Palindrome

Die dreizehnjährige Aviva (von 8 verschiedenen Darstellerinnen gespielt) wünscht sich schon als kleines Mädchen ein Baby. Noch im Kindesalter setzt Sie ihren Wunsch in die Realität um und wird schwanger. Als ihre Mutter Joyce (Ellen Barkin) davon erfährt, beschließt Aviva eigenständig die Abtreibung des Kindes. Kurz nach der erfolgreichen Abtreibung, jedoch mit schwerwiegenden Folgen, reißt Sie von zu Hause aus. Unterwegs trifft Sie auf fanatische Christen, Mörder und Pädophile.

Nun – wie sich schon aus der groben Beschreibung des Inhalts feststellen lässt, greift der Regisseur und Autor des Films Todd Solondz gleich mehrere Tabu-Themen auf. Genau darin besteht auch das Problem des ganzen Films und in dessen Umsetzung dieser schwierigen Themen. Wie ein minderjähriges Mädchen mit einem älteren Mann schläft und dieses auch noch (zwar nicht im Detail) auf der Leinwand gezeigt wird, grenzt schon an Darstellung von Kinderpornografie. Es ist eine Unverschämtheit solche Bilder überhaupt zeigen zu dürfen, allein schon zum Schutz der Kinder. Sicherlich ist es immer schwierig mit Themen wie Pädophilie richtig umzugehen. Aber wenn man es nicht professionell und politisch korrekt darstellen kann, dann sollte man es gefälligst sein lassen. Die Idee die Darstellerin Aviva gleich von 8 verschiedenen Schauspielerinnen verkörpern zu lassen mag auf den ersten Blick innovativ erscheinen, ist jedoch an dieser Stelle völlig unnötig und auch nicht logisch konsequent vollzogen worden. Zumal alle Mädchen eher in ihrer vollen „Hässlichkeit“ gezeigt werden, was einer demütigenden Darstellung derer gleicht. Für ein paar wenige Lacher sorgt die spätere Pflegefamilie in welcher Aviva landet. Diese fanatischen Christen und deren Leben werden doch sehr überzogen und satirisch dargestellt. Einige Darsteller machen ihre Arbeit ganz gut. Aber das Verhalten der Eltern, allen voran das der Mutter (Ellen Barkin), wirkt abstoßend und trifft auf Unverständnis. Sicherlich gibt es solche Eltern, aber möchte man so etwas in dieser Form in einem Film sehen? Die Antwort lautet eindeutig: Nein!

Zur Machart des Films ist zu sagen, dass er solide ist, aber durch keine großen Auffälligkeiten als besonders gut empfunden werden kann: weder im Schnitt noch bei der Kamera oder auf der Tonebene.

Todd Solondz wollte sicherlich einen provokanten Film machen, doch er erreicht nur Ablehnung und Ekel des Zuschauers. Ein Wunder, dass man überhaupt diese 100 Minuten ohne seelischen Schaden überstehen kann. Ich für meinen Teil habe den Film nur zu Ende geschaut um eine Rezension verfassen zu können. Ansonsten rate ich jedem von „Palindrome“ ab, falls man seine wertvolle Lebenszeit nicht verschwenden möchte. Eines hat der Regisseur jedoch geschafft: er heizt damit zu Diskussionen an. Aber nicht über die Tabuthemen, sondern wie man solche Themen so schlecht in einem Film verpacken kann und dann auch noch öffentlich aufführen. Eine Unverschämtheit!

 

Palindrome“; USA (2005); 100 min; D: Todd Solondz; C: Jennifer Jason Leigh, Ellen Barkin, Matthew Faber, Stephen Adly-Guirgis, Debra Monk, Emani Sledge, Valerie Shusterov, Hannah Freiman, Rachel Corr, Will Denton, Sharon Wilkins, Shayna Levine; M: Nathan Larson

 

0 von 7 Sternen

Alexander George

Smart People

Lawrence Wetherhold (Dennis Quaid) ist ein arroganter und überheblicher Professor an einer Universität. Er kann auch nach Jahren nicht den Tod seiner Frau verkraften. Die Familienverhältnisse sind angespannt zwischen ihm und seinen Kindern Vanessa (Ellen Page) und James (Ashton Holmes). Dann kommt auch noch sein Adoptivbruder Chuck (Thomas Haden Church) höchst ungelegen zu Besuch. Doch als er Ärztin Janet (Sarah Jessica Parker) im Krankenhaus kennenlernt, ändert sich doch ein wenig sein tristes Leben.

