District 9

Sie sind da! Die Außerirdischen sind auf der Erde angekommen. Oder zumindest fast. Denn die Außerirdischen hausen in einer abgeschotteten Region in Johannesburg mit dem Namen District 9. Dort leben sie in einer Art Slum, überleben durch das Sammeln von Nahrung aus Müll oder durch das Ausüben von Verbrechen. Eine Organisation namens MNU kümmert sich seit der Ankunft der außerirdischen Insektoide darum diese unter Kontrolle zu halten und deren überlegene Waffentechnik zu erforschen.
Als die MNU beschließt District 9 zu schließen und in etwa 200 Kilometern Entfernung District 10 zu eröffnen, wo die Aliens besser kontrollierbar sind, kommt es zu Spannungen, besonders als bei Wikus van de Merwe, seinerseits ein hoher Mitarbeiter der MNU, durch den Kontakt mit einer seltsamen Alien-Flüssigkeit eine ungewöhnliche Krankheit ausbricht, die sein Leben verändern soll.

Regisseur Neill Blomkamp hat mit dem Film einen Spagat geschaffen zwischen aktueller Gesellschaftskritik und Science Fiction. Mehr als deutlich wird dem Zuschauer klar, dass nicht zufällig Johannesburg, einstmals Hochburg der Apartheid, gewählt wurde um Schauplatz für District 9 zu sein. Allerdings geht die außerordentlich gute Idee leider an vielen Stellen unter, da der Film doch einige Schwächen hat, die den Gesamteindruck sinken lassen und einiges an Potential verschenkt wird.

Erstes großes Manko ist der Hauptdarsteller Sharlto Copley, der an vielen Stellen einfach nicht glaubwürdig rüber kommt. Zu beginn des Films ist der Charakter vollkommen überzeichnet und wirkt schon fast wie ein typischer Darsteller einer durchschnittlichen US-Komödie. Durch die missratene deutsche Synchronisation wird dieser Effekt gleich potenziert.
Ein weiterer Punkt sind die riesig klaffenden Löcher in der Logik der Geschichte: Aliens, die der Menschheit in Sachen Technik um Lichtjahre voraus sind, lassen sich von nigerianischen Kriminellen einen super modernen Kampfroboter für 100 Dosen Katzenfutter abkaufen. Menschen und Außerirdische leben schon so lange zusammen, dass die Menschen die Sprache der Aliens perfekt verstehen aber Hintergrundinfos gibt es keine, weil sie keiner weiß… Hätte man die Außerirdischen nicht einfach innerhalb von 20 Jahren wenigstens einmal fragen können?
Generell wirkt vieles konstruiert und/oder überzeichnet und hält einer kritischen Hinterfragung der Logik des Ganzen keinen Stand.

Auch die Dramaturgie des Filmes lässt zu wünschen übrig, da trotz eines anderen Settings die gleiche Geschichte erzählt wird, die man schon aus „Der mit dem Wolf tanzt“, „Avatar“ und „Pocahontas“ kennt. Einziger Unterschied dabei ist, dass der Protagonist nicht aus Liebe, sondern wegen einer Krankheit gezwungen wird sich gegen seine ehemaligen Verbündeten zu stellen.

Zu guter Letzt kann man noch kritisieren, dass der Erzählstil nicht konsequent umgesetzt wurde. Anfangs beginnt der Film wie ein Dokumentarfilm, lässt dieses Stilmittel im Verlauf des Films nur noch aufkommen, wenn es darum geht, effektvoll eine Kameralinse mit dem Gehirn eines jüngst verstorbenen zu verschmieren. Somit ist der Film weder als Dokumentarfilm, der in dem gebotenen Setting in einem imaginären Fernsehsender laufen könnte, noch als einen reinen erzählten Actionfilm zu verstehen. Das ist inkonsequent, effekthascherisch und nervig. Besonders die oft wiederkehrende Brutalität macht nur an wenigen Stellen einen dramaturgischen Sinn, erzeugt Ekel und fesselt ausschließlich aus Sensationsgeilheit.

Trotz alledem ist District 9 ein Hingucker, denn die Effekte sind sehenswert, das Setting ist sehr originell und die durch Parallelen zur Apartheid gestrickte Gesellschaftskritik wirkt im Gegenzug zu vielen anderen Aspekten des Films glaubwürdig. Schraubt man seine inhaltlichen Erwartungen an das Werk herunter, die durch den ausgesprochen interessanten Anfang des Films erweckt werden, so kann man doch Spaß mit District 9 haben und sich nach guter Popcorn-Manier unterhalten lassen.

 

„USA, NZ (2009), 112 Min., R: Neill Blomkamp, C: Sharlto Copley; M: Clinton Shorter.“

 

Ian Lang

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