Import/Export

Krankenschwester Olga (Ekateryna Rak) verdient in einem Krankenhaus in der Ukraine zu wenig um ihr Kind versorgen zu können. Kurzzeitig versucht Sie sich mit Webcam-Sex-Chats ein wenig dazuzuverdienen. Doch schon nach kurzer Zeit beschließt Sie nach Österreich zu fahren um dort als Haushälterin und Putzfrau zu arbeiten. Pauli (Paul Hofmann) hat gerade seine Ausbildung abgeschlossen. Er arbeitet als Wachmann in Österreich wird aber relativ schnell wieder entlassen. Da er viele Geldsorgen hat, nimmt ihn sein Stiefvater (Michael Thomas) mit auf eine Geschäftsreise nach Osteuropa.

„Import/Export“ lief zu den 60. Filmfestspielen in Cannes im Wettbewerb. Ulrich Seidls österreichischer Film zeigt knallhart die Abgründe eines jeden Menschen. Olga und Pauli werden mehrmals Opfer von Beschimpfungen, Gehässigkeiten und körperlichen Übergriffen. Olga, eigentlich ein herzensguter Mensch, muss sich von Männern im Webcam-Chat sexuell erniedrigen lassen. Egal wo sie ist versucht Sie das beste aus ihrer Situation zu machen und möchte oftmals einfach nur helfen. Doch immer wieder stößt Sie auf Neid. Somit wird Sie chronisch unterschätzt in Ihren Fähigkeiten. Auch Pauli ist in einer desillusionierten Familie zu Hause. Sein Stiefvater zeigt sich schnell als Betrüger seiner Ehefrau und Perverser. Natürlich keine guten Voraussetzungen für einen guten Arbeitsstart für den jungen Mann.

„Import/Export“ ist ein sehr kalter und sehr bedrückender Film. Man ist jedoch von vielen Szenen einfach nur angewidert und empört. Sicherlich sollen hier Szenen eines Alltages gezeigt werden, die sich so überall abspielen könnten. Doch der Film gibt keine Motivation oder lässt mal ein Fünkchen Hoffnung durchschimmern. Einzig zu Olga baut man eine emotionale Bindung auf. Man fühlt mit ihr und hofft auf eine Besserung ihrer Situation. Auch hat der Film viel zu viele Längen, die ihn nur schwer ertragen lassen. Trotz des eigentlichen spannenden Themas hätte man die gesamte Story auch in 1 ½ Stunden erzählen können. Die Überlänge macht den Film träge und geradezu Langweilig. Überraschend sind die teilweise pornografischen Szenen, die den Film authentisch und sehr real wirken lassen. Auch die beiden Hauptdarsteller spielen überzeugend. Für kurzweilige Freude sorgt der Gastauftritt des wunderbar herrlichen österreichischen Kabarettisten Dirk Stermann, der Tipps für das richtige Bewerbungsgespräch zum Besten gibt.

Ulrich Seidl versucht mit „Import/Export“ den Alltag von Menschen aus einer sozial-schwachen Umgebung zu zeigen. Doch der gewisse Pepp und die Dynamik des Filmes fehlen gänzlich. Auch wenn Kamera und Schnitt gut sind. Auf Musik wird leider verzichtet. Kürze hätte den Film gut getan, so wie ein etwas verändertes Drehbuch mit dem Schwerpunkt auf die beiden Hauptcharaktere. Immer wieder möchte der Film auch die Geschichte von Nebenprotagonisten erzählen und verkalkuliert sich dabei zusehends. Potenzial hat das Material, doch eine gelungene Umsetzung sieht anders aus.

 

„Import/Export“; Österreich (2007); 135 min; D: Ulrich Seidl; C: Ekateryna Rak, Paul Hofmann, Michael Thomas; M: (keine)

 

 

1 von 7 Sternen

Alexander George

Schmetterling und Taucherglocke

Jean-Dominique Bauby (Mathieu Amalric) (43 Jahre alt, Chefredakteur der Elle) erwacht in einem Krankenhaus und erfährt kurz danach, dass er einen Schlaganfall erlitten hat. Dazu wird auch noch zu allem Übel das seltene „Locked-in-Syndrome“ bei ihm diagnostiziert. Er kann nur noch mit Hilfe seines linkes Augenlides kommunizieren. Neben seinen Therapien versucht Jean-Dominique im Krankenhaus ein Buch verfassen zu lassen.