Der noch recht unbekannte Regisseur Noam Murro arbeitet gerade an „Stirb Langsam 5“. „Smart People“ ist das erste und einzige bekannte Werk von ihm. Der Film erinnert atmosphärisch stark an „Wonder Boys“. Er hat die selbe gemütliche Grundstimmung und so ist es ein eher ruhiger, nachdenklicher Film. Es gibt innerhalb der Familie intelligente uns sehr schön zynische Gespräche mit einigem Wortwitz. Diese tragen zu einer kurzweiligen Unterhaltung bei. Besonders die Musik vom portugiesischem Gitarristen und Singer-Songwriter Nuno Bettencourt, die den ganzen Film über den Zuschauer dicht begleitet, ist hier sehr positiv hervorzuheben. Darstellerisch sind Dennis Quaid und Sarah Jessica Parker mittelmäßig bis okay in ihren Hauptrollen. Sie verblassen im Gegensatz zu den wundervollen Darstellungen von Ellen Page („Hard Candy“, „Juno“ und „Inception“) und Thomas Haden Church („Sideways“) ein ganzes Stück. Vor allem Ellen Page spielt ihre Rolle so großartig in ihrer sarkastischen Art. Sie wertet den Gesamteindruck des Films auf jeden Fall erheblich auf!

Also 1 ½ Stunden seichte Unterhaltung im Independet-Stil gehalten. Kein Top- kein Flop: dazwischen quasi.

 

 

Smart People“; USA (2007); 91 min; D: Noam Murro; C: Dennis Quaid, Sarah Jessica Parker, Ellen Page, Thomas Haden Church, Ashton Holmes, M: Nuno Bettencourt

 

3 von 7 Sternen

Alexander George

Stay

Schreibe man einen Artikel im Erzählstil von Stay, so würde ich damit beginnen zu sagen: Dieser Film ist ein echter Hingucker, den sollte man sich anschauen!
Zu Beginn viel sagend, aber trotzdem wenig offenbarend beginnt Stay damit, dass Henry Letham (Ryan Gosling) nach einem Autounfall, der sehr effektvoll dargestellt wird, quasi unverletzt von Dannen zieht. Kurz darauf treffen er und Sam Foster (Ewan McGregor) aufeinander, wobei dieser sich als der neuer Psychiater Henrys vorstellt. Bereits zu Beginn wird klar, dass hier etwas nicht stimmt: Henry sagt bei strahlendem Sonnenschein voraus, dass es hageln wird – was tatsächlich auch eintrifft. Bei einem zweiten Treffen sagt er, dass er sich zu seinem 21. Geburtstag umbringen möchte, was Sam Foster besonders trifft, da seine Freundin Lila (Naomi Watts) einen Selbstmordversuch hinter sich hat. So versucht Sam verzweifelt mehr Licht ins Dunkel zu bringen, warum Henry das tun möchte und was die Hintergründe dieser mysteriösen Person sind. Dabei stößt Sam immer weiter an seine Grenzen und tangiert selbst die Grenze zum Wahnsinn.

Das ganze wird fulminant und unkonventionell in Szene gesetzt. Neben der interessanten Erzählweise des Regisseurs Marc Forster, die viele Parallelen zwischen Psychiater und Patient aufzeigt und thematisiert, ist besonders der Schnitt, der absolut genial, präzise und durchdacht ist, ein echtes Highlight und lässt schon einmal die Frage aufkommen, warum hier keine Nominierung für den Oscar stattfand. Zum Beispiel wird es durch das gewollte Einsetzen von Achssprüngen innerhalb eines normalen Dialogs zwischen den beiden Hauptprotagonisten möglich, dass es so wirkt, als würde nur eine Person mit sich selbst sprechen. Dies verstört den Zuschauer und schafft gleichzeitig eine unglaublich starke Metapher, wenn man diese Szene gegen Ende des Films noch vor Augen hat. Auch die visuellen Effekte und die Filmmusik schaffen es eine unglaubliche Atmosphäre aufzubauen, die an Spannung schwer zu übertreffen ist und ein Mitfiebern garantiert. Besonders das Ende ist ein visueller Augenschmaus!

An den Kinokassen ist Stay leider gefloppt, wahrscheinlich wegen dem zu hohen Anspruch an den Zuschauer – Schade. Es fällt schwer negative Kritik an Stay auszuüben, denn der Film hat fast alles, was ein guter Film braucht: Eine tolle Story, ausgezeichnete Schauspieler, eine tolle Kameraarbeit, einen unübertreffbar guten Schnitt, sensationell gute Musik, visuelle Effekte vom feinsten und Niveau. Fast alles, was ein Film braucht. Fehlen nur noch die Zuschauer…

 

„USA (2005), 99 Min., R: Marc Forster, C: Ewan McGregor, Ryan Gosling, Naomi Watts, Bob Hoskins; M: Asche & Spencer; S: Matt Cheese.“

 


Ian Lang

A Clockwork Orange

Rote Bildfläche, grandiose Intro-Musik, Produktion/Titel/Regisseur und dann Alexander DeLarge (Malcolm McDowell) in der Großaufnahme. Die Kamera fährt zurück und man sieht ihn zwischen seinen Droogies in der Korova Milk Bar. Das filmische Meisterwerk „A Clockwork Orange“ kann beginnen.

