinen im Leben. Eric und Patti heiraten, und es scheint, Eric könnte seine Vergangenheit und die Erinnerung daran abschütteln durch die Liebe zu seiner Frau und ihre Liebe zu ihm. Doch schon bald holen ihn die Alpträume wieder ein.

Die Geschichte des Films basiert auf den Lebenserinnerungen des realen Eric Lomax. Geboren am 30. Mai 1919 in Edinburgh, diente der Schotte in der englischen Armee und geriet 1942 in Singapur in japanische Kriegsgefangenschaft. Dort arbeitete er unter schlimmsten Bedingungen, zusammen mit tausenden seiner englischen Kameraden, an der Eisenbahnlinie von Thailand nach Burma. Tägliche Gewalt und später Folter prägten diese Zeit.
Derselbe Eisenbahnbau diente dem Klassiker „Die Brücke am Kwai“ als Hintergrund. In der Tat kommt im Film „The Railway Man“ der Fluss Kwai ebenfalls vor.
Eric Lomax starb am 8. Oktober 2012 93-jährig in den Armen seiner geliebten Frau Patti in Berwick-Upon-Tweed (England). Über seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg in Südostasien schrieb er zwei Bücher.

Der Film beginnt mit der Szene, in der sich Eric und Patti im Zug kennenlernen. Danach werden in Rückblenden immer wieder die Ereignisse der Jahren 1942 bis 1945 (Kapitulation Japans) gezeigt, die Eric durchlitt. Und wir erleben die schmerzvolle Traumabewältigung dieses starken Mannes, mit Hilfe seiner Frau und seines Freundes Finlay (Stellan Skarsgård).

Schöne, ja geradezu faszinierende Bilder aus dem England der 80er Jahre, und von der Dschungelhölle in Siam der 40er Jahre von Kameramann Garry Phillips („Candy“ mit Heath Ledger); hervorragende Bild-Schnitte (Martin Connor) und dazu die sinnliche Musik von David Hirschfelder („Australia“, „The Dressmaker“), unter anderem mit Kompositionen von Dmitri Shostakovich. Unter der Regie eines erfahrenen Filmemachers – man hätte die Lebenserinnerungen des Eric Lomax nicht besser umsetzen können.

Fesselnde Darstellung einer posttraumatischen Belastungsstörung.

4,5 von 7 Sternen ★★★★ ½ ★

Walter George

Titel: „The Railway Man“
Herstellung: Schweiz/Großbritannien/Australien 2013
Länge: 1h 56min
Regie: Jonathan Teplitzky
Darsteller: Colin Firth, Nicole Kidman, Stellan Skarsgård, u.v.a.
Drehbuch: Frank Boyce u. Andy Paterson; basierend auf dem Buch von Eric Lomax
Musik: David Hirschfelder
Kamera: Gary Phillips
Schnitt: Martin Connor

Gewann bei den Australian Academy of Cinema and Television Arts (AACTA) Awards zwei Preise, in den Kategorien „Best Adapted Screenplay“ und „Best Original Music Score“. Ferner nominiert in den Sparten Best Film – Best Cinematography – Best Sound – Best Costume Design.

Ferner nominiert bei den Australian Screen Sound Guild Awards als „Feature Film Soundtrack of the Year“!

PS: Erst seit einigen Jahren ist diese Krankheit weithin anerkannt. In Deutschland nannte man die Soldaten, die entsprechend aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrten, abschätzig „Kriegszitterer“.

The Dressmaker

1951. Irgendwo im australischen Outback. Ein kleine, schmutzige und einsame Stadt. Einige Wohnhäuser, die Polizeistation, das Rathaus, der Laden. An einem Abend, es ist schon dunkel, steigt aus dem Zug eine junge Frau mit wenig Gepäck. Sie ist elegant gekleidet, makellos frisiert und trägt Make-up. Zunächst einmal zündet sie sich eine Zigarette an und schaut in die Runde. Dann sagt sie „I‘m back, you bastards!“

Myrtle, die sich jetzt Tilly nennt, kehrt nach 25 Jahren in ihren Geburtsort zurück. Damals geschah das Unglück – der kleine Stewart Pettyman, Sohn des Bürgermeisters und seiner Frau Marigold, verunglückte tödlich. Als Täterin wurde Myrtle, das kleine Mädchen, überführt und verbannt. Über Melbourne kam sie nach Madrid, Mailand und schließlich nach Paris. Dort stieg sie auf in die erste Riege der Haute Couture mit ihren Kreationen.
Und jetzt ist Myrtle zurück – um sich an diesem Ort und seinen Bewohnern zu rächen.

Auf subtile Weise nimmt sie langsam die Frauen mit ihren wunderschön geschneiderten Kleidern für sich ein. Und die Männer sind nicht einmal mehr in der Lage ordentlich Rugby zu spielen, wenn Myrtle in einem aufreizenden Kleid am Spielfeldrand zuschaut.

