7 Tage in Entebbe

Ende Juni 1976 entführten 3 Männer und eine Frau die Air France Airbus A300 Maschine AF139 auf ihrem Flug von Tel Aviv über Athen nach Paris. 2 Männer waren palästinensische Terroristen der PFLP, der dritte Mann war der Deutsche Wilfried Böse, die Frau die Deutsche Brigitte Kuhlmann. Böse war ein Mitbegründer der „Revolutionären Zellen“ und pflegte Kontakte zur RAF mit Andreas Baader und Ulrike Meinhof.

Die Maschine wurde zuerst nach Benghazi, Libyen umgeleitet, nachdem die Entführer die Kontrolle übernommen hatten, und flog am Abend des 27. Juni 1976 nach Entebbe, der damaligen ugandischen Hauptstadt, mit ausdrücklicher Genehmigung des damaligen Diktators Idi Amin, dem sogenannten „Schlächter von Afrika“.

Die Palästinenser wurden befehligt von Wadi Haddad, dem Führer des militärischen Arms der PFLP. Geboren 1927 in Safed (heute Israel), flüchtete er 1948 mit seiner Familie in den Libanon. An der Amerikanischen Universität Beirut studierte Haddad Medizin. Und traf dort zum ersten Mal auf George Habash. Mit ihm gründete er die „Bewegung der arabischen Nationalisten“, die später den Kampf gegen Israel aufnahm und in die PFLP mündete.

Auf dem Flughafen von Entebbe trennten die palästinensischen Terroristen die israelischen Fluggäste von den anderen Passagieren. Letztere wurden freigelassen und durften von einer zweiten Air France Maschine abgeholt werden. Nunmehr formulierten die Kidnapper ihre Forderungen – Freilassung von rund 50 Palästinensern in israelischen Gefängnissen und die Haftentlassung von Baader und Meinhof! Von nun an stellte sich für die Israelische Regierung die Frage: mit den Terroristen verhandeln (was Israel bisher immer kategorisch abgelehnt hatte), oder welche Alternative gab es? Wäre eine militärische Befreiungsaktion in Entebbe, knapp 4000 Flug-Kilometer von Israel entfernt, eine realistische Option?

Dieses dramatischen Ereignisse setzte der brasilianische Regisseur José Padilha in diesem Film erneut um. Denn bereits 1976 wurde der Stoff mit Richard Dreyfuss, Anthony Hopkins und Burt Lancaster sowie Elizabeth Taylor verfilmt (als TV-Film). Und erneut 1977 mit Charles Bronson und Horst Buchholz in den Hauptrollen.

In vorliegenden Film verkörpert Daniel Brühl den deutschen Terrorristen und Hijacker Wilfried Böse. Der Film zeigt sehr deutlich das Dilemma der extremen Linken. Als ein jüdischer Passagier Böse/Brühl seine KZ-Nummer auf dem Arm zeigt, regen sich bei ihm erste Zweifel. Einerseits für die Rechte der vertriebenen Palästinenser einzutreten heißt gleichzeitig gegen Juden bzw. Israelis zu sein. Und dann wäre man, logisch konsequent, auf einer Stufe mit den Neo-Nazis. Was kaum im Sinne der Linken Alternativen sein kann. So beginnt Brühl im Film zu zaudern, insbesondere als er realisiert, dass es seinen palästinischen „Kameraden“ ausschließlich um die jüdischen Passagiere geht.

Eine Spannung vermag der Regisseur jedoch nicht zu erzeugen. Die Handlung wirkt eher im dokumentarischen Stil gedreht. Man kann nur vermuten, dass dies auch die Absicht von José Padilha war.

Hervorragend: Schnitt durch Routinier Daniel Rezende („City of God“).

Ein Rätsel bleibt, warum die Deutsche Brigitte Kuhlmann von einer Engländerin gespielt wurde. Denn in den Szenen, in den Brühl und Pike Deutsch miteinander sprechen, ist – bei allem Bemühen – ihr leichter Akzent zu hören. Unnötig.

Durchaus eine fesselnde und hoch interessante Geschichtsstunde, ohne reißerisch zu sein.

Ein absolutes Highlight ist die Filmszene am Ende des Werks. Eine ganz besondere Idee, die der Regisseur geschickt umsetzte, sehr beeindruckend. So gelingt es mit großem Geschick den Schrecken der letzten dramatischen Minuten beim Zuschauer zu mindern. Bravo!