A Clockwork Orange“ oder „Uhrwerk Orange“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Anthony Burgess und wurde von der Regie-Legende Stanley Kubrick 1971 verfilmt. Dabei basiert der Film auf der amerikanischen Version des Buches, in der das letzte Kapitel gekürzt wurde.

Alex lebt in einem Vorort von London. Er führt eine kleine Gang an, liebt die Musik von Beethoven und ist sehr gewalttätig. Oft treiben die sogenannten Droogies ihr Unwesen: verprügeln Obdachlose, rauben und vergewaltigen. Als Alex jedoch bei einem Einbruch eine Frau tötet, wird er von der Polizei geschnappt. Als Gefangener wird er mehr oder minder zufällig der Auserwählte für eine neue Therapie-Methode um aus einem „bösen“ einen „guten“ Menschen zu machen. Unterstützt und vorangebracht wird dieses Programm durch den Innenminister (Anthony Sharp).

Zuerst muss die außerordentlich geniale Geschichte gelobt werden. Der Film besteht aus 2 Teilen: der erste Teil, der die Gewalttaten der Droogies zeigt und der zweite Teil, der die versuchte Resozialisierung von Alex darstellt. Manch einer wird sicherlich die Taten als gewaltverherrlichende Darstellung ansehen mögen, vor allem wie sie im Film in ihrer ganzen Brutalität dargestellt werden. Doch die Gewalt ist hier ein Mittel zum Zweck. Es ist Alex’ Sicht der Dinge und aus seinem Blickwinkel werden diese Taten dargestellt. Kubrick übt auch Kritik an der Gesellschaft, sei es an dem machtpolitischen Spielen der Regierung, den Unsicherheiten innerhalb der Arbeiterklasse verzweifelter Eltern oder dem platten Schubladendenken von Ärzten oder Pädagogen, die mit Gehirnwäschen eine Veränderung eines Menschen erzeugen wollen. Die Individualität eines jeden ist eines der zentralen Themen im Film.

Der Kleidungsstil der Gang ist einer der vielen besonderen Dinge im Film. Ganz in weißer Kluft mit schwarzen Springerstiefeln, Melone und Hosenträgern treiben die Droogies ihr Unwesen. Die eigens kreierte Kunstsprache (im englischen Original natürlich noch viel besser als im deutschen) ist ein Mix aus Cogney-Slang und russischen Wortfetzen. Dieser besonderen Sprache zuzuhören macht die ganze Zeit über Freude.

Die Musik ist hervorragend ausgewählt und komponiert worden. Hier paaren sich die klassischen Meisterwerke von Ludwig van Beethoven mit den futuristisch angehauchten Remixen von Wendy Carlos und ihrer eigens für den Film komponierten Musik. Nicht umsonst ist der Soundtrack (2 CDs sind erschienen: Score und Soundtrack) ein musikalischer Meilenstein im filmischen Bereich. Die elektronischen Klänge verleihen diesen Film aus den Siebzigern einen ganz eigenen Touch.

Die Rollen sind fast alle durchweg exzellent besetzt worden. Natürlich allen voran Alex (Malcolm McDowell), der wohl die Rolle seines Lebens damit spielte. Aber auch der Hauptwachmeister im Gefängnis (Michael Bates), der Autor Frank Alexander (Patrick Magee) und der Innenminister (Anthony Sharp) spielen hervorragend. Ganz besonders hat Kubrick hier Wert auf die Mimik der Darsteller gelegt. Oftmals ist das Gesicht im Zentrum des Bildes und die Emotionen werden hier absichtlich übertrieben dargestellt. Einzig allein die Mit-Droogies gehen etwas in der Präsenz unter oder kommen etwas zu kurz.