Ein Drama, das besticht durch seine Charaktere: die coole Myrtle (Kate Winslet, eine souveräne Vorstellung), die völlig heruntergekommene im Dreck sitzende Mutter Molly, die ihre eigene Tochter verleugnet (exzellent gespielt von Judy Davis, eigentlich ist sie der Star dieser Erzählung), der Polizist der seinerzeit Myrtle überführen konnte und immer mal gern Frauenkleidung trägt (Hugo Weaving, wundervoll), Teddy der Sportler und scheinbare Gutmensch (Liam Hemsworth), der zwielichtige Bürgermeister Evan Pettyman (Shane Bourne), das hässliche Entlein Gertrude ‚Trudy‘ (Sarah Snook) – alle haben etwas zu verbergen und alle haben viel zu verlieren.
Da wurde jede Rolle bestens besetzt, ein Glücksfall.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman der Australierin Rosalie Ham. Das Drehbuch schrieb dann der aus Brisbane stammende P. J. Hogan. Er hatte seinen großen Erfolg mit dem Script für „Muriels Hochzeit“.

Gute Inszenierung von Jocelyn Moorhouse, die 1960 in Melbourne zur Welt kam. Ihr Durchbruch als Regisseurin gelang ihr 1995 mit „How to Make an American Quilt“ mit Wynona Ryder, Ellen Burstyn und Anne Bancroft!

Die Schwäche des Films rührt von der Tatsache dass er sich nicht ganz entscheiden kann – ruhiges Aufklärungsdrama, blutiger Rache-Feldzug oder CrimCom (criminal comedy). Einige Szenen, die zum Schmunzeln einladen, scheinen nicht hinein zu passen. Elles und jeder in diesem Film scheint verrückt zu sein. Myrtle/Tilly selbst glaubt, sie sei verflucht – und die Ereignisse scheinen ihr Recht zu geben.

Trotzdem, eine gute Story mit überraschenden Wendungen. Eine hochkarätige Auswahl an Schauspielern, eine solide Regie-Arbeit. An der Kamera der erfahrene Donald McAlpine (ebenfalls geboren in Australien), Musik vom Routinier David Hirschfelder (aus Ballarat, Australien!) (Filmmusik komponiert u. a. für Shine, Australia, The Railway Man).

Faszinierende Aufarbeitung eines Verbrechens, das viele Jahre her ist. Und trotz allem seitdem wie eine Schatten auf diesem gottverlassenen Nest im Nirgendwo liegt. Und am Ende ist nichts mehr wie es wa(h)r.

Die Kritiken zum Film waren durchaus ambivalent geprägt. So vergab „The Guardian“ lediglich 2 von 5 möglichen Sternen. Der Kritiker des „Hollywood Reporter“ definierte sein Urteil über den Film als „a glossy, goofy, guilty pleasure“.
Und die Roger-Ebert-Seite zog das Fazit: „I can’t say this is the best film you will see all year, but I can assure you won’t see another one like it again for a long time.“ (Zweieinhalb Sterne von vier möglichen.)

Eine Empfehlung von ‘Filmsicht‘ für einen spannenden und überraschenden Film-Abend.

5 von 7 Sternen ★★★★★

Rick Deckard

Titel: „The Dressmaker“
Herstellung: USA 2015
Länge: 1h 59min
Regie: Jocelyn Moorhouse
Darsteller: Kate Winslet, Judy Davis, Liam Hemsworth, Hugo Weaving, u. v. a.
Drehbuch: P.J. Hogan u. Jocelyn Moorhouse; nach einem Roman von Rosalie Ham
Musik: David Hirschfelder
Kamera: Donald McAlpine
Schnitt: Jill Billcock

Australien jubelte. Bei den ‘Australian Academy Awards 2016‘ erhielt „The Dressmaker“ folgende Preise:

• Winner Favourite Australian Film (Audience Choice Award)
• Best Lead Actress – Kate Winslet
• Best Supporting Actress – Judy Davis
• Best Supporting Actor – Hugo Weaving
• Best Costume Design

Ferner waren nominiert:

• Best Film
• Best Direction
• Best Cinematography
• Best Editing
• Best Sound
• Best Original Music Score
• Best Production Design
• Best Supporting Actress – Sarah Snook

Anmerkung:
Dies ist Jocelyn Moorhouse‘ erster Film seit 18 Jahren („A Thousand Acres“, 1997). Moorhouse ist verheiratet mit Autor und Regisseur P. J. Morgan. Sie haben zwei Kinder. Beide Kinder sind Autisten. Deshalb hat Jocelyn Moorhouse es vorgezogen, sich um ihre Sprösslinge zu kümmern.

Unsane

Sawyer Valentini (Claire Foy) möchte in einer anderen Stadt ein neues Leben beginnen, nachdem sie einem Stalker zum Opfer gefallen ist. Doch schon nach einiger Zeit landet sie gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Einrichtung und wird dort festgehalten. Doch das ist nur der Anfang…

Über Steven Soderberghs neuen Film wurde schon viel gesagt. Das Wichtigste ist wohl der Fakt, dass der Film komplett auf dem iPhone gedreht wurde. Laut Soderbergh sei das die Zukunft des Kinos. Nun – ganz so kann man es nicht sehen. Sicherlich passt zu Filmen dieser Art (Horror-Thriller) ganz hervorragend dieser raue, billige Bildlook. Doch ob nun sämtliche Filme in Zukunft auf dem Smartphone gedreht werden, ist stark anzuzweifeln. Es stört jedoch, dass fast alles im Bild immer scharf ist. Man vermisst die Schärfentiefe. Natürlich, was soll man auch von einer Smartphone-Kamera erwarten? Der Fakt, dass jede*r die Möglichkeit hat heutzutage kostengünstig einen Film zu drehen und selbst über das Internet zu publizieren, ist natürlich als Fortschritt nicht von der Hand zu weisen. Aber ob jeder Kinogänger nun auf tolle Einstellungen, welche mit einer Profikamera gedreht werden, verzichten möchte, kann man wohl bezweifeln.

