Casino Jack

‚Habgier kommt vor Vernuft‘ – so lautet ein deutsches Sprichwort. Der Star-Lobbyist Jack Abramoff (Kevin Spacey) hält sich nicht daran. Überaus erfolgreich vertritt er die Interessen diverser Firmen, Unternehmen und Verbände beim Repräsentantenhaus und Senat in Washington D.C. Selbst den Präsidenten kennt er persönlich und berät ihn schon mal am Wochenende, welchen Film er denn mit der Familie im Weißen Haus schauen sollte. Berauscht durch seine Erfolge steigen auch die privaten Ansprüche. Jack eröffnet sein eigenes Top-Restaurant, und möchte eine Privat-Schule bauen. All dies kann selbst er aber nicht von seinem (Spitzen-)Gehalt bezahlen. Zusammen mit seinem Ziehsohn und Assistent Michael Scanlon (Barry Pepper) sinnt Jack auf Wege, ihre Einkommen gigantisch zu erhöhen.

Der Film, basierend auf einer wahren Begebenheit, beschreibt den Wildwuchs „Lobbyismus“, den es in Washington, Paris, New York, Berlin und den anderen „demokratischen“ Hauptstädten gibt. Der schmale Grat zwischen Einflussnahme von Entscheidungen der Abgeordneten, Einladungen, Wahlkampfspenden und Gefallen. Die reichen bekanntlich vom Abendessen bei einem 5-Sterne-Koch über Nutten bis zum Trip auf die Bahamas.

Und Jack spielt auf dieser Klaviatur wie ein Maestro. Bis er dann zu viel will und den Überblick verliert.

Tolles Drehbuch (Norman Snider) mit messerscharfen, faszinierenden Dialogen, die Kameramann Adam Swica perfekt in Szene setzte. Regisseur George Hickenlooper inszenierte einen durchweg spannenden, hoch interessanten Streifen. Hickenlooper hatte zuletzt Erfolg in 2006 mit „Factory Girl“ mit Sienna Miller und Guy Pearce. Leider verstarb er kurz nach Vollendung dieses Films (und noch vor dessen US-Premiere) – ohne Suizidabsicht – an einer Mischung aus Alkohol und einem versehentlich überdosierten Schmerzmittel.

An der Seite von Spacey und Pepper sehen wir mit Graham Greene ( „Der mit dem Wolf tanzt“ 19990 und „Green Mile“ 1999), Kelly Preston und Jon Lovitz einen gut abgestimmten Cast. Vielleicht die beste Performance von Kevin Spacey seit „American Beauty“.

Guter gemachter Film, der zur generellen Debatte um Lobbyisten beitragen dürfte. Auf jeden Fall sehenswert!

 

5 Sterne von 7

Rick Deckard

 

„Casino Jack“; USA 2010; 108 Min; Regie: George Hickenlooper; Darsteller: Kevin Spacey, Barry Pepper, Graham Greene, Kelly Preston, Jon Lovitz u.v.a.; Musik: Jonathan Goldsmith; Kamera: Adam Swica; Schnitt: William Steinkamp

The Company Men

Diese verdammten Amerikaner: McDonald’s, Disneyland und Starbuck’s. Indianer, Sklaven und Latinos. Flug zum Mond, Schüsse auf Präsidenten und Kriege in Europa und Asien. Was für ein Land.

Aber – das steht nun mal fest – diese Amerikaner können eines unvergleichlich: sehr gute Filme drehen!

Nicht nur „Ben Hur“, „Doktor Schiwago“ oder „Lawrence von Arabien“, nicht nur „E.T.“ , „Titanic“ oder „Avatar“, nicht nur „Blade Runner“ oder „Star Wars“. Nein, sie können auch Filme drehen wie „Erin Brockovich“, „Traffic“, „American Beauty“, „Der Regenmacher“ oder „Syriana“. Und nun dies: „The Company Men“.

Bobby Walker (Ben Affleck), Gene McClary (Tommy Lee Jones) und Phil Woodward (Chris Cooper) arbeiten im mittleren bzw. höheren Management eines großen internationalen Konzerns. Die weltweite Rezession verschont auch dieses Unternehmen nicht, der Aktienkurs sinkt! Doch anstatt die Verluste zu minimieren und durchzuhalten erwartet der Vorstand wachsende Gewinne! Und – so der Vorstandsvorsitzende James Salinger (Craig T. Nelson) – ebenso rechnen die Aktionäre mit kurzfristigen Boni auf ihre Anteile. Denen ist die Weltwirtschaftskrise nämlich sch….egal!. Und um die Dinge etwas zu beschleunigen, werden dann eben weltweit 3000 Mitarbeiter entlassen, vom Schweißer und Nachtwächter bis zum obersten Manager. Die Firma muss nach außen hin einen guten Eindruck machen, notfalls müssen die Analysten auch mal belogen werden. Alles zum Wohle der Geldbeutel der Aktionäre – eben purer Kapitalismus.