Die Inszenierung von Kubrick ist wundervoll gelungen. Auf das futuristische Setdesign wurde viel Wert gelegt und es gelingt dadurch eine kleine eigene Welt darzustellen. Die Farben sind schrill, grell und bunt. So auch die Bilder. Es gibt einige sehr schöne Kamerafahrten. Auch wurde hier schon 1971 die Handkamera in einigen Szenen eingesetzt, diese geben dem Film viel Authentizität und man kann sich in dieser subjektiven Sicht von Alex direkt in seine geistige Verfassung hineinversetzen. Leider gibt es doch einige Szenen wo die bewusst gewollten „schmutzigen, körnigen“ Bilder etwas zu unscharf wirken. So geht auch etwas der Plastizität des Bildes dadurch verloren, auch in der Bluray-Version. Schön ist der Einsatz in vielen Bildern mit den Superweitwinkelobjektiven, die sehr viel Raum abbilden können. Weiterhin gibt es ganz besonders schön inszenierte Szenen im Film, die schon fast Videoclip-artig wirken. Sei es als Alex in seinem Zimmer die Musik von Beethoven hört oder die im Fast-Forward abgespulte Liebesszene mit ihm und zwei Frauen, die er in einem Plattenladen flüchtig kennen gelernt hat. Auch die immer wieder auftauchenden genialen Tagträume von Alex sind ein Genuss.

A Clockwork Orange“ ist einer der besten Filme die es gibt und vielleicht der beste von Kubrick. Der Film hat maßgeblich die Popkultur beeinflusst und viele Menschen inspiriert und fasziniert. Ein „Must-Have-Seen-Once-In-Your-Life-Movie“! Mehr gibt es zu diesem Meisterstück nicht zu sagen.

 

 

A Clockwork Orange“; GB (1971); 137 min; D: Stanley Kubrick; C: Malcolm McDowell, Patrick Magee, Michael Bates, Adrienne Corri, Anthony Sharp, M: Wendy Carlos

 

7 von 7 Sternen

Alexander George

Soderbergh hört auf Filme zu machen!

Mitte 2009 sagte Soderbergh in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung: „Wenn ich zu viele Filme mache, die am Ende niemand sehen will, mache ich irgendwann gar keine Filme mehr. Das ist einfach so. Und ja, manchmal spüre ich jetzt doch, dass ich nicht mehr am Beginn meiner Karriere bin – es geht eher in Richtung Ende.“ Dieses Ende hat er jetzt also endgültig beschlossen. Kürzlich ließ Soderbergh laut „Hollywood Reporter“ in einem Radiointerview verlauten: „Ich habe den Punkt erreicht, wo ich mir denke: Wenn ich noch ein einziges Mal in einen Van steige und mir eine Film-Location anschauen muss, dann gebe ich mir die Kugel. Es ist also höchste Zeit, jemanden in den Van steigen zu lassen, der noch immer Spaß daran hat, in einen Van zu steigen“. Ist es gut, dass er jetzt das Handtuch schmeißen wird? Die Antwort lautet leider: Ja!

 

Soderbergh begann seine Karriere 1989 mit „Sex, Lügen und Video“ und bekam dafür die Goldene Palme. Es ging weiter mit einigen Mittelklasse Filmen wie „Kafka“ oder „Die Kehrseite der Medaille“. Dort entwickelte Soderbergh seinen ganz eigenen, bekannten Stil: der typische Schnitt-Stil, die Nutzung der Handkamera (er selbst auch als Kameramann) und die unverkennbare musikalische Untermalung der Bilder, oftmals in Zusammenarbeit mit Cliff Martinez (für die ruhigen, atmosphärischen Filme) oder David Holmes (für die coolen, groovenden Filme).

 

Dann kam quasi 1998 sein Comeback mit dem Film „Out of Sight“, der zusätzlich den Karrieredurchbruch für George Clooney und Jennifer Lopez bedeutete. Es folgten wundervolle Filme: „The Limey“ (der Film erzählt un-chronologisch den Rachefeldzug eines Engländers in L.A.) und der herausragende „Erin Brockovich“ mit Julia Roberts (Oscar 2000 als beste Darstellerin). Im gleichen Jahr kam auch sein Meisterwerk „Traffic“ heraus. Der Film zeigt ein Drogendrama, das sämtliche Aspekte des Drogenkriegs beleuchtet. „Traffic“ gewann 4 Oscars. Unter anderem bekam Soderbergh den goldenen „Jungen“ für die beste Regie. Völlig zurecht, denn „Traffic“ ist unantastbar. Ein künstlerisches und vorurteilsloses Meisterstück ohne Gleichen. In all diesen Filmen schaffte es Soderbergh, die Darsteller bis in kleinsten Nebenrollen zur Höchstform auflaufen zu lassen. Diese Schaffensphase brachte komplexe, harmonische und szenisch perfekt aufeinander abgestimmte Filme hervor.

 

Weiter ging es mit den stargespickten drei „Ocean’s“-Filmen, die auf gute Unterhaltung setzten. Wobei der erste Teil noch am besten abschnitt. Es folgte das wundervolle Remake des russischen Films „Solaris“.