Die Idee der Geschichte ist interessant. Der Film ist stellenweise überraschend brutal und hat einige Längen. Wer sich an „Blair Witch Project“ erinnert wird von der Machart einiges wiedererkennen. Funfact: Der Darsteller Joshua Leonard, der die Rolle des David Strine spielt, wurde durch „Blair Witch Project“ berühmt. Claire Foy macht ihre Sache schauspielerisch extrem gut und die Musik ist wunderbar minimalistisch eingesetzt worden. Es gibt eine glanzvolle Szene, wo eine „Drogenerfahrung“ mit Kamera & Sound nachempfunden wird, die wirklich sehr beeindruckend ist. Eine Folter auch für den Zuschauer, aber im positiven Sinn.

Insgesamt ist der Film eine große Enttäuschung. Warum? Nur aus einem Grund: weil es kein Steven Soderbergh Film ist! Als guter Horrorthriller würde der Film allemal durchgehen. Aber wo sind die coolen Schnitte, die typischen Soderbergh Kameraeinstellungen und die Komplexität der Story, die man sonst von ihm gewohnt ist? Fehlanzeige. Schade. Hoffentlich werden jetzt nicht alle Filme von ihm auf dem iPhone gedreht, dann können wir wohl keine Meisterwerke von ihm in nächster Zeit erwarten…

 

2 von 7 Sternen ★★

Alexander George

Titel: „Unsane“

Herstellung: USA 2018

Länge: 98 min

Regie: Steven Soderbergh

Darsteller: Claire Foy, Joshua Leonard, Jay Pharoah, Juno Temple, Aimee Mullins, Amy Irving

Drehbuch: Jonathan Bernstein, James Greer

Musik: David Wilder Savage

Kamera: Peter Andrews

Schnitt: Mary Ann Bernard

Kong – Skull Island

1944. Im Südpazifik tobt der Zweite Weltkrieg zwischen Japan und den USA. Nach einem Luftkampf stürzen ein amerikanischer und ein japanischer Pilot über einer Insel ab.

29 Jahre später. Ein Forscherteam um Bill Randa (John Goodman) setzt in Washington durch, die Insel „Skull Island“ zu erforschen. Schutz erhält die Truppe von einer Militär-Einheit, die gerade aus dem Vietnamkrieg (!) zurückgekommen ist. Ferner dabei der anerkannte Kriegsveteran und Fährtenleser Captain James Conrad (Conrad = !! – siehe unten) (gespielt von Tom Hiddleston) und die Fotografin Mason Weaver. Die Schutztruppe wird geleitet von Lieutenant Colonel Packard (Samuel L. Jackson).

Spannender Neu-Aufguss der bekannten Kong-Filme. Allerdings mit ganz neuer, und recht interessanter Story, die fast ausschließlich auf der Insel spielt.

Beeindruckende Tricks. Und die Kamera mit dem erfahrenen Larry Fong (u. a. „300“, TV-Serie „Lost“, „Super 9“) fängt wahnsinnig schöne Landschaften ein. Gedreht wurde ein Großteil der Aufnahmen pikanterweise in Vietnam, u. a. in der weltberühmten Halong-Bucht (UNESCO Weltkulturerbe; lohnt sich, falls nicht bekannt, bei Google-Bilder aufzurufen) und im Nationalpark Phong Nha-Kè. Die Behörden gestatteten die Dreharbeiten ohne Zahlung von Gebühren, dafür hinterließ die Crew sämtliche Filmkulissen, die heute als Sehenswürdigkeiten für Touristen dienen. Ferner drehte man auf Hawaii und an der australischen Gold Coast.

Die Musik steuerte Henry Jackman bei. In einer besonders spektakulären Action-Szene mit den Helikoptern hört man Black Sabbath mit dem Titel „Paranoid“ – einfach genial.

Guter spannender Action-Film mit patenter Geschichte. Regie führte Jordan Vogt-Roberts, bisher wenig erfahren, doch hier mit viel Verve und Temperament.

Die Fahrt auf dem Fluss in „Kong – Skull Island“ könnte man als Referenz an den Film „Apocalypse Now“ bzw. an Joseph Conrads Buch „Das Herz der Finsternis“ interpretieren. Und den etwas verwirrten Hank Marlow (John C. Reilly) könnte man als eine (sehr milde) Form des Col. Kurtz auslegen. Eine Verbeugung vor diesem großartigen Anti-Kriegsfilm? Dazu passt die Szene am Beginn mit der Fotografin Mason Weaver (Brie Larson). Frage: „Sind Sie Kriegsberichterstatterin?“. Antwort von ihr: „Nein. Ich bin Anti-Kriegsbericht-erstatterin.“!