Der Film zeigt realistisch was eigentlich diesen Menschen widerfährt. Gerade auch denjenigen, die jahrelang hart gearbeitet haben, viele Stunden im Büro, auf Reisen oder auf Sitzungen verbrachten, die Wochenende auch mal zu Hause gearbeitee haben, und die dann nach 10, 20 oder, wie bei McClary, nach 30 Jahren den Stuhl vor die Tür gesetzt bekommen. Unglaublich, unfassbar, aber wahr. Plötzlich müssen auch diese Leute um den Erhalt ihrer Familie fürchten (jede Ehefrau reagiert da ganz anders, wie der Film zeigt), sich mit den Fragen von Nachbarn und Freunden auseinandersetzen, die Raten für das Haus und die Autos bezahlen, die Uni oder Privatschule der Kinder, an Urlaub ist eh nicht mehr zu denken. Irgendwie müssen sie sich und ihre Nächsten durch diese Zeit hindurchbringen – oder auch scheitern.

Regisseur John Wells hat es in unnachahmlicher Weise geschafft, uns diese Vorgehensweise, wie sie heute täglich in den großen börsennotierten Firmen dieser Welt realisiert werden, darzulegen. Einfach, eindringlich, bedrückend. Ben Affleck wird als Schauspieler oft unterschätzt, hier zeigt er eine seine stärksten Leistungen der letzten Jahre. Wie er versucht mit Humor und Sarkasmus seinen Ärger, seine Wut und Enttäuschung zu überwinden ist sehenswert.

Aber auch die Co-Stars Tommy Lee Jones, Chris Cooper, sowie weiterhin solche exzellenten Akteure wie Kevin Costner und Maria Bello, um nur zwei des hervorragend Darsteller-Teams zu nennen, beeindrucken durch die Authentizität ihrer Darstellung.

Die Kamera, die genau und sehr dicht die Gefühlswelt der Betroffenen einfängt und ebenso die Kälte der Konzernleitung zeigt, wurde geführt von Roger Deakins. Er filmte schon bei Werken wie „Fargo“, „The Big Lebowski“, „A Beautiful Mind“, „Jarhead“, „No Country for Old Men“, „Revolutionary Road“, „True Grit“ und zuletzt in „J.B. – Skyfall“ ! Einer der besten seiner Zunft in Hollywood.

Dieser Film könnte eine hervorragende Dokumentation über die Wirschaftskrise, den Bankenskandal und die Strategien der Aktien-Konzerne sein. Der Film kommt hier ganz nah an die Wirklichkeit heran. An Dinge, die uns täglich im Wirtschaftsteil unserer Zeitungen begegnen.

Die sparsame Musik-Unterlegung passt zum Thema und seiner Umsetzung.

Ein sehr guter Film, eine Lektion über den heutigen Kapitalismus. Und das ausgerechnet aus dem Land, das für die kalte Marktwirtschaft steht. Aus der Hochburg des Kapitalismus kommt (endlich einmal wieder) die ungeschliffene Kritik an dieser Lebens- und Wirtschaftsform.

Schön auch in der Story der absolute Gegenpol: die kleine Firma von Jack Dolan (Kevin Costner), der auch hart schuftet, aber dem das genügt, was er mit seinen Mitarbeitern erarbeitet und verdient. Und der sich, wenn nötig, um seine Mitarbeiter kümmert!

Ihr Amerikaner könnt wirklich verdammt gute Filme machen! Und nur ihr!

 

„The Company Men“; USA 2010; 104 Min; Regie: John Wells; Darsteller: Ben Affleck, Tommy Lee Jones, Chris Cooper, Maria Bello, Kevin Costner, u.v.a.; → Drehbuch: John Wells; Musik: Aaron Zigman; Kamera: Roger Deakins; Schnitt: Roberf Frazen.

 

6 von 7 Sternen
Rick Deckard

Paranoid Park

Der 16 jährige Skater Alex (Gab Nevins) steckt gerade mitten in der Pubertät, leidet unter der Trennung seiner Eltern und ist genervt von seiner Freundin. Mit seinem Kumpel Jared (Jake Miller) verbringt er viel Zeit. Eines Tages beschließen sie die illegal gebaute und nicht ganz gefahrlose Skate-Anlage „Paranoid Park“ aufzusuchen. An einem Abend kurze Zeit später geht Alex noch einmal alleine dorthin, doch dieser Besuch hat ungeahnte Folgen…