4 von 7 Sternen ★★★★

Walter George

Titel: „7 Days in Entebbe“
Herstellung: USA/United Kingdom 2018
Länge: 1h 46min
Regie: José Padilka
Darsteller: Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan, u.v.a.
Drehbuch: Gregory Burke
Musik: Rodrigo Amarante
Kamera: Lula Carvalho
Schnitt: Daniel Rezende

The Railway Man

Ein Film über Krieg und Frieden, über Schuld, Sühne und Vergebung, über das Vergessen und die Erinnerung. Getragen wird diese auf Tatsachen beruhende Geschichte von dem englischen Star-Darsteller Colin Firth. Neben ihm brillieren Nicole Kidman als seine Frau und Stellan Skarsgård als sein früherer Vorgesetzter und jetzige Freund. Regisseur Jonathan Teplitzky erzählt das Leben eines Mannes, der im Zweiten Weltkrieg als Gefangener der Japaner schlimmste Folter überstehen musste. Noch nach vielen Jahre zurück in England wird Eric Lomax die Geister der Vergangenheit nicht los. Und droht daran zu zerbrechen.

Eric ist Eisenbahn-Enthusiast. Deshalb nannten ihn seine Freunde schon in jungen Jahren den „Railway Man“. Auf einer Fahrt 1980 lernt er Patti kennen. Er ist ein wenig unbeholfen und schüchtern, Patti hingegen, die ehemalige Krankenschwester, ist geistreich, optimistisch und steht mit beiden Beinen im Leben. Eric und Patti heiraten, und es scheint, Eric könnte seine Vergangenheit und die Erinnerung daran abschütteln durch die Liebe zu seiner Frau und ihre Liebe zu ihm. Doch schon bald holen ihn die Alpträume wieder ein.

Die Geschichte des Films basiert auf den Lebenserinnerungen des realen Eric Lomax. Geboren am 30. Mai 1919 in Edinburgh, diente der Schotte in der englischen Armee und geriet 1942 in Singapur in japanische Kriegsgefangenschaft. Dort arbeitete er unter schlimmsten Bedingungen, zusammen mit tausenden seiner englischen Kameraden, an der Eisenbahnlinie von Thailand nach Burma. Tägliche Gewalt und später Folter prägten diese Zeit.
Derselbe Eisenbahnbau diente dem Klassiker „Die Brücke am Kwai“ als Hintergrund. In der Tat kommt im Film „The Railway Man“ der Fluss Kwai ebenfalls vor.
Eric Lomax starb am 8. Oktober 2012 93-jährig in den Armen seiner geliebten Frau Patti in Berwick-Upon-Tweed (England). Über seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg in Südostasien schrieb er zwei Bücher.

Der Film beginnt mit der Szene, in der sich Eric und Patti im Zug kennenlernen. Danach werden in Rückblenden immer wieder die Ereignisse der Jahren 1942 bis 1945 (Kapitulation Japans) gezeigt, die Eric durchlitt. Und wir erleben die schmerzvolle Traumabewältigung dieses starken Mannes, mit Hilfe seiner Frau und seines Freundes Finlay (Stellan Skarsgård).

Schöne, ja geradezu faszinierende Bilder aus dem England der 80er Jahre, und von der Dschungelhölle in Siam der 40er Jahre von Kameramann Garry Phillips („Candy“ mit Heath Ledger); hervorragende Bild-Schnitte (Martin Connor) und dazu die sinnliche Musik von David Hirschfelder („Australia“, „The Dressmaker“), unter anderem mit Kompositionen von Dmitri Shostakovich. Unter der Regie eines erfahrenen Filmemachers – man hätte die Lebenserinnerungen des Eric Lomax nicht besser umsetzen können.

Fesselnde Darstellung einer posttraumatischen Belastungsstörung.

4,5 von 7 Sternen ★★★★ ½ ★

Walter George

Titel: „The Railway Man“
Herstellung: Schweiz/Großbritannien/Australien 2013
Länge: 1h 56min
Regie: Jonathan Teplitzky
Darsteller: Colin Firth, Nicole Kidman, Stellan Skarsgård, u.v.a.
Drehbuch: Frank Boyce u. Andy Paterson; basierend auf dem Buch von Eric Lomax
Musik: David Hirschfelder
Kamera: Gary Phillips
Schnitt: Martin Connor

Gewann bei den Australian Academy of Cinema and Television Arts (AACTA) Awards zwei Preise, in den Kategorien „Best Adapted Screenplay“ und „Best Original Music Score“. Ferner nominiert in den Sparten Best Film – Best Cinematography – Best Sound – Best Costume Design.

Ferner nominiert bei den Australian Screen Sound Guild Awards als „Feature Film Soundtrack of the Year“!

PS: Erst seit einigen Jahren ist diese Krankheit weithin anerkannt. In Deutschland nannte man die Soldaten, die entsprechend aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrten, abschätzig „Kriegszitterer“.