Und wer zum Ende das Kino verlässt während die „Credits“ noch laufen hat den Cliffhanger zum Schluss verpasst.

4 von 7 Sternen ★★★★

Rick Deckard

 

Titel: „Kong: Skull Island“

Herstellung: USA 2017

Länge: 1h 58min

Regie: Jordan Vogt-Roberts

Darsteller: Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, Brie Larson, John C. Reilly,

John Goodman, u.v.a.

Drehbuch: Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly

Musik: Henry Jackman

Kamera: Larry Fong

Schnitt: Richard Pearson

Nominiert für einen Oscar: in der Kategorie “Best Achievement in Visual Effects“.

Slow West

Die Geschichte spielt Ende des 19. Jahrhunderts im mittleren Westen Nordamerikas, dessen Besiedlung weitestgehend abgeschlossen ist. Trotzdem ist im Wilden Westen noch keine staatliche Ordnung hergestellt.

Jay (Kodi Smit-McPhee), 16-jähriger Sprössling einer wohlhabenden schottischen Familie, ist allein auf der Suche nach seiner Liebe Rose. Sie ist ein armes Bauernmädchen aus ihrem gemeinsamen Heimatdorf und kürzlich mit ihrem Vater ins gelobte Land ausgewandert, um dort ein besseres Leben zu finden als im heimatlichen Schottland.

Jay ahnt nicht in welche Gefahr er sich beginnt. Dann läuft ihm der Kopfgeldjäger Silas (Michael Fassbender) über den Weg. Silas bietet Jay seinen Schutz an, will aber dafür bezahlt werden. Jay lässt sich überzeugen, dass er nur so eine Chance hat Rose zu finden und bis dahin überhaupt am Leben zu bleiben. An einer kleinen Handelsstation machen die beiden Rast und kaufen Lebensmittel für die weitere Reise. Unbemerkt von Jay entdeckt Silas einen Steckbrief, auf dem Rose und ihr Vater gesucht werden. Dies ändert alles, denn plötzlich hat Silas ein sehr großes Interesse daran, die beiden zu finden.

Die Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen beginnt, gemessen an der Größe des Landes. Und gleichzeitig müssen sie sich der Verfolgung durch Indianer, abtrünnige Soldaten und Wölfen erwehren.

Der Titel des Films ist Programm. Eine ruhig und unverkrampft erzählte Geschichte aus dem zu Ende gehenden Wilden Westen. Zu einer Zeit, in der Staaten wie Arkansas, Kalifornien und New Mexiko im Begriff waren, den Vereinigten Staaten von Amerika beizutreten.

Slow West“ unterscheidet sich erfreulich von den üblichen Western. Die Landschaften, die wir hunderte Male gesehen haben, kommen hier nicht vor. Stattdessen sonnendurchflutete lichte Wälder, große Grasebenen mit einzelnen Büschen und Bäumen. Sanfte Hügel. Mit Gelassenheit erzählt uns John Maclean in seinem Regiedebüt eine Liebesgeschichte mit völlig offenem Ausgang.

Maclean, geboren in Perth / Schottland, stammt eigentlich aus der Musik-Szene und spielte in Bands wie „The Beta Band“ und „The Aliens“. Seinen ersten Kurz-Doku-Film „Man on a Motorcycle“ drehte er mit Michael Fassbender, komplett gefilmt mit einem Mobile-Phone!

Für ‚Slow West‘ wurde die Anfangssequenz in Schottland gedreht, und der gesamte restliche Film in Neuseeland. Dies erklärt auch diese wundervolle, etwas andere landschaftliche Schönheit!

Alle typischen Rituale eines Western fehlen hier komplett, ohne dass man sie vermisst.

Regie-Neuling John Maclean hat es vermocht einen Western einmal ganz anders umzusetzen. Mit wunderschönen Bildern von der Natur und den dort lebenden Menschen. In ihrer neuen Heimat, die ihnen viel abverlangt. Und die im Herzen immer noch Schotten, Iren oder Deutsche sind.

Maclean konnte auch mit dem guten Script zum Film punkten. Abgerundet wird der Film durch ruhige einfühlsame Musik von Jed Kurzel und schönen Bildern des erfahrenen Kameramanns Robbie Ryan.

Hervorragend Michael Fassbender, der kühl, lässig und ohne zu zögern seine Ziele verfolgt. Und trotzdem mit einer gewissen Herzenswärme den jungen Jay unterstützt und beschützt. Kodi Smit-McPhee bleibt etwas blass und hat schauspielerisch noch ‚Luft nach oben‘. Als kleiner Sohn von Viggo Mortensen in dem Endzeit-Thriller ‚The Road‘ (2009) hatte er uns bezaubert. In ‚ParaNorman‘ lieh er Norman seine Stimme.

Der Darsteller des Payne (Nomen est omen) wird gespielt von Ben Mendelsohn, den wir kürzlich auch in „Rogue One: A Star Wars Story“ sehen konnten.

Als Western-Fan muss man diesen Film nicht unbedingt mögen. Die Geschichte hätte ebenso gut zur selben Zeit in Europa spielen können.