Gus Van Sants „Paranoid Park“ ist kein gewöhnlicher Skater-Film. Er basiert auf dem gleichnamigen Jugendroman von Blake Nelson. Der Film ist eine Studie über die Problematik des Erwachsenwerdens eines Jungen. Der Film widersetzt sich den typischen Erzählstrukturen und den konventionellen Sehgewohnheiten. Van Sant schafft es durch das Zusammenspiel von Kamera, Musik und Schnitt ein dichtes, ruhiges und atmosphärisches Gesamtkunstwerk zu schaffen. Mit den immer wiederkehrenden Super-8 Sequenzen, die die Jugendlichen beim Skaten zeigt, unterlegt mit der wundervollen Musik von Ethan Rose, wird der Handlungsverlauf der Geschichte immer wieder unterbrochen. Der Film nimmt mit seiner ruhigen Erzählweise so aber auch sämtliche aufkommende Spannung aus der Geschichte heraus. Dies soll jedoch keineswegs negativ bemängelt werden. Die musikalische Auswahl ist sehr abwechslungsreich, neben dem genannten Ethan Rose gibt es Musik von Elliott Smith und Beethoven zu hören. Musik und Bild verschmelzen in „Paranoid Park“ wie in einem Musikvideo. Die Geschichte wird nicht linear sondern in zerstückelten Rückblenden erzählt. Lange Szenen sowie die Verwendung von Zeitlupen, prägen den besonderen Stil des Films. Im Fokus der Kamera steht fast durchgängig die Hauptfigur Alex. Andere Protagonisten bleiben so auch schon mal minutenlang in der Unschärfe. Die Skater-Szene wird aus einer sehr subjektiven Sichtweise dargestellt, trägt aber zum Gesamtkonzept bei, der aus der Sicht von Alex das Geschehen beleuchtet. Für die Authentizität im Film ist vor allem die Besetzung ausschlaggebend. Die Darsteller sind allesamt Laien.

„Paranoid Park“ ist ein kleiner Film, der zwar den Spezialpreis der 60. Filmfestspiele in Cannes erhielt, aber trotzdem recht unbekannt ist. Nicht jeder wird diesen kunstvollen Film zu würdigen wissen oder gar mögen! Gut so, denn das zeichnet einen Independent-Film aus! „Paranoid Park“ hat ganz starke Szenen und lebt von seiner unvergleichlichen Atmosphäre! Was gibt es auszusetzen? Eigentlich nichts, es fehlt nur noch ein Fünkchen zu einem Meisterwerk!

„Paranoid Park“; USA 2007; 85 Min; Regie: Gus Van Sant; Darsteller: Gabe Nevins, Taylor Momsen, Jake Miller; Buch: Blake Nelson → Drehbuch: Gus Van Sant; Musik: Elliott Smith, Ethan Rose, Billy Swan, Robert Normandeau u.v.a.; Kamera: Christopher Doyle, Rain Li (Super-8 Sequenzen); Schnitt: Gus Van Sant

6 von 7 Sternen

Alexander George

Moneyball

William Lamar „Billy“ Bean (*1962) wuchs als Sohn eines Marineoffiziers und dessen Ehefrau auf. Mit 18 Jahren entschied er sich für eine professionelle Baseballspieler-Karriere, anstatt nach der Highschool auf die Universität zu wechseln. Er galt lange als eines der größten amerikanischen Talente, konnte diese Erwartungen jedoch als Spieler nie wirklich erfüllen. Seit 1997 ist Billy Bean (Brad Pitt) General Manager der Oakland Athletics. Oakland ist eine kalifornische Großstadt, stark industriell geprägt, am Pazifischen Ozean mit rund 400.000 Einwohnern und liegt in der SanFrancisco-Metropolregion.

Berühmt wurde Billy Bean durch die Umstrukturierung ab 2000 des finanziell nur mittelmäßig ausgestatteten Vereins. Gegen viele Widerstände, vor allem seiner diversen Assisten, Scouts und des Cheftrainers. Allerdings hielt der Club-Präsident immer zu ihm. Mit Hilfe seines neuen Assistenten Peter Brand (gespielt von Jonah Hill), einem BWL-Yale-Absolventen und dessen revolutionären neuen System „Sabermetrics“ zur Spielerbewertung gelangen ihm erstaunliche Erfolge. Einer davon wird für die Ewigkeit in der Baseball-Hall of Fame bleiben; ein Rekord, der in der über 100-jährigen Baseballgeschichte noch kein anderes Team vor ihnen schaffte! (Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten.) Außerdem konnte er mit einem nur mittelmäßigen Team zweimal in die US-Play-offs kommen, schied jedoch jeweils im Viertelfinale aus.

2002 unterbreitete ihm der Inhaber der Red Sox aus Boston ein Angebot über 12,5 mio. $ Jahresgehalt. Bean lehnte ab. Er wäre dann (damals) der bestbezahlte Sport-Manager weltweit gewesen. Trotzdem blieb er bei den Oakland Athletics, die auch in seiner aktiven Zeit seine letzte Station gewesen waren. Sein derzeitiger Vertrag läuft bis 2019.