Regisseur Julian Schnabel hat schon mit „Before Night Falls“ (mit Javier Bardem) bewiesen, dass ihm autobiografische Verfilmungen mehr als liegen. Sein bis dahin erst 3. Film ist eine Glanzleistung des europäisch-/amerikanischen Kinos. „Schmetterling und Taucherglocke“ (beruht also auf einer wahren Begebenheit) beginnt mit einer minutenlangen subjektiven Kamera aus der Sicht von Jean-Dominique. Immer wieder wird diese Sichtweise im Verlaufe des Films genutzt und man kann sich quasi in den Körper von ihm hin-einfühlen. Dabei gelingt eine realistische Darstellung eines Locked-in-Syndrome-Patienten perfekt. Sogar seine teilweise verschwommene Sicht wird imitiert. Hauptdarsteller Mathieu Amalric (bekannt aus unzähligen amerikanischen und französischen Filmen) ist zudem eine großartige Besetzung. Auch alle anderen Darsteller sind bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt worden. Die Verwebungen zwischen dem Geschehen vor und nach dem Schlaganfall sowie einigen Traumsequenzen sind sehr gelungen. Sie harmonieren perfekt miteinander. Der Film besteht aus einem krassen Gegensatz von traurigen und freudigen Szenen, doch das Zusammenspiel klappt. Auch der Soundtrack hat schöne Songs zu bieten wie mit Stücken von U2, Tom Waits und dem wundervollen Song „Pale Blue Eyes“ von The Velvet Underground.

Nun es gibt vielleicht eine Schwachstelle im Film. Der Grund für den Schlaganfall, vom ehemaligen sehr beschäftigten Jean-Dominique, wird nur in Ansätzen gezeigt. Auf seinen stressigen Alltag wird nur sehr wenig eingegangen. Vielleicht war es aber auch die Absicht von Julian Schnabel, gerade darauf nicht so zu beharren und einfach die Folgen dessen aufzuzeigen. Im ganzen kann man sagen ist „Schmetterling und Taucherglocke“ ein aufwühlender, intensiver Film der vor allem durch seine Darsteller und seine sehr innovative Machart besticht. Hoffentlich gibt es in Zukunft noch mehr von autobiografischen Verfilmungen von Herrn Schnabel.

 

 

„Schmetterling und Taucherglocke“; Frankreich, USA (2007); 112 min; D: Julian Schnabel; C: Mathieu Amalric, Emmanuelle Seigner, Marie-Josée Croze, Anne Consigny, Max von Sydow; M: Paul Cantelon

 

5 von 7 Sternen

Alexander George

Wer ist Hanna?

Hanna (Saoirse Ronan) lebt in einem einsamen schneebedeckten Land, irgendwo im Norden Kanadas oder Europas. Hier ist sie aufgewachsen, und alles was sie weiß, hat sie von ihrem Vater gelernt, oder von der Natur, die sie umgibt. Am Anfang des Films jagt sie mit Pfeil und Bogen einen Hirsch und trifft ihn tatsächlich; aber nicht tödlich – und gibt ihm dann mit einer Pistole den Gnadenschuss. Aber nicht nur Lesen und Schreiben, und Allgemeinbildung aus einer Enzyklopädie, sondern auch Nahkampf und Selbstverteidigung hat ihr Vater ihr beigebracht. Bald lernt man, dass die Einsamkeit nicht selbstgewählt ist, sondern die beiden sich vor der CIA verstecken. Als Hanna sich bereit fühlt, sie ist jetzt wohl 14 oder 15 Jahre alt, für die Welt, die sie selbst noch nie gesehen hat, drückt sie den entscheidenden Knopf eines Geräts, das nun – und damit ihr Versteck – von ihren Häschern geortet werden kann. Ihr Vater (Eric Bana) flieht und lässt Hanna zurück. Die wartet, bis die Navy Seals ihre Hütte im Wald umstellt haben und sie festnehmen und in ein geheimes Gefängnis bringen. Dort verwandelt sich das scheue, ängstliche Mädchen in eine tödliche Amazone, der die Flucht gelingt. Und nunmehr übernimmt die CIA-Agentin Marissa (Cate Blanchett) den Fall und verfolgt Hanna über 3 Kontinente, während Hanna selbst nicht nur flieht sondern gleichzeitig auch ihre Vergangenheit sucht: „Wer bin ich, und woher komme ich?“

Der „Tagesspiegel“ bezeichnete dieses Abenteuer als märchenhaften Thriller, was den Kern trifft. Der Teenager, glänzend von Saoirse Ronan gespielt, narrt die westlichen Geheimdienste, glänzt mit Intelligenz und Mut, und ist dann doch wieder das unreife Mädchen, die sich in ihrem Leben noch zurecht finden muss. Saoirse Ronan war während der Drehzeit 16 Jahre alt; in 2007 glänzte sie in dem Streifen „Abbitte“ (org: „Atonement“) und erhielt dafür prompt eine Oscar-Nominierung. Beide Filme wurden von dem Regisseur Joe Wright inszeniert.