Deshalb gerade auch für Zuschauer, die weniger Western-interessiert sind, einen Abend wert. Aber geschossen und gestorben wird trotzdem!

Slow West“ gewann auf Festivals mehrere Preise. Unter anderem auf dem „Catalonian International Film Festival“ in Sitges bei Barcelona den Preis für „Best Director“.

 

5 von 7 Sternen ★★★★★

Rick Deckard

Titel: „Slow West“

Herstellung: USA 2015

Länge: 1h 24min

Regie: John Maclean

Darsteller: Michael Fassbender, Kodi Smit-McPhee, Ben Mendelsohn, Caren Pistorius, u.v.a.

Drehbuch: John Maclean

Musik: Jed Kurzel

Kamera: Robbie Ryan

Schnitt: Roland Gallois und Jon Gregory

Filmsicht – Würdigung

Diese Filmschaffenden haben uns in 2017 für immer verlassen:

Roger Moore (*14.10.1927 – †23.05.2017)

Roger Moore und James Bond werden für immer untrennbar miteinander verbunden bleiben. Für viele war er der beste Bond jemals. Charmant, witzig und immer mit einem Hauch von Sarkasmus. Aber er wirkte auch in rund 90 anderen Filmen mit. Bemerkenswert der erfolgreiche Film „The Wild Geese“ mit Richard Burton und Richard Harris als Söldnertruppe in Afrika. Später widmete er sich ganz seiner Aufgabe als UN-Sonderbotschafter für das Kinderhilfswerk UNICEF.

Lola Albright (*20.07.1924 – †23.03.2017)

Lola Albright spielte in Filmen und vor allem in vielen Fernseh-Serien. Darunter waren „Bonanza“, „Solo für O.N.K.E.L.“ („The Man from U.N.C.L.E.“) und vor allem „Peyton Place“, in der u. a. auch Ryan O‘Neal und Mia Farrow mitwirkten. Ihr letzter Kinofilm war „The Impossible Years“ neben Weltstar David Niven 1968.

John Heard (*07.03.1946 – †21.07.2017)

John Heards wohl bekannteste Rolle war die des Vaters von Kevin in „Home Alone“. Heard war überaus fleißig in seinem Beruf: er spielte in 180 Filmen und Serien mit! In „Big“ neben Tom Hanks, in „The Guardian“ neben Kevin Costner. In „Heartbeat“ (1980) spielte er mit Nick Nolte und Sissy Spacek und verkörperte den Dichter Jack Kerouac. Neben den Filmen war das Theater seine große Leidenschaft.

John Hurt (*22.01.1940 – †25.01.2017)

Der englische Schauspieler (geb. in Chesterfield) kam über das Theater und Fernsehen schließlich zum Film. Eine seiner ersten großen Rollen in Hollywood war David Lynch‘ „Der Elefantenmensch“, gemeinsam mit Ikonen Anthony Hopkins und Anne Bancroft. Hurt konnte in über 200 Filmen seine darstellerischen Künste beweisen. Die letzten Zeugnisse lieferte er in „Jackie“ (mit Natalie Portman) und in „That Good Night“, in dem er gewissermaßen sich selbst spielt, einen alternden Drehbuchautoren, der weiß dass er bald sterben wird.

Jonathan Demme (*22.02.1944 – †26.04.2017)

Demme war einer der großen Regisseure Hollywoods. Seine erfolgreichsten Filme waren zweifellos „Das Schweigen der Lämmer“ (1991) und „Philadelphia“ (1993). „Das Schweigen der Lämmer“ gewann 5 Oscars, einen davon erhielt Jonathan Demme für die beste Regiearbeit. „Philadelphia“ räumte immerhin noch 2 Oscars ab (für Tom Hanks in der Hauptrolle und für die Musik von Bruce Springsteen). Dieser Film vermochte das Thema Aids in die breite Öffentlichkeit zu bringen. Als Regisseur hinterläßt er ein Werk von 64 Kino-Filmen, TV-Filmen und Dokumentationen.

Michael Ballhaus (*05.08.1935 – †11.04.2017)

Der geborene Berliner Ballhaus war einer der besten Kameramänner, die Deutschland je hervorgebracht hat, und gehörte in seinem Beruf zur Elite Hollywoods. In 124 Filmen führte er die Kamera. Doch es reichte leider nie zu einem Oscar-Gewinn, immerhin aber zu drei Nominierungen. Einige „seiner“ Werke: „Die Farbe des Geldes“ (mit Paul Newman und Tom Cruise), der Mafia-Klassiker „Good Fellas“ unter der Regie von Martin Scorcese“, „Sleepers“ und „Departed“ (Leonardo diCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson). Michael Ballhaus starb im Alter von 81 Jahren in seiner Heimatstadt.

Molly Peters (*15.03.1942 – †30.05.2017)

Ihr größter und einziger Erfolg war (im Alter von 23 Jahren) ihr Auftritt als Bondgirl Patricia neben Sean Connery in „Thunderball“ (1965), dem vierten Bond in der Serie und dem vorletzten mit Connery. Immerhin wurde ihre Massage-Szene später in „Sag Niemals Nie“ von Kim Basinger nachgebildet! Ihren letzten Film drehte Peters bereits 1968. Sie ging zurück in ihre Heimat England und lebte dort mit Ihre Familie in Suffolk.

