Die Vermessung der Welt

Am Ende des Films sitzen zwei alte Männer in Handschellen auf einer Berliner Polizeiwache und unterhalten sich angeregt. Sie scheinen das um sie herum geschehende überhaupt nicht zu bemerken. Angeregt diskutieren Carl Friedrich Gauß, einer der größten Mathematiker, die Deutschland je hatte, und Alexander von Humboldt, Wissenschaftler und Forscher, über die Natur, die Wissenschaft im Allgemeinen und über Gott und die Welt – und zwar dies im eigentlichen Wortsinne. Es ist das Jahr 1828, und beide genialen Männer habem an der 17. Tagung der „Deutschen Naturforscher und Ärzte“ teilgenommen. Diese Tagung wurde von Alexander selbst organisiert und er konnte Gauß, der ungern reiste, überzeugen nach Berlin zu kommen, um vom König Friedrich Wilhelm III von Preußen weitere Fördermittel für Forschungen (Gauß) und Welt-Reisen (von Humboldt) zu erhalten. Doch diese Ziele werden nicht erreicht, und nach dem Kongreß kommt es zum Streit zwischen beiden auf offener Straße; letztlich geraten die vornehmen Herren mit der Obrigkeit in Konflikt und landen, wie gesagt, auf der Wache.

Lange davor waren sich beide Männer schon einmal begegnet: in 1791 (Gauß ist gerade einmal 14 Jahre alt) wird er dem Herzog Carl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig vorgestellt. Möglich gemacht hatte dies sein Mathematik-Lehrer Büttner, der schnell das Talent des Wunderknaben erkannt hatte. Man bat den Herzog um finanzielle Unterstützung, so dass Carl Gauß an der Universität Braunschweig würde studieren können.

Am selben Tag befand sich der aus adligem Haus stammende Alexander von Humboldt (da 22 Jahre alt) mit seinem älteren Bruder Wilhelm und seiner Mutter Marie, Tochter einer wohlhabenden Hugenotten-Familie, zu Besuch bei eben diesem Herzog. Sein Vater Alexander Georg von Humboldt hatte als Offizier im Siebenjährigen Krieg gedient; für seine Verdienste wurde er zum Kammerherrn des Kronprinzen von Preußen ernannt. Leider verstarb der Vater bereits im Jahr 1779, als Alexander erst 10 Jahre alt war. Die Familie jedoch hatte weiterhin eine prädestinierte Stellung am Preussischen Hof und gute Kontakte zu anderen Fürstenhäusern. Unter der Obhut des Hauslehrers und Erziehers Gottlob Johann Christian Kunth wuchsen die beiden Jungen Alexander u. Wilhelm auf Gut und Schloß Tegel heran, und wurden dort auch unterrichtet.

2 große Männer, zwei lange Leben. In Rückblenden, Anekdoten, kleinen Geschichten und Begebenheiten hat der Autor Daniel Kehlmann mit „Die Vermessung der Welt“ ein ganz besonderes Buch geschrieben. Es stand in 2005/06 für 37 Wochen auf Platz 1 der „Spiegel“-Bestsellerliste. Die ‚New York Times‘ wußte im April 2007 zu berichten, dass Kehlmanns Buch an zweiter Stelle der weltweit meistverkauften Bücher des Jahres 2006 rangierte!

Jetzt hat Detlev Buck es gewagt dieses Buch zu verfilmen. Mit einem ordentlichen Budget versehen und an internationalen Schauplätzen gedreht. Die beiden Hauptdarsteller Florian David Fitz (Humboldt) und Albrecht Abraham Schuch (Gauß) sind prächtig aufgelegt und authentisch.

Zwei lange interessante Biografien in 120 Minuten auf der Leinwand: da kann es nur einige Highlights zu erzählen geben. So hält sich der Film weitestgehend an das Buch. Bezeichnenderweise schrieb Buck gemeinsam mit Kehlmann das Script.

Wer sich ein wenig für Geschichte, für die Wissenschaften, die Erforschung der Welt interessiert, wird schon das Buch gern gelesen haben und jetzt am Film sicher Freude finden.

Ein guter solider deutscher Film. Ausstattung, Kamera, Schnitt, alles ist sehr gut auf einander abgestimmt und fügt sich zu einem kleinen Gesamtkunstwerk. Besonders die schöne Musik fällt auf.

Die beiden Haupt-Protagonisten spielen ihre Rollen mit Hingabe und Verve. Sie sind derartig präsent, dass die anderen Schauspieler fast ein wenig ‚auf der Strecke bleiben‘. Nur der treue Begleiter von Humboldts, Bonpland bleibt im Gedächtnis und im Herzen. Egal: dies ist ein Appetithäppchen auf zwei große Deutsche, und der eine oder andere Zuschauer wird aus dem Kino gehen mit dem Wunsch, mehr über sie zu erfahren.

 

Sehenswert!

 

4 von 7 Sternen

Rick Deckard

 

„Die Vermessung der Welt“ (Deutschland 2012); 119 Minuten; R: Detlev Buck; D: Florian David Fitz, Albrecht Abraham Schuch, Katharina Thalbach, David Kross, Jérémy Kapone, u.v.a. M: Enis Rotthoff; K: Slawomir Idziak; C: Johanna Ragwitz

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