 

Doch dann fing es an zu bröckeln in der Soderbergh-Karriere. „The Good German“ und „Der Informant“ enttäuschten. Nicht nur an den Kinokassen, sondern auch bei Fans und Kritikern. Soderberghs typischer Stil kam nicht mehr zum tragen. Die Filme wirkten flach, fade, langweilig. Mit den beiden „Che“ Filmen konnte er einiges wieder gut machen. Die Filme wirken sehr authentisch und interessant inszeniert. Auch die Filme auf spanisch drehen zu lassen ist innovativ und nicht Hollywood-Konform: ein Lob!

 

Dennoch: der geniale Soderbergh ist nicht mehr der, der er einmal war. Man merkt ihm seine Müdigkeit an und es fehlt einfach das gewisse Etwas, das seine Filme immer zum Besonderen, zum Meisterhaften gemacht haben. Sicherlich ist das Kritik auf hohem Niveau. Es ist ganz und gar nicht einfach gute Filme zu machen. Gerade wenn die Erwartungen nach einem Oscar-Regen sehr hoch waren. Die große Verantwortung einen Film zu machen, muss jedes mal von vorne gut gemeistert werden. Doch warum schaffen es andere Regisseure so bravourös? Steven Soderbergh hatte doch bereits die Erfahrung, die er brauchte um weitere Meisterwerke erschaffen zu können. Hat ihm die Hollywood-Machinerie zu sehr zugesetzt?

 

Sehr, sehr schade ist es auf jeden Fall. Denn wir verlieren einen der besten Regisseure die die USA zu bieten hat. Vielleicht braucht es ja auch eine lange kreative Pause um noch einmal ein 2. Comeback feiern zu können. Vielleicht hören wir aber auch nie wieder etwas von ihm. 2 Filme will Soderbergh noch vollenden. Einen davon mit Matt Damon und einen mit George Clooney. Danach ist endgültig Schluss. Wir verneigen uns vor einem „einstigen“ Genie der amerikanischen Filmszene. Er schaffte den Spagat zwischen Hollywood und Independent Cinema, als einer der wenigen. Wir denken darüber nach was schief gelaufen ist. Der bittere Nachgeschmack bleibt. Schade!

 

Alexander George

Thumbsucker

Justin ist siebzehn und lutscht in Situationen, in denen er nicht zurecht kommt, an seinem Daumen. Sein Vater Mike (Vincent D’Onofrio) und Kieferorthopäde Dr. Lyman (Keanu Reeves) versuchen krampfhaft es ihm abzugewöhnen. Seine Mutter Audrey (Tilda Swinton) steht zu ihrem Sohn, trotz seines teilweise eigenartigen Benehmens. Dann ist da noch der Lehrer Mr. Geary (Vince Vaughn), der in Justin Potenzial für den Debattierklub sieht. Als Justin beginnt Medikamente gegen seine Konzentrationsschwäche einzunehmen, wendet sich das Blatt für ihn völlig.

Neben dem talentierten Hauptdarsteller Lou Taylor Pucci spielen Tilda Swinton, Vince Vaughn, Keanu Reeves und Benjamin Bratt in diesem merkwürdigen und äußerst atmosphärisch-schönen Independentfilm mit. Die Musik sollte ursprünglich komplett von Elliott Smith komponiert werden, dieser starb jedoch leider während der Dreharbeiten (die Justiz deklarierte den Fall mangels an Beweisen als Suizid, obwohl man von einem Mord durch seine Ex-Freundin an ihm ausgeht). So wurde der Soundtrack von Tim DeLaughter & The Polyphonic Spree fertiggestellt. Der Soundtrack untermalt wundervoll die Musikvideo-ähnlichen Bilder. Die Musik ist hervorragend und trägt viel Positives zu diesem Film bei. Regisseur Mike Mills (bekannt durch seine Musikvideos mit u.a. Air, Moby oder Zoot Woman) erzählt eine etwas abgedrehte Geschichte liebevoll, auf eine melancholische und teilweise lustige, aber nie alberne Art. Technisch anspruchsvoll inszeniert mit cleveren Matchcuts, einer tollen Kameraführung und exzellenten Schauspielern werden dem Zuschauer 96 tolle Minuten Unterhaltung geboten. Jedoch muss man sich auf diese unspektakuläre Geschichte auch einlassen können. Wer nichts für Independent-Kino übrig hat, sollte diesen Streifen auslassen. Der Film bietet keine Action, keine überraschenden Wendungen. Er bleibt auf dem Boden der Tatsachen und zeigt den Alltag eines Teenagers und seiner Sinnsuche im Leben.