Miguel Ferrer (*07.02.1955 – †19.01.2017)

Seine eindruckvollste Rolle spielte er wohl in Steven Soderberghs „Traffic“ (2000). Bereits Anfang der 90er Jahre übernahme er eine Rolle in der Kult-Serie „Twin Peaks“ von David Lynch. Und auch in der dritten Staffel, die 2017 ins Fernsehen kam, verkörperte er erneut den FBI-Agenten Albert Rosenfield. Seine Mutter Rosemary Clooney heiratete José Ferrer (1912-1992) (Filmschauspieler und Oscar-Gewinner!); somit ist George Clooney ein Cousin von Miguel Ferrer. Seine letzte große Rolle spielte er in dem Thriller „Four Assassins“ neben dem Korea-stämmigen Will Yun Lee.

Michael Parks (*24.04.1940 – †09.05.2017)

Parks spielte in 145 Filmen mit. Seinen ersten großen Auftritt hatte er in „From Dusk till Dawn“, dem Action-Horror-Klassiker von Robert Rodriguez, neben Harvey Keitel, George Clooney und Quentin Tarantino. Zu letzterem blieb die Verbindung ein Leben lang und Parks spielte auch in „Kill Bill“ Vol. I und II sowie in „Death Proof“ und „Django Unchained“, zum Teil neben seinem Sohn James. Bis zuletzt drehte Michael Parks Filme, u. a. in 2016 „Blood Father“ mit Mel Gibson und William H. Macy. Seit letztes Projekt „The Summoning“, gemeinsam mit seinem Sohn James, konnte er nicht mehr beenden.

Harry Dean Stanton (*14.07.1926 – †15.09.2017)

Harry Stanton blickte auf ein spannendes Leben zurück: Im Alter von 19 Jahren überlebte er die Schlacht von Okinawa. Seinen ersten Film in Hollywood drehte er dann in 1956, aber es blieben vorerst kleine Rollen. Jedoch mit „Der Pate 2“ (74) und „Alien“ (79) erlangte er Aufmerksamkeit. Vielleicht war sein vorletzter Film „Lucky“ unter der Regie von John Carroll Lynch die beste Darstellung seines Lebens. In rund 200 Filmen wirkte der Mann aus Kentucky mit, immer etwas verwittert und zerknautscht, aber immer hoch professionell. Der Kritiker Roger Ebert sagte einmal über ihn, ein Film , in dem Stanton eine Nebenrolle spiele, könne niemals ein schlechter Film sein. Er war einer der ganz großen in der zweiten Reihe Hollywoods. Bei seinem Freund Jack Nicholson war er Trauzeuge, und mit Sam Shepard war er auch eng befreundet. Neben der Schauspielerei galt seine große Liebe seiner Band „The Harry Dean Stanton Band“, mit deren Mix aus Jazz, Pop und TexMex er und seine Jungs im Großraum Los Angeles oft in Clubs auftraten. Zuletzt sah man Harry Stanton im Fernsehen als Carl Rodd in „Twin Peaks – The Return“.

Sam Shepard (*05.11.1943 – †27.07.2017)

Shepard kam in Fort Sheridan, 30 Meilen nördlich von Chicago, am Michigansee zur Welt. Im Alter von 18 Jahren schloss er sich kurzerhand einer durchreisenden Theater-Gruppe an und tourte zwei Jahre lang. 1970 drehte er seinen ersten low-budget Film in Hollywood. Im selben Jahr war er beteiligt am Drehbuch des Klassikers „Zabriskie Point“ von Michelangelo Antonioni. Viele Scripts folgten, u.a. auch für „Paris, Texas“. Daneben blieb er Schauspieler (Oscar-Nominierung für „The Right Stuff“, in „Schnee, der auf Zedern fällt“ u.v.a.). Sam Shepard aber war auch ein begnadeter Theaterstück-Autor, schrieb Kurzgeschichten und führte bei zwei Filmen Regie. Sein letzter Film, der Thriller „Never Here“, ausschließlich gedreht in New York, wurde in den USA auf den Festivals in L. A. und Chicago gezeigt, ab Oktober 17 dann auch in den Kinos. In Deutschland wurde der Streifen auf dem Oldenburg Film Festival präsentiert. Der ‘Hollywood Reporter‘ urteilte: „A Haunting Lynchian Mystery“.

Jeanne Moreau (*23.01.1928 – †31.07.2017)

Die Französin (aufgewachsen in Monmartre, Paris) hatte ihren ersten großen Erfolg mit „Fahrstuhl zum Schafott“, eine düstere Geschichte über Liebe, Schuld, Sühne und Schicksal. Der erste Film, der komplett von Jazz-Musik (Miles Davis) begleitet wurde. Dieses Werk hatte großen Einfluß auf die Entwicklung des französsichen Nouvelle Vague, und machte den Regisseur Louis Malle zum Star. Moreau (die für Orson Welles die „größte Schauspielerin der Welt“ war), spielte in über 140 Filmen („Jules und Jim“ von Francois Truffaut), den letzten in 2015. Daneben führte sie Regie fürs Kino, wie auch im Theater und für Opern. 1998 erhielt sie einen Oscar für ihr Lebenswerk aus den Händen ihrer engen Freundin Sharon Stone. Zwei Jahre war sie verheiratet mit dem in Chicago geborenen Regisseur William Friedkin (Oscar für „The French Connection“). Jeanne Moreau starb 89-jährig in ihrer Heimatstadt Paris.