Die hochinteressante Geschichte dieses Mannes erzählt der Film. Insbesondere die Jahre 2000 bis 2002. Und auch wenn man kein Baseball-Fan ist wird man von der Story gefesselt. Brilliant Brad Pitt als Bean, ein Besessener, auch mal cholerisch, der sein Transistor-Radio aus dem Autofenster wirft. Er sagt von sich selbst : „Ich hasse es zu verlieren. Ich hasse es noch mehr, als ich es liebe zu gewinnen!“ Geschieden, seine Tochter über alles liebend, setzt er seine Idee, gemeinsam mit Peter Brand unbeirrt durch. Die ersten Monate, als die Erfolge sich (noch) nicht einstellen wollten, lachten Gegner, die Presse und die Öffentlichkeit über Bean und seinen neuen Methoden. Mit Hilfe und Rückendeckung ihres Club-Chefs blieben sie ihrer neuen Methodik treu und verblüfften die Sportwelt.

133 fesselnde Minuten, stets packend und spannend, hofft man mit den Protagonisten sie mögen ihre Ziele erreichen. Wenn dann das Unfassbare geschieht hat man schon eine Träne im Auge. Sowohl Brad Pitt als auch Jonah Hill waren für den Oscar nominiert – zu Recht! Tolle Performance. Außerdem erhielt der Streifen weitere 4 Nominierungen, u. a. als ‚Bester Film‘.

Exzellente Inszenierung von Regisseur Bennett Miller, der in 2005 den hervorragenden „Capote“ drehte (mit Philip Seymour Hoffman) und sich 6 Jahre Zeit ließ, bis ihn dieser Stoff begeisterte. Im übrigen : P.S. Hoffman als knorriger, selbstbewusster Cheftrainer ist ebenfalls gut anzusehen. Miller bleibt seiner Linie mit biographischen Filmen treu und dreht zur Zeit „Foxcatcher“, das Leben des Multimillionärs und verurteilten Mörders John du Pont (in der Titelrolle Steve Carell, mit Channing Tatum und Mark Ruffalo).

Mit Wally Pfister konnte Miller einen exzellenten Kameramann verpflichten. Dieser hat bereits bei der Batman-Trilogie unter Christopher Nolan die Kamera geführt, sowie u. a. bei „Inception“ und „Memento“.

 

Fazit : „Unbedingt anschauen!“

 

 

5 ½ Sterne von 7

Rick Deckard

 

„Moneyball“ (USA 2011); 133 Minuten; R: Bennett Miller; D: Brad Pitt, Jonah Hill, Philip Seymour Hoffman, Robin Wright, u.v.a. M: Mychael Danna; K: Wally Pfister; S: Christopher Tellefsen; C: Francine Maisler.

Cowboys und Aliens

Wir schreiben das Jahr 1873. Außerirdische greifen das kleine Städtchen ‚Absolution‘ (zu dt. etwa Sündenerlass oder Vergebung) an, und entführen einige ihrer Einwohner! Das bringt das Leben dort, und insbesondere das des Rinderbarons und heimlichen „Herrschers“ der Stadt, Woodrow Dolarhyde, genannt der „Colonel“ (Harrison Ford) sowie seines arroganten, selbstgefälligen Sohns gehörig durcheinander. Vor einigen Tagen kam ein Fremder (Daniel Craig) in die Stadt, der vorgibt sich an seine Vergangenheit nicht erinnern zu können. Aber er trägt einen metallenen Armreif, mit dem er in der Lage ist die merkwürdigen Flugobjekte abzuschießen! Sagt er die Wahrheit? Und was hat es mit der schönen mysteriösen Ella auf sich, die großes Interesse an dem Fremden zeigt? Alles was gemeinhin einen guten Western ausmacht, ist auch in diesem Fall vorhanden: ein Saloon, Schlägereien, der gute Sheriff, der böse Rancher mit seinen Männern, die im Ort Narrenfreiheit genießen, Banditen, Indianer und schöne Frauen, die im Kampf über sich hinaus wachsen.

Als der Comic von Scott Rosenberg in den USA erschien, war er über Nacht eine Sensation und löste einen Kauf-„Run“ aus. Kurze Zeit später sicherte sich bereits Steven Spielberg die Rechte an dem Buch.