 

„Thumbsucker“; USA (2005); D: Mike Mills; C: Lou Taylor Pucci, Tilda Swinton, Keanu Reeves, Vincent D’Onofrio, Benjamin Bratt, Kelli Garner, Vince Vaughn; M: Tim DeLaughter, Elliott Smith

 

6 von 7 Sternen

Alexander George

The Girlfriend Experience

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

„The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

„The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

1 von 7 Sternen

Alexander George

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

 

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

 

The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

 

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

 

Alexander George

 

1 von 7 Sternen

Chelsea aka Christine (Sasha Grey) bietet sich als Escort-Model an. Sie ist also nicht nur Prostituierte, sondern auch „Begleiterin“ oder „Freundin“ für einen Abend lang. Chelsea ist angesehen und treibt sich in den Kreisen der New Yorker Upperclass herum. Trotzdem ist Sie mit ihrem festen Freund, Trainer Chris (Chris Santos), zusammen. Beide arrangieren sich mit der Situation. Doch dann beginnt die einst feste Beziehung plötzlich ins Wanken zu geraten.

 

Soderberghs letzter Film aus dem Jahr 2009 schaffte es nicht in die deutschen Kinos. Kein Verleiher fand sich bis heute. Selbst eine deutsch synchronisierte Fassung ist nicht erhältlich. Zu Recht? Ja und Nein. „The Girlfriend Experience“ enttäuscht: es gibt da furchtbare Szenen in einem Flugzeug. Es ist ein „Betriebsausflug“ nach Las Vegas und die feucht fröhlichen Angestellten filmen sich dabei selbst. Völlig überstrahlte (fast handy-artige) verwackelte Bilder, von denen einem schlecht werden kann. Sicherlich ist das Absicht, aber es ist sicherlich keine Kunst. 80 Prozent der Dialoge sind schlichtweg pure Langweile und man hofft bis zum Schluss, dass etwas Spannendes passiert: Fehlanzeige. Dazu kommen die durchweg unsympathischen Darsteller. Einzig und allein Porno-Star Sasha Grey ist nett anzusehen und spielt ihre Rolle einigermaßen überzeugend. Man kann sich jedoch mit keiner Figur identifizieren, es fehlt eine Bezugsperson im gesamten Film.

 

„The Girlfriend Experience“ ist eher experimentell. Dort liegen auch einige positiv zu vermeldende Szenen. Da sind die schön in Szene gesetzten Bilder von Chelsea im Auto, die uns den ganzen Film hindurch immer wieder begleiten. Eine typische Soderbergh-Einstellung, die er schon seit seinen ersten Werken immer wieder gern verwendet. Auch einige innovativ gewollten Unschärfen und der unkonventionelle Schnitt sowie interessante Einstellungen, werten den Film etwas auf. Soderbergh hat den Mut szenenweise keine Atmo zu verwenden. Die Übergänge innerhalb eines Schnitts und dessen versetze Bild- und Tonebene sind zweifelsohne eine Klasse für sich. Auch die Idee Straßenmusiker als „Interludes“ agieren zu lassen ist eine sehr schöne Idee.

 

Trotz den guten technischen Ideen, funktioniert der Film nicht. Die Motivation der Charaktere wird nicht klar. Die Story ist langatmig und dröge. Der Schluss lässt einen dann ratlos und unzufrieden zurück. Den genialen Soderbergh wie wir ihn einst aus „Traffic“ kannten, ist in seiner Handschrift nur schwer zu erkennen. Leider wurde hier das Potenzial, dass der Film besitzt, wieder einmal verschenkt.

 

„The Girlfriend Experience“; USA (2009); D: Steven Soderbergh; C: Sasha Grey, Chris Santos; M: Ross Godfrey

 

 

Alexander George

 

1 von 7 Sternen

District 9

Sie sind da! Die Außerirdischen sind auf der Erde angekommen. Oder zumindest fast. Denn die Außerirdischen hausen in einer abgeschotteten Region in Johannesburg mit dem Namen District 9. Dort leben sie in einer Art Slum, überleben durch das Sammeln von Nahrung aus Müll oder durch das Ausüben von Verbrechen. Eine Organisation namens MNU kümmert sich seit der Ankunft der außerirdischen Insektoide darum diese unter Kontrolle zu halten und deren überlegene Waffentechnik zu erforschen.
Als die MNU beschließt District 9 zu schließen und in etwa 200 Kilometern Entfernung District 10 zu eröffnen, wo die Aliens besser kontrollierbar sind, kommt es zu Spannungen, besonders als bei Wikus van de Merwe, seinerseits ein hoher Mitarbeiter der MNU, durch den Kontakt mit einer seltsamen Alien-Flüssigkeit eine ungewöhnliche Krankheit ausbricht, die sein Leben verändern soll.