Cate Blanchett ist eine vorzügliche Schauspielerin und es ist ein Genuss, sie hier einmal als die „Böse“ zu sehen.

Ein schöner Einfall ist das Zusammentreffen mit der normalsten englischen Mittelstandsfamilie, die man sich vorstellen kann: die in die Jahre gekommenen Eltern, die immer noch von den 60ern, FlowerPower und der Hippiezeit schwärmen. Und dazu die wunderbar prosaischen Kinder; die Tochter Sophie (Jessica Barden – ein Bravo!!!) ist der Running-Gag des Films – köstlich!

Der erfahrene Kameramann Alwin Kuchler (aus Düsseldorf) zeigt sein ganzes Können: Schöne Kamerafahrten, herrliche Landschaftsbilder, und die Action-Szenen – alles ist sehr gut eingefangen und wurde später auch vom Post-Production-Team exzellent geschnitten.

Ein wenig denkt man an die Geschichte von „Jason Bourne“, der auch vor seinen vermeintlich eigenen Leuten davon läuft und nie genau weiß, warum eigentlich.

Die Geschichte von Hanna ist nicht wahnsinnig originell und teilweise vorhersehbar. Aber sie ist in diesem Film einfach erstklassig umgesetzt worden! Und nicht zuletzt die Musik der Chemical Brothers verleiht dem kleinen Meisterwerk den letzten Schliff. Also – unbedingt ansehen!

 

„Wer ist Hanna? – Hanna“; USA/UK/D (2011); 111 min; D: Joe Wright; C: Saoirse Ronan, Cate Blanchett, Eric Bana, Olivia Williams; M: The Chemical Brothers

 

5 von 7 Sternen – Rick Deckard

Into The Wild

Christopher McCandless (Emile Hirsch) kommt aus einer wohlhabenden Familie. Am Beginn des Films hat er gerade erfolgreich sein Studium beendet. Doch Geld, Besitz und Karriere-orientierter Erfolg interessieren ihn schon seit langem nicht. So beschließt er im Sommer 1990 eine Reise durch die U.S.A zu unternehmen mit dem Ziel Alaska zu erreichen. Während seiner Reise stößt er auf unterschiedliche Menschen und hat viele interessante Erlebnisse.

„Into the Wild“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jon Krakauer. Die Geschichte beruht wiederum auf wahren Begebenheiten! Regisseur Sean Penn inszenierte den Film 2007. Der Film verbindet sehr schön verschiedene Zeitebenen und Passagen aus dem Leben von McCandless. Dabei ist besonders die tolle Montage-Technik hervorzuheben. So kommen Splitscreens zum Einsatz und es werden Videoclip-ästhetische Bilder verwendet. Auch die Idee ab und an die Darsteller in die Kamera schauen zu lassen passt trotz des ernsten Themas und wirkt durchdacht. Sehr gelungen sind die wundervollen Naturaufnahmen mit tollen Panoramen, die durch die erstklassige Kameraarbeit ermöglicht wurden. Besonders die Abschlussball-Szene ist als einer der schönsten Szenen zu benennen: mit brillanter Zeitlupe und faszinierenden Bildern.

Die Story von „Into the Wild“ ist sehr melancholisch und diese Melancholie zieht sich durch den gesamten Film hindurch. Emile Hirsch spielt seine Rolle zwar recht gut, aber es fehlt einfach das gewisse Feingefühl um einen Bezug zu ihm aufzubauen. Er bleibt doch trotz fast 2 ½ Stunden seiner Präsenz etwas blass in seiner Rolle und wirkt auch etwas unsympathisch. Die Eltern von McCandless, gespielt von Marcia Gay Harden und William Hurt, sind hervorragend besetzt. Auch Vince Vaughn sorgt mit seiner Darstellung des Wayne Westerberg für kurzweilige komödiantische Unterhaltung. „Twilight“-Star Kristen Stewart hat ebenfalls einen Auftritt sowie Jena Malone (bekannt z.B. aus „Donnie Darko“). Die Musik stammt aus der Feder des Frontsängers von Pearl Jam: Eddie Vedder. Sie ist sehr stimmungsvoll und passend.

„Into the Wild“ ist ein guter Film mit sehr starken Bildern und einer gelungen Gesamtkomposition. Penn inszeniert mit ruhigen Bildern, lässt sich für die Geschichte und die Entwicklung der Charaktere die nötige Zeit. Der Film macht einen traurig und nachdenklich. Man denkt über unsere gesellschaftlichen Verhältnisse und dessen vorgegeben Strukturen nach, die jeder befolgen „sollte“. „Into the Wild“ ist die Geschichte eines Aussteigers, der sich nicht mit dem System als solches zufrieden geben möchte. Schade nur, dass die emotionale Bindung zum Hauptdarsteller aus der Sicht des Zuschauers fehlt. Das ist der einzige große Minuspunkt des Films.