Bill Paxton (*17.05.1955 – †25.02.2017)

Seine Schauspielkarriere begann der Texaner Bill Paxton („Wild Bill“ genannt) 1975 und er sollte insgesamt in knapp 100 Filmen mitwirken. In Streifen wie „Terminator“ (84), „True Lies“ (94), „Twister“ (96), „Titanic“ (97) und „Haywire“ (2011) mit Regisseur Steven Soderbergh und „Nightcrawler“ (2014). Paxton war ein All-Rounder, er konnte fast alles am Filmset. Er arbeitete neben der Schauspielerei als Production Designer, Editor, Art Director, Drehbuch-Autor und Produzent. Regie führte er (neben anderem) in zwei Kino-Spielfilmen; einer war „The Greatest Game Ever Played“ (2005) mit Shia LaBeouf und seinem Sohn James Paxton. Bill Paxton hatte das zweifelhafte Glück als 8-jähriger am Straßenrand in Dallas zu stehen als Präsident John F. Kennedy erschossen wurde. Paxton war 30 Jahre verheiratet mit Louise Newbury und hatte zwei Kinder mit ihr: James (*23.2.94) und Lydia (*19.12.97). Er starb im Alter von nur 61 Jahren während einer Herz-Operation in Beverly Grove, Kalifornien.

Rick Deckard

Das Filmjahr 2017 – 10 herausragende Werke

La La Land (D-Start 12.01.17)

Bezauberndes Musical, perfekt gespielt von Emma Stone (und belohnt mit einem Oscar) und Ryan Gosling, zwei junge Musiker und Schauspieler, die im heutigen Los Angeles unbedingt Karriere machen wollen. Wunderbare Musik, eine geniale Kameraführung und einem bravourösen Schnitt. Hätte den Oscar für den Besten Film erhalten sollen! Aber es wurden immerhin noch 6 Auszeichnungen.

Jackie (D-Start 26.01.17)

Einfühlsamer Einblick in die Gefühlswelt der Jacqueline Kennedy nach der Ermordung ihres Mannes John Fitzgerald, der Präsident der Vereinigten Staaten war. Und die ersten Tage danach, mit der Einsicht, dass am Ende jeder Mensch doch ganz allein ist. Eindrücklich gespielt von Natalie Portman. Zur Belohnung gab‘s drei Oscar-Nominierungen für den Film.

Hidden Figures (D-Start 02.02.17)

Faszinierende Biografie dreier Afroamerikanischer Frauen Anfang der 60er Jahre, die als Mathematik-Ikonen der NASA beim Wettlauf um die Vorherrschaft im All auf die Sprünge helfen. Gleichzeitig müssen sie sich im privaten und im beruflichen Leben tagtäglich mit der Rassendiskriminierung auseinandersetzen. Vergessenes aber wahres Kapitel der US-Raumfahrt-Geschichte.

Die Schöne und das Biest (D-Start 16.03.17)

Bunte, fröhliche Umsetzung des bekannten Märchens aus dem Frankreich des 18. Jahrhunderts mit einer jungen selbstbewussten Frau, die ihren Vater aus den Fängen eines Monsters rettet und sich selbst in dessen Hände begibt. Liebenswert und verführerisch gespielt von Emma Watson als Belle. Unterhaltung für die ganze Familie.

Wonder Woman (D-Start 15.06.17)

Eine starke und attraktive Heldin (Gal Gadot) in einem Fantasyfilm der besonderen Art. Das Werk der Amerikanerin Patty Jenkins lässt sich Zeit die Geschichte der jungen Heldin sorgfältig zu entwickeln, und setzt nicht nur auf Action. Gelungene Verfilmung des Comics, der Anfang der 40er Jahre vom Psychologen William Marston, gemeinsam mit seiner Frau, kreiert wurde.

Dunkirk (D-Start 27.07.17)

Beeindruckende Schilderung der Ereignisse im Frühjahr 1940, als rund 400.000 englische, belgische und französische Soldaten an der Atlantik-Küste im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Belgien von deutschen Truppen mit einer Stärke von 800.000 Mann eingekesselt waren. Ihre einzige Rettung: über den Ärmelkanal nach England überzusetzen. Regisseur Christopher Nolan hat sich bei der filmischen Umsetzung der Schlacht, die in die Kriegsgeschichte einging, wieder sein Können eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bester Kriegsfilm seit vielen Jahren.

Logan Lucky (D-Start 14.09.17)

Amüsante Krimi-Komödie vom Meister Steven Soderbergh (sein erster Kino-Spielfilm seit „Side Effects“ 2013) um einen ausgeklügelten Raub während eines Nascar-Rennens. Mit gut aufgelegten Schauspielern, allen voran Daniel Craig und eine spannende Story mit verblüffenden Wendungen. Entertainment at it‘s best.

