Miss Pettigrew Lives for a Day

Miss Pettigrew (Frances McDormand), eine etwas in die Jahre gekommene, nicht sehr hübsche Dame, arbeitet Anfang der 30er Jahre als Haushälterin bei wohlhabenden Londoner Familien. Bei der Formulierung ihrer eigenen Meinung ist sie durchaus nicht immer zurückhaltend, was die eine oder andere Arbeitgeberin sehr befremdlich findet und Pettigrew daraufhin feuert. Und das geschieht oft. So auch heute. Sie hat nur das, was sie auf dem Leib trägt, muss in der öffentlichen Suppenküche essen und verfügt auch über keine Wohnung. So geht also diese bemitleidenswerte Person erneut zur Job-Agentur, die sich jedoch strikt weigert, ihr eine neue Anstellung zu vermitteln.

Indes, noch dort im Büro erfährt Pettigrew zufällig von einer Arbeitsmöglichkeit bei Miss Delysia (Amy Adams). Kurzentschlossen klingelt sie dort um 10 Uhr an der Haustür. Und Delysia öffnet. Beide wissen zu diesem Zeitpunkt nicht, dass die nächsten 24 Stunden sich alles, aber wirklich alles in ihrem Leben ändern wird. Und das wird uns auf höchst amüsante Weise dargeboten.

Zunächst einmal prallen zwei Welten aufeinander: Miss Pettigrew, vom Leben gezeichnet, verhärmt, enttäuscht und traurig. In einem alten unansehnlichen Kleid und ihrem einzigen Paar Schuhe. Dagegen das hoffnungsvolle Sängerin-Talent Delysia, lustig, fröhlich, sexy, quirlig und völlig desorganisiert. Aber sehr süß. Was auch die Londoner Männerwelt so sieht.

England selbst steht kurz vor dem Eintritt in den 2. Weltkrieg. Der Hintergrund ist also eher dramatisch. Das tut dieser Komödie aber keinen Abbruch. Im Gegenteil – man gewinnt den Eindruck, die High Society will vor dem kommenden Grauen noch einmal so richtig „die Sau rauslassen“. Und in diesen Strudel geraten unsere beiden liebenswerten Hauptakteure unweigerlich hinein.

Eine knuddelige, hübsche Amy Adams, vielleicht etwas zu hyperaktiv. Eine wundervolle Frances McDormand, die offensichtlich Spaß an dieser Rolle hatte. Und zwei Gentlemen „à la bonne heure“: Ciáran Hinds und Lee Pace.

Das Drehbuch lässt uns also an genau diesen 24 Stunden teilhaben. Beeindruckt wurde der Autor von den langen geschickten Kamerafahrten durch den erfahrenen John de Borman, der bereits für Werke wie „Serendipity“, „Hamlet“ (die Version von 2000 mit Ethan Hawke und Kyle MacLachlan) und (u.a.) „Shall We Dance?“ mit Richard Gere die Kamera bediente. Ein schicke, schmissige Musik. Und eine gelungene Inszenierung durch Bharat Nalluri.

Ein wenig „hässliches Entlein“, und etwas Unterweisung über die wahren Werte des Lebens.

Ein kleiner, spritziger Feel-good-Movie wie ein Glas Prosecco an einem Sommerabend auf dem Balkon.

4 Sterne von 7 ★★★★

Rick Deckard

„Bharat Nalluris pointierte Sittenkomödie gehört zu den übersehenen Kleinoden des Kinos der vergangenen Jahre.“  (Sascha Westphal, epd-Film 2/14)

 

Titel: „Miss Pettigrew Lives for a Day“

Herstellung: USA 2008

Länge: 92 Min.

Regie: Bharat Nalluri

Darsteller: Frances McDormand, Amy Adams, Ciáran Hinds, Lee Pace

Drehbuch: David Magee u. Simon Beaufoy nach dem Roman von Winifred Watson

Musik: Paul Englishby

Kamera: John de Borman

Schnitt: Barney Pilling

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