 

„Into the Wild“; USA (2007); 148 min; D: Sean Penn; C: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden, William Hurt, Jena Malone, Kristen Stewart, Vince Vaughn; M: Eddie Vedder

 

4 von 7 Sternen

Alexander George

 

 

Tödliche Versprechen – Eastern Promises

Anna Chitrowa (Naomi Watts) arbeitet in einem Londoner Krankenhaus als Hebamme. Während einer Geburt stirbt eine junge Mutter und hinterlässt ihr Kind. Anna findet bei der Verstorbenen ein Tagebuch, das sie zu einer russischen Mafia-Familie führt. Dort trifft Sie auf den Fahrer Nikolai Luschin (Viggo Mortensen). Schnell begibt sich Anna in Gefahr. Wobei Nikolai der einzige zu sein scheint, der versucht ihr zu helfen.

„Tödliche Versprechen – Eastern Promises“ beinhaltet eine sehr interessante Story, die beim ersten mal Schauen durchaus nicht gleich gänzlich verstanden wird. Die Geschichte gibt einiges her und Regisseur David Cronenberg schöpft das Potenzial der Story auch gänzlich aus. Der interessante Cronenberg, bekannt durch Filme wie „Die Fliege“, “Videodrome“ und „eXistenZ“ arbeitete schon mit Hauptdarsteller Viggo Mortensen bei seinem Film „A History of Violence“ zusammen. Die darstellerische Leistung von Viggo Mortensen ist oscarreif. Schade, denn der Film erhielt bei den Golden Globes 2008 lediglich in drei Kategorien Nominierungen: als bester Film, für die beste Filmmusik und Viggo Mortensen als bester Hauptdarsteller. Auch Naomi Watts und Armin Mueller-Stahl spielen gewohnt gut. Doch Vincent Cassel sticht neben Mortensen besonders hervor. Die gute Darstellung des schmierigen und leicht verrückten Kirills ist brillant.

Weiterhin besticht der Film durch seine ruhige und bedachte Erzählweise. Nicht die Action oder „Ballerei“ sondern die Story und die Entwicklung der Charaktere stehen im Vordergrund. Dazu die gute Arbeit des Stamm-Kameramanns von Cronenberg Peter Suschitzky sowie Komponist Howard Shore. Wenn es aber dann zur Sache geht, dann richtig: Die Kampfszene im Badehaus sorgt für Herzklopfen und Luft anhalten. Sie besticht durch Realismus und Brutalität.

Alles in allem ist „Tödliche Versprechen – Eastern Promises“ ein sehr guter Film, der auch noch zu überraschen weiß. Leider fehlt dem Film jedoch das Gewisse etwas. Was genau kann man gar nicht sagen. Es bleibt nichts so richtig haften und in langer Erinnerung, sonder der Film gerät schnell in Vergessenheit. Vielleicht ist jedoch das auch die gewollte und löbliche Machart von Cronenberg, die daran Schuld ist. Alles in allem lohnt sich das Anschauen jedoch in jedem Falle!

 

„Tödliche Versprechen – Eastern Promises“; UK/CND (2007); 100 min; D: David Cronenberg; C: Viggo Mortensen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl; Vincent Cassel, Sinéad Cusack, Jerzy Skolimowski; M: Howard Shore

 

 

5 von 7 Sternen

Alexander George

Cowboys & Aliens

Kann man von einem Film, der den Titel „Cowboys & Aliens“ trägt erwarten, dass er eine gute Story hat? Nein, natürlich nicht. Hört man den Titel, erwartet man, dass Cowboys durch die Prärie ziehen und auf Aliens treffen, mit denen sie unweigerlich in einen Kampf geraten und alles im Showdown mit einem großen Knall endet. Und genau das bekommt man auch. Den Rest der Story kann man getrost außen vor lassen, denn diese dient nur als Fassade für das bereits beschriebene Gerüst. Trotzdem machte es mir Spaß den Film zu sehen, auch wenn man unweigerlich daran denken muss, dass die Drehbuchautoren wahrscheinlich die Idee zur Story bekamen, als sie ihre Kinder beim Spielen beobachteten und sahen, dass diese ihre Playmobil Cowboys gegen Lego Star Wars Figuren kämpfen ließen. Es ist doch so: Wenn mir jemand einen Aufsatz über fliegende Schweine sehr überzeugend vorträgt, dann achte ich auch nicht mehr auf den Inhalt seiner Worte, sondern auf die Art, wie er spricht. Cowboys & Aliens strotzt nur so von Logikfehlern, Ungereimtheiten und Albernheiten, aber man sieht über sie hinweg, weil man den Film eh nicht ernst nehmen kann.