Blade Runner 2049 (D-Start 05.10.17)

Dystopische Fortsetzung des SciFi-Klassikers „Blade Runner“ aus dem Jahr 1982. Die Hauptrolle phantastisch besetzt mit Ryan Gosling als Officer K, sowie Ana de Armas als Joi. Regisseur Denis Villeneuve vermochte es, dem Original ebenbürtig zu sein. Bester Film des Jahres 2017.

Coco (D-Start 30.11.17)

Amüsante aber auch nachdenkliche Reise in das Reich der Toten, gemeinsam mit einem musikbegeisterten mexikanischem Jungen. Knallbunt, mit viel Humor und Herz – der beste animierte Film 2017.

Star Wars VIII – Die letzten Jedi (D-Start 14.12.17)

Im neuen Teil der Sternen-Saga nimmt die Geschichte deutlich an Fahrt auf. Ein tadelloses Drehbuch mit überraschenden Ereignissen und verblüffenden Wendungen. Trotzdem lässt sich der Film Zeit die Charaktere weiter zu entwickeln, insbesondere Rey (Daisy Ridley), Finn (John Boyega) und Kylo Ren (Adam Driver). Der neue Regisseur Rian Johnson hat erfreulich gute inszenatorische Arbeit geleistet. „Die letzten Jedi“ macht schon Vorfreude auf Teil 9 (in 2019).

Rick Deckard

Sing

Diese Geschichte ereignet sich in einer Stadt, die ausschließlich von Tieren bewohnt wird. Buster Moon konnte mit Hilfe seines Vaters seinen Traum erfüllen: ein eigenes Varieté-Theater! Doch in letzter Zeit kommen immer weniger Zuschauer und die Gläubiger, allen voran der nicht unsympathische Eddie Noodleman, einem jungen Schaf (sehr cool, köstlich und wahnsinnig komisch), sitzen ihm im Nacken. Da hat Buster eine Idee: eine Casting-Show für neue Gesangstalente zu veranstalten. Als Preis-Geld setzt er 1000 $ fest. Seine total verpeilte Sekretärin Miss Crawly (gesprochen von einem Mann!, keinem Geringeren als dem Regisseur des Film selbst – Garth Jennings; in der deutschen Fassung von Katharina Thalbach) macht daraus unglücklicherweise einen Hauptgewinn von 100.000 $. Am nächsten Tag stehen Hunderte von Bewerbern zum Vorsingen vor Buster Moons Theater.

Einer dieser wundervollen animierten Filme mit guter Story, viel Witz und Humor, mit interessanten Charakteren und ohne dem üblichen Bösen oder Verfolgungsjagden.

Und dabei hat jede Hauptfigur noch eine eigene kleine Geschichte. Zum Beispiel die des Berggorillas Johnny (Taron Egerton/Patrick Baehr), dessen Vater ‚Big Daddy‘ eigentlich eine erfolgreiche kriminelle Karriere für ihn vorgesehen hatte. Oder die talentierte Elefantendame Meena (Stimme von der US-amerikanischen Singer-/Songwriterin Tori Keller / deutsch: die junge Stimme von Maximiliane Häcke), die vor lauter Lampenfieber gar nicht auftreten mag und nachher den Saal rockt.

Insgesamt werden 65 Welt-Hits im Film präsentiert, kürzer oder länger.

Die Riege der Sprecher im Original ist beeindruckend. Angeführt von Matthew McConaughey als Buster Moon, Reese Witherspoon als Rosita (dt. Alexandra Maria Lara), Seth MacFarlane (Mike die Maus, die sich für den neuen Frank Sinatra hält und recht überheblich daherkommt; dt. Klaas Häufer-Umlauf), und, last not least, Scarlett Johansson als Ashley, einem Stachelschwein (dt. Synchronstimme Stefanie Kloss von Silbermond).

Der Engländer Garth Jennings, der den Streifen inszenierte, hatte bisher vornehmlich als Regisseur von Musik-Videos auf sich aufmerksam gemacht. Unter anderem für Radiohead, Badly Drawn Boy, Blur und Pulp. Ein Grundwissen für die Thematik des Films war also vorhanden.

Der Song „Faith“ wurde als Titel-Melodie komponiert und gesungen von Stevie Wonder und Ariana Grande.

Liebe Familien: Sofa suchen, Cola und Popcorn auf den Tisch und einen tollen lustigen und spannenden Film-Abend mit Buster Moon und seiner neuen Show „Sing“ mit seinen bezaubernden Kandidaten erleben. Und anschließend gleich den Soundtrack in den CD-Spieler einlegen. Viel Spaß – der ist nämlich garantiert.

Ein absolut saTIERisches Vergnügen, das mit Genuss Casting-Shows der Fernsehsender, die uns inflationär in die Wohnstube gesendet werden, aufs Korn nimmt.

4,5 von 7 Sternen ★★★★ ½★

Rick DeckardTitel: „Sing“

Herstellung: USA 2016

Länge: 1h 48min

Regie: Garth Jennings

Darsteller (Sprecher): Matthew McConaughey, Reese Witherspoon, Seth MacFarlane, Scarlett Johansson, John C. Reilly, u.v.a.

Drehbuch: Garth Jennings

Musik: Joby Talbot

Schnitt: Gregory Perler

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