Regisseur Neill Blomkamp hat mit dem Film einen Spagat geschaffen zwischen aktueller Gesellschaftskritik und Science Fiction. Mehr als deutlich wird dem Zuschauer klar, dass nicht zufällig Johannesburg, einstmals Hochburg der Apartheid, gewählt wurde um Schauplatz für District 9 zu sein. Allerdings geht die außerordentlich gute Idee leider an vielen Stellen unter, da der Film doch einige Schwächen hat, die den Gesamteindruck sinken lassen und einiges an Potential verschenkt wird.

Erstes großes Manko ist der Hauptdarsteller Sharlto Copley, der an vielen Stellen einfach nicht glaubwürdig rüber kommt. Zu beginn des Films ist der Charakter vollkommen überzeichnet und wirkt schon fast wie ein typischer Darsteller einer durchschnittlichen US-Komödie. Durch die missratene deutsche Synchronisation wird dieser Effekt gleich potenziert.
Ein weiterer Punkt sind die riesig klaffenden Löcher in der Logik der Geschichte: Aliens, die der Menschheit in Sachen Technik um Lichtjahre voraus sind, lassen sich von nigerianischen Kriminellen einen super modernen Kampfroboter für 100 Dosen Katzenfutter abkaufen. Menschen und Außerirdische leben schon so lange zusammen, dass die Menschen die Sprache der Aliens perfekt verstehen aber Hintergrundinfos gibt es keine, weil sie keiner weiß… Hätte man die Außerirdischen nicht einfach innerhalb von 20 Jahren wenigstens einmal fragen können?
Generell wirkt vieles konstruiert und/oder überzeichnet und hält einer kritischen Hinterfragung der Logik des Ganzen keinen Stand.

Auch die Dramaturgie des Filmes lässt zu wünschen übrig, da trotz eines anderen Settings die gleiche Geschichte erzählt wird, die man schon aus „Der mit dem Wolf tanzt“, „Avatar“ und „Pocahontas“ kennt. Einziger Unterschied dabei ist, dass der Protagonist nicht aus Liebe, sondern wegen einer Krankheit gezwungen wird sich gegen seine ehemaligen Verbündeten zu stellen.

Zu guter Letzt kann man noch kritisieren, dass der Erzählstil nicht konsequent umgesetzt wurde. Anfangs beginnt der Film wie ein Dokumentarfilm, lässt dieses Stilmittel im Verlauf des Films nur noch aufkommen, wenn es darum geht, effektvoll eine Kameralinse mit dem Gehirn eines jüngst verstorbenen zu verschmieren. Somit ist der Film weder als Dokumentarfilm, der in dem gebotenen Setting in einem imaginären Fernsehsender laufen könnte, noch als einen reinen erzählten Actionfilm zu verstehen. Das ist inkonsequent, effekthascherisch und nervig. Besonders die oft wiederkehrende Brutalität macht nur an wenigen Stellen einen dramaturgischen Sinn, erzeugt Ekel und fesselt ausschließlich aus Sensationsgeilheit.

Trotz alledem ist District 9 ein Hingucker, denn die Effekte sind sehenswert, das Setting ist sehr originell und die durch Parallelen zur Apartheid gestrickte Gesellschaftskritik wirkt im Gegenzug zu vielen anderen Aspekten des Films glaubwürdig. Schraubt man seine inhaltlichen Erwartungen an das Werk herunter, die durch den ausgesprochen interessanten Anfang des Films erweckt werden, so kann man doch Spaß mit District 9 haben und sich nach guter Popcorn-Manier unterhalten lassen.

 

„USA, NZ (2009), 112 Min., R: Neill Blomkamp, C: Sharlto Copley; M: Clinton Shorter.“

 

Ian Lang

Nanny Diaries

Annie Braddock (Scarlett Johansson) hat gerade ihren Abschluss auf der Uni gemacht und sollte am besten gleich, nach dem Willen ihrer Mutter, eine Karriere in der Finanzwelt starten. Doch Sie entscheidet sich dagegen. Ein Zufall bietet ihr die Chance als Nanny arbeiten zu können. Angekommen bei der strengen Mrs. X (Laura Linney) mit ihrem Sohn Grayer (Nicholas Reese) und Ehemann Mr. X (Paul Giamatti) erlebt sie jedoch mehr Tiefs als Hochs. Dann aber tritt der sympathische Nachbar Hayden (Chris Evans) in Annies Leben, was einige Spannungen zwischen ihr und Mrs. X verursacht.