Und auch wenn der Film an vielen Stellen so rüberkommt, als würde er ernst gemeint sein, so bin ich mir doch sicher, dass an einigen Stellen mit einem Augenzwinkern eine klitzekleine Pointe inszeniert wurde. Das hoffe ich zumindest, denn sonst war es sehr peinlich, dass ich an ein paar Stellen laut lachen musste.

Die einzigen schauspielerischen Leistungen, die ich erwähnenswert finde sind die von Daniel Craig und Harrison Ford. Zuerst zu letzterem von beiden: Harrison Ford trägt einen Hut! Alleine das ist doch schon aus Nostalgie ein Grund ins Kino zu gehen – zumindest für Indiana Jones Fans, die erfolgreich Verdrängt haben, dass es einen vierten Teil der Serie gibt. Aber auch ohne Hut hätte er eine gute Figur abgegeben. Sein Charakter ist der einzige im gesamten Film, der eine Entwicklung erfährt, den man ernst nehmen kann und der Emotionen zeigt, die man für voll nehmen kann. Hut ab vor dieser Leistung!

Daniel Craig hingegen hatte es hingegen recht einfach: Grimmig schauen, eine lockere Faust haben und ein harter Actionheld sein. Klar, das hat er natürlich alles verkörpert, aber man kennt ihn ja auch aus anderen Filmen wie z.B. den neuen James Bond Verfilmungen. Und vergleicht man seine Darstellung von Jake Lonergan und James Bond, so fällt es schon wirklich schwer einen Unterschied zwischen diesen Charakteren zu finden. Besonders kommt das Amüsant zu Tage, wenn er sein Alien-Spielzeug benutzt, welches er aus anfangs unerklärlichen Gründen um sein Handgelenk trägt. Ein wenig mehr Leben und Tiefe hätte seiner Rolle wirklich gut getan.

Trotz alledem kann man noch eine knappe Empfehlung für den Film aussprechen, da er wenigstens noch einer kreativen Idee zum Genremix zu Grunde liegt und dieser Mix weitaus weniger schlecht ausfällt, als man es erwarten mag. Hat man also Lust auf Popcorn und Kinositze, will ein paar Prügeleien und Schießereien sehen und ist dabei nicht all zu Anspruchsvoll was Story und Logik betrifft, dann kann man sich Cowboys & Aliens getrost anschauen. Wenn man es nicht tut, dann hat man aber auch nichts verpasst.


„USA (2011), 118 Min., R: Jon Favreau, C: Daniel Craig, Harrison Ford, Olivia Wilde; M: Harry Gregson-Williams“

Ian Lang

Blue Valentine

Das Ehepaar Cindy (Michelle Williams) und Dean (Ryan Gosling) bilden zusammen mit ihrer kleinen Tochter Frankie (Faith Wladyka) eine kleine Familie mit Haus und Hund. Cindy arbeitet als Krankenschwester und hat gute Zukunftschancen in ihrem Beruf. Maler Dean arbeitet nur des Geldes wegen um damit die Familie zu versorgen. Schnell wird klar, dass die Beziehung der beiden schon länger nicht mehr gut läuft. Im Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit wird aufgezeigt wie sich im Verlaufe der Jahre die Liebe der beiden verändert hat.

Eigentlich gibt es in diesem Film keine Überraschungen, keine besondere Spannung, doch „Blue Valentine“ lässt einen auch nach mehreren Tagen nicht los. Der Film gräbt sich fest ins Gedächtnis ein und wirkt noch lange nach. Der Film bildet eins zu eins die Realität im Alltag einer in die Jahre gekommenen Beziehung ab. Schonungslos und realistisch werden Streitigkeiten, Versöhnungen oder kurze Augenblicke der Freude gezeigt. Die beiden Hauptdarsteller Ryan Gosling und Michelle Williams sind überragend in ihren Rollen. Ryan Gosling wurde bekannt durch seinen Auftritte in „The Believer – Inside a Skinhead“ oder auch „Mord nach Plan“ neben Sandra Bullock und dem ebenfalls großartigen Michael Pitt. Gosling wurde für seine Rolle in „Blue Valentine“ für den Golden Globe (2011) nominiert, ging jedoch leider leer aus. Seine Performance im Film ist wundervoll. Vor allem seine einfühlsame aber auch seine etwas ausgeflippte Seite stellt er perfekt dar. Der etwas in die Jahre gekommene Dean ist im Film sehr gut geschminkt worden. Michelle Williams (bekannt aus „Brokeback Mountain“ und „Shutter Island“) wurde ebenfalls für den Golden Globe sowie für den Oscar als beste Hauptdarstellerin (2011) nominiert. Williams war von 2004-2007 mit Heath Ledger liiert. Nach dessen Tod Anfang 2008 wurden einige Projekte (darunter „Blue Valentine“) für 1 ½ Jahre auf Eis gelegt. Um so unglaublicher, dass Sie in solch einem Film einen so seelisch-tiefen Einblick von Cindy darstellen kann. Ihre teilweise kühle Ablehnung gegen Dean ist erschreckend ehrlich.