Harrison „Indiana Jones“ Ford meets Daniel „James Bond“ Craig, in einem Western mit Aliens. Klingt verrückt? Vielleicht. Aber es funktioniert. Das Script ist griffig, die Story schnell und spannend, wird nie langweilig. Ford und Craig spielen die Rollen so wie man es erwartet und wie man sie kennt. Ersterer wird nun immer knorriger, aber bleibt sympathisch. Außerdem: wer in seinem Leben den Han Solo, Rick Deckard und Henry Turner („In Sachen Henry“) gespielt hat, dem wird der Autor alles verzeihen, egal welche Rolle er spielt. Daniel Craig spricht wenig und setzt dafür mehr seine Fäuste ein, ist aber durchaus richtig besetzt. Trauer um eine unerfüllte Liebe, das konnte er uns bereits in seinem ersten J.B. „Casino Royale“ zeigen. Eine interessante sympathische Nebenrolle wird gespielt von Sam Rockwell. Last not least ist Olivia Wilde als Ella eine Augenweide.

Ungewöhnlich, aber sehenswert. Zwei Stunden gute Unterhaltung. Logik ist weder beim Western noch bei Science Fiction gefragt. Hier geht es schlicht um Gut oder Böse. Und wir drücken in der Regel den ersteren die Daumen – vorausgesetzt man weiß, wer eigentlich die Guten sind. Regisseur Jon Favreau hat das gute Script mit seinem Kamermann Matthew Libatique prima umgesetzt! Immerhin standen ihm dafür rund 160 Mio. $ zur Verfügung. Aber die sind weltweit längst eingespielt. Und die Verwertung über BluRay, Pay-TV und später Free-TV kommen ja erst noch.

Sehenswert, wenn auch vielleicht nur ein, oder zwei Mal. Beim zweiten Mal kann „Mann“ dann die Szene, in der Ella im durchnässten Kleid aus dem Wasser steigt, in Zeitlupe ansehen – und genießen!

 

4 ½ Sterne von 7

 

Rick Deckard

 

Cowboys und Aliens“ (USA 2012); 119 Minuten; R: Jon Favreau; D: Daniel Craig, Harrison Ford, Olivia Wilde, Keith Carradine, Sam Rockwell, u.v.a. M: Harry Gregson-Williams; K: Matthew Libatique; B: Roberto Orci u.a.; S: Dan Lebental u. Jim May; C: Sarah Finn

The Killer Inside Me

Lou Ford (Casey Affleck) ist Hilfssheriff in einer kleinen Stadt in Texas. Langweile ist an der Tagesordnung. Dann lernt Lou die Prostituierte Joyce Lakeland (Jessica Alba) kennen und beginnt mit ihr eine Affäre. Der zu Beginn so freundlich wirkende Lou entfaltet immer mehr seine sado-masochistischen Neigungen, gepaart mit seinen exzessiven Gewaltausbrüchen.

Regisseur Michael Winterbottom verfilmte das gleichnamige Buch „The Killer Inside Me“ des Autors Jim Thompson aus dem Jahre 1952. Der Versuch war es, einen Noir-Thriller im Stile von „The Black Dahlia“ zu kreieren. Nun ist dies nur teilweise gelungen, zumindest was die  Atmosphäre und das Setting betrifft, das sehr gut die 50er Jahre in Amerika präsentiert.

Casey Affleck (der jüngere Bruder von Ben Affleck) ist eigentlich ein guter Schauspieler, doch in der Rolle des Lou wirkt er von Beginn an unsympathisch und blass. Am schlimmsten ist, dass man seine Handlungen (trotz Rückblenden in seine Kindheit) einfach nicht nachvollziehen kann. Der Film beinhaltet ein paar sehr brutale Szenen (nicht umsonst ist er erst ab 18 Jahren freigegeben), die zumal sehr Frauen-verachtend sind. Nun wäre diese Brutalität Story-technisch gut begründet, wäre dies völlig in Ordnung. Aber man kann weder die Haupt- noch die Nebenfiguren in ihren Handlungen nachvollziehen. Da hilft es auch nicht viel, dass sich die schöne Jessica Alba leicht bekleidet auf dem Bett rumräkelt. Es wird während der gesamten Film-Zeit keine Spannung aufgebaut. Die Story wirkt teilweise unlogisch und sogar verwirrend (aber leider nicht im Stile eines David Lynch). So wird „The Killer Inside Me“ geradezu als trist und öde erlebt. Obwohl oder gerade weil  er versucht durch besonders brutale Szenen einiges Wett zu machen. Die Auftritte der sonst tollen Darstellern Bill Pullman und Kate Hudson wirken ebenfalls belanglos.

Rein technisch wurde der Film gut umgesetzt und erzielt mit Kamera, Ton, Licht und Musik teilweise recht gute Ergebnisse. Da jedoch die Umsetzung der Story und die darstellerischen Leistungen zu wünschen übrig lassen, kann dies auch nicht mehr viel vom Film retten.