Der Regisseur Robert Pulcini und Regisseurin (!) Shari Springer Berman versuchen mit „Nanny Diaries“ den Spagat zwischen Komödie und Drama mit einem Schuss an Klassiker-Anlehnung à la „Mary Poppins“. Leider gelingt diese Kombination nicht gänzlich. Vorab: Scarlett Johansson (wie immer sehr charmant, aber leider kurze Zeit auch etwas albern) und Laura Linney machen ihre Sache so gut sie können. Ein Fehlgriff in der Besetzung ist jedoch der kleine Junge Grayer, dem man seine Rolle nicht so recht abnimmt. Sicherlich ist es schwer gute Kinderschauspieler zu casten, aber man hätte sich einen etwas niedlicheren Jungen gewünscht (seine Augen verraten seine Un-Glaubwürdigkeit). Weiterhin kommt der Film erst nach 45 Minuten richtig gut in Fahrt und bringt einen plötzlich öfters zum Lachen. Diese gute Phase flaut jedoch ganz schnell wieder ab und das Drama steht wieder im Vordergrund. Sehr schade. Ganz furchtbar ist der nachträglich hinzugefügte Weichzeichner, der deutlich sichtbar in mehreren Szenen offensiv eingesetzt wurde um dem ganzen einen „Märchenhaften Schleier“ zu verleihen.

Der Film hat keine klare Linie und kann sich nicht entscheiden zwischen Komödie und Drama. Die Ansätze sind allesamt schön und es gibt auch ein paar wundervolle Stadtszenen, mit schönem Licht und einem herrlichen „Summerfeeling“. Doch es fehlt ganz klar der „Kick“ zu einem andauerndem Interesse an der Geschichte. Um nicht zu sagen es kommt Langeweile auf. „Nanny Diaries“ verschenkt sein gutes Potenzial, leider.


USA (2007); 105 Min.; R: Robert Pulcini, Shari Springer Berman; C: Scarlett Johansson, Laura Linney, Paul Giamatti; M: Mark Suozzo“


2 von 7 Sternen

Alexander George

The I Inside

Sie sind gestorben!“
Das sind die ersten Worte, die Simon Cable (Ryan Phillippe) hört, nachdem er aus dem Koma erwacht ist. Die Erklärung seines Doktors ist gleichzeitig erschreckend als auch beängstigend: Nach einem Unfall, an den Simon sich allerdings nichtmehr erinnern kann, war er 2 Minuten lang tot. Und nicht nur der Unfall, sondern auch an die letzten zwei vergangenen Jahre, inklusive seiner Ehefrau, sind komplett aus seinem Gedächtnis verschwunden.

Wer an dieser Stelle ein Drama mit Herzschmerz erwartet, wird durch die Reaktion von Simons vermeintlich besserer Hälfte schnell in eine andere Richtung gerissen. Generell stellt es sich als schwierig heraus zu erkennen in welche Richtung der Film gehen soll, denn oft, wenn man dachte man verstehe auf welches Ziel die Story hin arbeitet, wird wieder eine Abzweigung genommen und man merkt, wie das erwartete Ende wieder in weiter Ferne liegt. Das verwirrt den Zuschauer – und genau das macht diesen Film so interessant.

Nach und nach versucht der Protagonist die verstörend ineinander gestrickten Fäden des Erlebten zu entwirren, wobei sich Erinnerungsfragmente nur nach und nach offenbaren und das neu erlebte mit Erinnerungen verschwimmt. Oder ist selbst das neu erlebte nur ein großer Traum? Regisseur Roland Suso Richter zauberte einen verstörenden Psycho-Thriller, der nicht jedermanns Sache ist, da der Zuschauer nicht in gegebener Hollywood Manier an die Hand genommen und durch eine fantasievolle Welt geführt wird, sondern in einer Realität alleine gelassen wird, die gleichzeitig abstrakt als auch lebensnah wirkt und den Zuschauer in ihren Bann zieht.

Der Film hat viele Stärken, besonders brillieren die sehr guten Schauspieler wie Ryan Phillippe oder Piper Perabo, die an dieser Stelle noch einmal besonders hervor zu heben ist. Die größte Stärke von „The I inside“ ist allerdings, dass der Film nicht durchschnitt ist, sondern eher als eine Bewegt-Bild-Collage verstanden werden kann: Es ist nicht das wichtig wann man etwas sieht, sondern, dass man das Gesamtwerk stets im Auge behält, denn dann erst eröffnet sich einem ein wirklich gelungenes Werk.

USA, GB (2004), 87 Min., R: Roland Suso Richter, C: Ryan Phillippe, Piper Perabo, Sarah Polley; M: Nicholas Pike.“

Ian Lang
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