Nach „Brother Tied“ aus dem Jahr 1998 ist „Blue Valentine“ erst der zweite Kinospielfilm von Regisseur Derek Cianfrance. Er versteht sein Handwerk auf ganzer Linie. Die Montage/der Schnitt des Films ist herausragend. Ein Blick, ein Schnitt und der Zusammenhang wird erst eine ganze Weile später verstanden: Genial! Die Parallelmontage von Gegenwart und Zukunft ist perfekt aufeinander abgestimmt worden. „Blue Valentine“ beginnt zu erzählen und das Puzzle, das Abbild der Beziehung fügt sich langsam Stück für Stück zusammen. Man braucht Zeit um alles zu verstehen und am Ende des Filmes begreift man dann. Es gibt eine herzergreifende romantische Szene zu Beginn der Beziehung, aber auch furchtbare Streitigkeiten zwischen dem Paar werden gezeigt. Die Selbst-Reflektion auf sein eigenes Leben ist gerade das, was den Film so stark macht. Jeder kennt genau diese Situationen wie sie im Film dargestellt werden. Man redet aneinander vorbei, liebt sich doch, dann wieder nicht, kehrt in alte Muster zurück, weint, ist dann wieder kurz glücklich.

Derek Cianfrance hat einen exzellenten Indie-Film geschaffen. Er drehte für die Rückblenden auf einer 16mm Kamera und für die Gegenwarts-Szenen benutzte er die digitale 4K Kamera der Firma RED. So wird gleich der gute Look für den Film erzeugt. Körnige, wackelige Bilder für die glücklichen Momente in der Vergangenheit und klare, ruhige Bilder für die Gegenwart. Auch wenn einige Handkamera-Aufnahmen doch etwas zu dokumentarisch und verwackelt wirken, bleibt Kameramann Andrij Parekh stets ganz nah an den Darstellern dran, teilweise mit extremen Close-Ups. Die Musik von Grizzly Bear begleitet den Film sehr gut, ist jedoch stellenweise leider etwas zu sparsam eingesetzt worden.

Verwunderung herrscht jedoch über die Freigabe der FSK in Deutschland, der Film ist nämlich ab 12 Jahren freigegeben worden. Weder das Beziehungsdrama selbst, noch die wenigen Sexszenen sind für 12-jährige geeignet. Man beachte, dass man in Begleitung eines Erwachsenen sogar schon ab 6 Jahren ins Kino hineinkommen könnte!

Blue Valentine“ ist ein eindringliches Drama, das vor allem durch die großartige Inszenierung und die beiden hervorragenden Darstellern getragen wird. Trotz der melancholischen Geschichte möchte man sich in diesen Film verlieren, er saugt einen hinein und lässt einen nicht so schnell wieder los (sofern man sich in die Situation der Darsteller hineinversetzen kann). Ein Hoch auf den Independentfilm! Allein der Trailer ist überhaupt nicht Mainstream-tauglich. Er verrät nicht, wie so oft, die gesamte Handlung des Films, sondern fängt nur die Stimmung ein und zeigt ein paar ausgewählte Bilder. „Blue Valentine“ macht einen nachdenklich. Man denkt über sich, über die Liebe und das Leben nach. Es verwundert nicht, dass im Kinosaal fast alle bis zum Schluss sitzen bleiben und dass bei einigen die Taschentuchpackung etwas leerer als zuvor ist.