„The Killer Inside Me“ ist ein Thriller, der weder durch seine brutalen Szenen besonders hervorsticht, noch durch seine Darsteller auftrumpfen kann. Was übrig bleibt ist ein grosses Fragezeichen, warum und wieso Lou so handelt wie er handelt! Auch wenn es solch sado-masochistischen und gewalttätigen Menschen gibt, darf man eine Geschichte nicht so unterkühlt, naiv und zäh präsentieren. Schade, ein misslungenes Werk.

 

„The Killer Inside Me“ (USA, SE, GB, CA 2010); 108 Min; D: Michael Winterbottom; C: Casey Affleck, Jessica Alba, Kate Hudson, Bill Pullman; M: Melissa Parmenter

 

1 von 7 Sternen

Alexander George

Gran Torino

Der übelgelaunte Renter und Korea-Kriegsveteran Walter Kowalski (Clint Eastwood) hat den Tod seiner langjährigen Ehefrau zu beklagen. Trost lehnt er ab, sei es von seinen Söhnen, zu denen er ein eher distanziertes Verhältnis hat, noch vom Priester der lokalen Kirche. So lebt er in einem heruntergekommene Vorortviertel von Detroit. Täglich begehen Jugendbanden dort Überfälle, Raub und Körperverletzung: Kinder asiatischer Einwanderer, Afro-amerikanische Teenager, Latinos, Weiße – es ist alles vertreten. Walter macht aus seinen rassistischen Einstellungen keinen Hehl, schon gar nicht seinen chinesichen Nachbarn (eigentlich vom Volk der Hmong) gegenüber. Und es kommt wie es kommen mußte: Walter ertappt den (sonst eher ruhigen und zurückhaltenden) Nachbarssohn beim Versuch seinen gehegten Gran Torino zu stehlen und fühlt sich in seinen Ansichten ganz bestätigt.

Als er jedoch dem selben Jungen gegen eine Gang hilft, und kurz danach dessen Schwester aus einer bedrohlichen Situation mit Schwarzen befreit, ist Walter plötzlich der Held aller Asiaten seines Viertels. Viele bringen ihm Geschenke, Blumen, Gerichte, allen voran natürlich die Nachbarn. Erst versucht Walter die Präsente abzuwehren, doch dann läßt er sich schließlich gern beschenken. Bis er eines schönen Tages zu einer Feier nebenan eingeladen wird und dort die Köstlichkeiten der ostasiastischen Küche kennenlernt.

Frieden ist scheinbar eingekehrt; und der kauzige alte Walter hat eingesehen, dass es auch gute Menschen aus anderen Teilen der Welt in den USA gibt, die ordentlich, ehrlich und gesetzestreu leben wollen. Leider haben die verprellten Banden etwas gegen diese Ruhe, und so nimmt das Unglück seinen Lauf. Er wird das Leben von Walter und das seiner Nachbarn, insbesondere für den jungen Thao, für immer verändern.

Der Film gewinnt dann an Fahrt, wird sehr spannend, bis zum Höhepunkt kurz vor dem Ende, das hier natürlich nicht verraten wird. Die Charakter wirken sehr echt, alle Akteure verstehen es hervorragend zu spielen. Allen voran der „Alt-Meister“ Clint Eastwood. Aber auch die jüngeren, unbekannten Schauspieler sind durchweg hervorragend besetzt.

Clint Eastwood inszenierte einen ruhigen, unaufgeregten Film nach dem bekannten Motiv „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ (Friedrich von Schiller; „Wilhelm Tell [1803]“). In diesem Fall sind es nicht die Nachbarn, sonder die Straßengangs. Die Regie-Arbeit Eastwoods kann man hier nur loben. Eine gute Story vorzüglich umgesetzt.

Kamera durch Tom Stern, der des öfteren schon mit Eastwood zusammen arbeitete, auch den Film „Million Dollar Baby“ begleitete, aber auch schon bei „American Beauty“ in der Crew dabei war. Schnitt durch Joel Cox (ebenfalls ein langjähriger Weggefährte, u.a. mit „Mystic River“) und Gary Roach („Letters from Iwo Jima“).

Die angenehme Musik fügt sich nahtlos in das Gesamtwerk ein und rundet es wohltuend ab.

Ein hochkarätiger Film, dessen Ende durchaus Anlass zum Gespräch gibt.

 

5 ½ von 7 Sternen

Rick Deckard

 

Gran Torino“ (USA 2008); 116 Minuten; R: Clint Eastwood; D: Clint Eastwood, Christopher Carley, Bee Vang, Ahney Her, John Carroll Lynch, u.v.a. M: Kyle Eastwood u. Michael Stevens; K: Tom Stern; S: Joel Cox u. Gary Roach; C: Ellen Chenoweth.