Blue Valentine“; USA (2010); 112 min; D: Derek Cianfrance; C: Michelle Williams, Ryan Gosling ; M: Grizzly Bear

 

6 von 7 Sternen

Alexander George

The Departed

Die Polizei kämpft seit Jahren vergebens gegen die irische Mafia in Boston, Massachusetts. Frank Costello (Jack Nicholson), der Mafia Boss, schleust frühzeitig Colin Sullivan (Matt Damon) in die Massachusetts State Police ein. Somit kann er sich aus bester Quelle Informationen beschaffen, um nicht von der Polizei gefaßt und von einem Gericht verurteilt zu werden. Gleichzeitig hat es die Polizei geschafft einen V-Mann in Costellos Reihen zu infiltrieren. Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) wird von Captain Queenan (Martin Sheen) ganz nah in Costellos Verbrecherbande gebracht. Es entwickelt sich ein Katz und Maus-Spiel wobei jeder von den beiden Spitzeln versucht, dass ihre Identitäten nicht ans Tageslicht kommen.

Regie: Martin Scorsese, Kamera: Michael Ballhaus, Schnitt: Thelma Schoonmaker, Musik: Howard Shore, Produzent: u. a. Brad Pitt; Darsteller: Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Martin Sheen, Vera Farmiga und Alec Baldwin. Kann solch eine Starbesetzung überhaupt einen schlechten Film ergeben? Natürlich nicht. Allein der Name Scorsese ist eine Garantie für einen äußerst guten, höchst professionellen und unterhaltenden Film. „The Departed“ glänzt vor allem mit seiner Top-Besetzung, da auch alle ihren Job Top machen! Allen voran die glanzvolle Leistung von Leonardo DiCaprio und Jack Nicholson müssen hier genannt werden. Aber auch alle anderen Haupt- und Nebendarsteller laufen zu Höchstform auf. Bei der teilweisen komplexen Story darf man keine Minute unaufmerksam sein. Ansonsten verliert man schnell den Faden. Dies beschert dem Film die Überschrift: „Anspruchsvoller Blockbuster“ allemal. Scorsese hat aber neben einer tollen Story und den brillanten Darstellern auch noch eine hervorragende Kameraarbeit von Michael Ballhaus und einen vorzüglichen Schnitt anzubieten. Die Bildgestaltung lässt nichts zu wünschen übrig, einfach großartig. Musikalisch wird der Film von Howard Shores spannenden Klängen begleitet und bietet dazu noch eine Menge toller Tracks von den Rolling Stones oder John Lennon an. Anzumerken ist noch, dass „The Departed“ ein Remake des Hongkong-Thrillers „Infernal Affairs“ aus dem Jahr 2002 ist.

Schwierig wird es negative Kritik an diesem Film zu üben. Er ist durchweg unterhaltend, spannend und vor allem darstellerisch bis in die Nebenrollen großartig besetzt. Vielleicht hätte man sich ein, zwei Szenen hinzu gewünscht und ein, zwei hätten gestrichen werden können, um den Fokus auf wichtigere Dinge zu legen. Aber das ist dann schon Kritik auf sehr hohem Niveau und vielleicht auch ungerechtfertigt. „The Departed“ ist ein sehr guter Thriller mit einer Film Noir – Note, teilweise erschreckend brutal, aber auch brutal ehrlich und dadurch authentisch. Sehr sehenswert!!


The Departed“; USA (2006); 149 min; D: Martin Scorsese; C: Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Jack Nicholson, Mark Wahlberg, Martin Sheen, Vera Farmiga und Alec Baldwin; M: Howard Shore

 

6 von 7 Sternen

Alexander George

Brügge sehen… und sterben?

Die beiden Auftragskiller Ray (Colin Farrell) und Ken (Brendan Gleeson) sollen in Brügge auf ihren nächsten Auftrag warten. Doch ihr Auftraggeber lässt sich diesmal ganz schön viel Zeit um Sie zu kontaktieren. Während Ken das mittelalterlich-gebliebene Brügge in vollen Zügen genießt, möchte Ray so schnell wie möglich wieder die Stadt verlassen. Als sich Boss Harry (Ralph Fiennes) dann endlich meldet, überschlagen sich die Ereignisse.

Mit seinem ersten Langspielfilm kreierte Regisseur und Drehbuchautor Martin McDonagh einen Film zwischen Komödie und Drama. Die beiden Genres stehen im harten Kontrast gegenüber, ur-komisch trifft auf bitterböse, wie man es selten in einem Film gesehen hat. Sehr schön ist dabei die wundervolle Stadt Brügge anzuschauen, die gut in Szene gesetzt wird. Die beiden Hauptdarsteller Colin Farrell und Brendan Gleeson machen ihre Sache sehr gut. Der Film schafft jedoch nicht auf ganzer Linie zu überzeugen. Die Idee lustige Momente so dicht mit traurigen zu verweben oder auch mit merkwürdigen Situation zu paaren, mag einerseits ein sehr guter Einfall sein, wirkt doch andererseits in ihrer Umsetzung etwas zu gegensätzlich um daran wirklich durchgehend Gefallen finden zu können. Einige Figuren wirken etwas zu konstruiert in der Geschichte und lassen den Film in seiner doch sonst überzeugenden Art etwas unrealistisch wirken. Überraschend sind einige wenige kurze Szenen, die sehr brutal sind. Lobenswert ist vor allem die schöne Lichtsetzung in den Straßen von Brügge.

Brügge sehen… und sterben?“ sorgt für nette Unterhaltung, wartet mit einigen Überraschungen auf und bietet gutes Schauspiel an. Sehenswert ist der Film, aber auf jeden Fall nach dem Prinzip: einmal reicht.


Brügge sehen… und sterben?/In Bruges “; UK (2008); 107 min; D: Martin McDonagh; C: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Ralph Fiennes M: Carter Burwell

 

 

3 von 7 Sternen

Alexander George

Palindrome

Die dreizehnjährige Aviva (von 8 verschiedenen Darstellerinnen gespielt) wünscht sich schon als kleines Mädchen ein Baby. Noch im Kindesalter setzt Sie ihren Wunsch in die Realität um und wird schwanger. Als ihre Mutter Joyce (Ellen Barkin) davon erfährt, beschließt Aviva eigenständig die Abtreibung des Kindes. Kurz nach der erfolgreichen Abtreibung, jedoch mit schwerwiegenden Folgen, reißt Sie von zu Hause aus. Unterwegs trifft Sie auf fanatische Christen, Mörder und Pädophile.

Nun – wie sich schon aus der groben Beschreibung des Inhalts feststellen lässt, greift der Regisseur und Autor des Films Todd Solondz gleich mehrere Tabu-Themen auf. Genau darin besteht auch das Problem des ganzen Films und in dessen Umsetzung dieser schwierigen Themen. Wie ein minderjähriges Mädchen mit einem älteren Mann schläft und dieses auch noch (zwar nicht im Detail) auf der Leinwand gezeigt wird, grenzt schon an Darstellung von Kinderpornografie. Es ist eine Unverschämtheit solche Bilder überhaupt zeigen zu dürfen, allein schon zum Schutz der Kinder. Sicherlich ist es immer schwierig mit Themen wie Pädophilie richtig umzugehen. Aber wenn man es nicht professionell und politisch korrekt darstellen kann, dann sollte man es gefälligst sein lassen. Die Idee die Darstellerin Aviva gleich von 8 verschiedenen Schauspielerinnen verkörpern zu lassen mag auf den ersten Blick innovativ erscheinen, ist jedoch an dieser Stelle völlig unnötig und auch nicht logisch konsequent vollzogen worden. Zumal alle Mädchen eher in ihrer vollen „Hässlichkeit“ gezeigt werden, was einer demütigenden Darstellung derer gleicht. Für ein paar wenige Lacher sorgt die spätere Pflegefamilie in welcher Aviva landet. Diese fanatischen Christen und deren Leben werden doch sehr überzogen und satirisch dargestellt. Einige Darsteller machen ihre Arbeit ganz gut. Aber das Verhalten der Eltern, allen voran das der Mutter (Ellen Barkin), wirkt abstoßend und trifft auf Unverständnis. Sicherlich gibt es solche Eltern, aber möchte man so etwas in dieser Form in einem Film sehen? Die Antwort lautet eindeutig: Nein!

Zur Machart des Films ist zu sagen, dass er solide ist, aber durch keine großen Auffälligkeiten als besonders gut empfunden werden kann: weder im Schnitt noch bei der Kamera oder auf der Tonebene.

Todd Solondz wollte sicherlich einen provokanten Film machen, doch er erreicht nur Ablehnung und Ekel des Zuschauers. Ein Wunder, dass man überhaupt diese 100 Minuten ohne seelischen Schaden überstehen kann. Ich für meinen Teil habe den Film nur zu Ende geschaut um eine Rezension verfassen zu können. Ansonsten rate ich jedem von „Palindrome“ ab, falls man seine wertvolle Lebenszeit nicht verschwenden möchte. Eines hat der Regisseur jedoch geschafft: er heizt damit zu Diskussionen an. Aber nicht über die Tabuthemen, sondern wie man solche Themen so schlecht in einem Film verpacken kann und dann auch noch öffentlich aufführen. Eine Unverschämtheit!

 

Palindrome“; USA (2005); 100 min; D: Todd Solondz; C: Jennifer Jason Leigh, Ellen Barkin, Matthew Faber, Stephen Adly-Guirgis, Debra Monk, Emani Sledge, Valerie Shusterov, Hannah Freiman, Rachel Corr, Will Denton, Sharon Wilkins, Shayna Levine; M: Nathan Larson

 

0 von 7 Sternen

Alexander George

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