The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten

Nach einem Motorbootunfall liegt Elizabeth King im Koma. Ihr Mann Matt (George Clooney) steht nun vor der Aufgabe, neben seinen Verpflichtungen als sehr wohlhabender Nachkomme einer hawaiianischen Königstochter, die anfallenden Familienangelegenheiten zu regeln.
Aber nicht nur das. Bereits sehr früh wird klar: Elizabeth wird nicht aufwachen und wegen ihrer Patientenverfügung werden innerhalb der nächsten Tage die lebensverlängernden Maßnahmen eingestellt.

Liest man das, so kommt einem sofort das Bild eines sehr auf die Tränendüse drückenden Filmes, der schwerfällig und anstrengend ist. Aber weit gefehlt! The Descendants ist alles andere als schwerfällig. Trotz all der dramatischen Ereignisse des Films hat er einen unglaublich „plätschernden“ Fluss, der den Zuschauer an die Leinwand bannt. Das liegt mit unter an dem wunderschönen Hawaii als Setting, welches einfach nur omnipräsent sein kann. Regisseur Alexander Payne hat einen unglaublichen Spagat geschafft, den man sonst kaum für möglich gehalten hätte. Man kann sich kaum entscheiden, ob man einfach nur von den schönen Landschaften Hawaiis träumen möchte oder doch an das Krankenbett mit seinen Gedanken gefesselt bleibt.

Trotz der melodramatischen Geschichte würde ich den Film eher als eine Tragikomödie bezeichnen, was erst einmal unpassend wirkt, hält man sich die Thematik vor Augen. Allerdings wird in der Erzählweise mit einem unglaublichen Feingefühl gearbeitet und so greifen diese widersprüchlichen Elemente ausgezeichnet ineinander. Gerade erst durch die komischen Elemente, wirkt die ganze Tragik so realitätsnah, denn an manchen Stellen möchte man zwar lachen, doch bleibt einem das Lachen im Hals stecken, da man durch die Reaktionen der Protagonisten ständig an das unaufhaltsame erinnert wird..

Dass dies so gut funktioniert verdankt man dem bereits erwähnten märchenhaft schönen Settings Hawaiis, welches durch eine typisch hawaiianische Musikuntermalung noch einmal verstärkt wird, und der ausgezeichneten schauspielerischen Arbeit der gesamten Cast. Jede noch so kleine Nebenrolle ist ausgezeichnet besetzt und besonders George Clooney ist an vielen Stellen derjenige, der einfach nur mit einem so vielsagenden Blick mit minimalistischen Mitteln den Zuschauer wieder zu dem eigentlichen Kern der Geschichte zurück führt. Auch sehr gut hat mir die Performance der bislang nicht all zu bekannten Shailene Woodley gefallen, die als fast volljährige Tochter Matt Kings trotz ihres jungen Alters eine unglaubliche Tiefe in ihrer Rolle aufblitzen lässt.

Ähnlich wie bei seinem wohl berühmtesten Werk „About Schmidt“ unterhält Payne den Zuschauer mit einer tiefen Trauer, ernsten Emotionen und einer wundervollen Schauspielarbeit die ihr Augenmerk nicht auf große Worte, sondern kleine Blicke mit großen Emotionen im Hintergrund richtet.

Beispielhaft für diese Arbeit ist ein Zitat Paynes, welches er in einem Interview gegenüber der Zeit äußerte: „Filme bewegen Menschen. Sie dienen als Spiegel unserer Gesellschaft und bringen uns zum Lachen. Chaplin brauchte dafür noch nicht einmal Worte.“

Im Geschriebenen kann man Leider nicht auf Worte verzichten, aber in dem Sinne fasse ich nur noch kurz zusammen: The Descendants ist ein wirklich guter, melancholischer, feinfühliger und nachdenklicher Film, den man sich ansehen sollte.

 

„The Descendants“; USA (2011), 115 Min., R: Alexander Payne, C: George Clooney, Shailene Woodley, Amara Miller, Judy Greer; M: Craig Armstrong

 

Ian Lang

Perfect Sense

Wie würde man sich wohl fühlen, wenn es eine Krankheit gäbe, die langsam einen nach den anderen Sinn auslöscht? Nicht mehr schmecken, dann nicht mehr riechen, hören und sehen zu können? Genau darum geht es in dem Film „Perfect Sense“. Ein unbekannte Seuche bricht auf der Welt aus, die genau diese Sinne den Menschen langsam nimmt. Inmitten dieser Zeit verlieben sich die Forscherin Susan (Eva Green) und Chefkoch Michael (Ewan McGregor) ineinander.

Der schottische Regisseur David Mackenzie holte für seinen Film den ebenfalls aus Schottland stammenden Ewan McGregor mit an Bord. Dieser spielt neben Eva Green die Hauptrolle in „Perfect Sense“. Sehr schön wird das Szenario eines Ausbruchs einer Epidemie hier einmal ganz anders präsentiert als aus den schon bekannten Seuchen-Filmen. Hier geht das Leben weiter, trotz dem stetigem Verlust der Sinne. David Mackenzie bietet vor diesem spannenden Rahmen eine Liebesgeschichte mit ästhetisch-erotischen Szenen. Diese ist nicht nur mit in die Handlung integriert sondern sogar im Mittelpunkt des Films. Auch überraschend eklige und rasante Szenen sind bei seinem Werk mit dabei. Die Zwischensequenzen in denen gezeigt wird wie es gerade auf der Welt zugeht fallen leider etwas aus dem sonst stimmen Gesamtkonzept des Films heraus. Die weibliche, warme Erzähler-Stimme macht dies jedoch wieder gut. Vor allem die überzeugende Schauspielarbeit von Ewan McGregor und Eva Green machen den Film zu einem schönem Erlebnis.

„Perfect Sense“ strahlt trotz seines ernsten Themas eine gewisse Ruhe aus. Die stilistischen Mittel, die für den Zuschauer die Sinnverluste deutlich machen, sind toll inszeniert. Ein Arthouse-Drama, das für kurzweilige Unterhaltung sorgt.

 

„Perfect Sense“; UK, DK, S, IRL (2011); 92 Min.; D: David Mackenzie; C: Ewan McGregor, Eva Green, Connie Nielsen, Stephen Dillane, Ewen Bremner; M: Max Richter

 

4 von 7 Sternen

Alexander George

 

Death Proof

Stuntmen Mike (Kurt Russell) ist Besitzer eines furchterregenden Autos. Als er in einer Bar auf ein Frauen-Trio trifft wird den Mädchen schnell klar mit was für einem verrückten Typen sie es zu tun haben.

Quentin Tarantino´s „Death Proof“ ist eine Hommage an das B-Movie- und Exploitationfilm-Genre der 60er und 70er Jahre. Exploitationfilm bedeutet laut Marcus Stiglegger „eine kategorisierende Bezeichnung für Filme, die reißerische Grundsituationen ausnutzen, um mittels der exploitativen Darstellung vornehmlich von Sex und Gewalt über die damit erreichten Schauwerte affektiv auf den Zuschauer zu wirken.“ Zusammen mit seinem Regie-Freund Robert Rodriguez brachte er den Film als ein Teil des Double Features „Grindhouse“ ins Kino. Rodriguez produzierte zeitgleich den Film „Planet Terror“.

Tarantino baute auch bei „Death Proof“ auf seine bewährte Rezeptur, die aus Film-Hommagen, alt-bekannten Darstellern und längst vergessenen One-Hit-Musiken besteht. Klar besitzen seine Filme einen starken Wiedererkennungswert und er konnte so schon des öfteren einen alten Hype wieder aufleben lassen. Doch diesmal geht seine Rechnung überhaupt nicht auf. Allein der Beginn des Films, der aus den typischen langen Dialogen besteht, ist schlichtweg langweilig. Diese Langeweile wiederholt sich mehrmals während des gesamten Films. Die Idee den Look der 1970er Jahre zu imitieren, also das gealterte Aussehen des Films künstlich mit Kratzern und Streifen sowie Schnittsprüngen zu versehen, mag zwar ein guter Einfall sein wirkt letztendlich aber nur aufgesetzt. Das Product-Placement ist ebenfalls ein Dorn im Auge. Hier hat man die Produkte offensichtlich als Eye-Catcher platziert, ohne an eine geeignete Einarbeitung in die Geschichte zu denken. Quasi mit der „Hau-Drauf-Methode“. Eine spezielle und spektakuläre Stunt-Szene mit einer Auto-Verfolgungsjagd in dem eine Frau auf den Vorderkühler sitzt ist zwar technisch brillant inszeniert worden aber inhaltlich völlig überflüssig und unlogisch. Die einfachste Lösung wäre gewesen: der Wagen hätte locker anhalten können. Trotz allem sorgt der Film für einige lustige Überraschungen, diese sollen jedoch nicht vorweggenommen werden. Im Gesamtbild bleibt es leider einer der schwächsten Filme von Tarantino. „Death Proof“ ist nicht unterhaltsam und wirkt (auch wenn das Absicht ist) einfach zu unglaubwürdig. Da kann noch nicht einmal die schauspielerische Leistung von Kurt Russell darüber hinwegtrösten: Schade!

 

„Death Proof – Todsicher“ („Grindhouse: Death Proof“); USA (2007); 109 min; D: Quentin Tarantino; C: Kurt Russell, Rosario Dawson, Vanessa Ferlito, Jordan Ladd, Sydney Tamiia Poitier, Quentin Tarantino, Rose McGowan, Tracie Thoms, Mary Elizabeth Winstead, Zoë Bell; M: diverse

 

1 von 7 Sternen

Alexander George

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