Der Richter

Es gibt wundervolle unterhaltende und spannende Gerichtsdramen im Film. Die interessanten spielen sich sämtlich in amerikanischen Gerichten ab. Wer kennt diese Dialoge nicht: „Beantworten Sie die Frage des Staatsanwalts“, „Einspruch Euer Ehren“, „Abgelehnt“, „Euer Ehren, darf ich kurz zum Richtertisch vortreten?“, „Die Frage ist nicht relevant“ etc. Herrlich.
Die vielleicht berühmtesten sind „Die 12 Geschworenen“ („12 Angry Men“) (1957) mit Henry Fonda unter der Regie von Sidney Lumet und „Anatomy of a Murder“ (1959) mit James Stewart als dem jungen Verteidiger, mit Lee Remick, und George C. Scott als Staatsanwalt, unter der Regie von Otto Preminger.

Jetzt könnte ein weiteres Werk dazukommen.

Richter Joseph Palmer (Robert Duvall) ist ein ein erfahrener Mann. Hart und unmissverständlich, aber immer gerecht, fällt er seine Urteile. Als seine Frau stirbt, sind nicht nur die beiden Söhne, die in derselben Kleinstadt in Indiana leben, gefragt, sondern auch der ungeliebte Sohn wird von der bevorstehenden Bestattung unterrichtet. Hank Palmer (Robert Downey Jr.) ist Staranwalt in Chicago, besitzt ein tolles Haus, ist verheiratet mit einer hübschen Frau, hat mit ihr eine süße kleine Tochter, ist Besitzers eines Ferraris, der in der Garage zu Hause auf ihn wartet. Durch einen Streit vor vielen Jahren hatten er und sein Vater keinerlei Kontakt mehr zueinander. Und auch die gemeinsamen Tage vor, während und nach der Beisetzung der geliebten Mutter sind von gegenseitiger Ignoranz und kleineren Streitigkeiten geprägt.

Auf seiner Rückreise, kurz vor dem Abflug nach Chicago erhält Hank die Nachricht: sein Vater wurde soeben verhaftet – unter Mordverdacht! Er kehrt zurück in sein Elternhaus und bietet seinem Vater die Verteidigung an. Nach vielem hin und her willigt dieser endlich ein.

Wird die Wahrheit ans Licht kommen? Kann ein Richter, der 42 Jahre für Recht und Gerechtigkeit eintrat, ein eiskalter Mörder sein?

Robert Duvall erhielt zu Recht eine Oscar-Nominierung für diese Rolle. Denn das Drama zwischen diesen beiden dickköpfigen Männern findet im Gerichtssaal und zuhause statt.
Da hören sich 141 Minuten vielleicht langatmig an; aber keineswegs. Die Geschichte wird spannend erzählt, die Dialoge sind geschliffen und bringen den Zuschauer Schritt für Schritt auf die Fährte des Verbrechens und auch auf die Hintergründe des Zerwürfnisses zwischen Vater und Sohn. Ein Gerichts- und ein Familiendrama aller erster Güte.

Und Spannung bis zum Showdown – zwischen Staatsanwalt Dwight Dickham (Billy Bob Thornton – glänzend, aalglatt und subtil gespielt), dem Angeklagten Joseph und seinem Verteidiger und Sohn Hank.

Erwähnenswert auch die Leistung von Vera Farmiga als Ex-Freundin, Vincent D’Onofrio als der ältere Bruder von Hank, der noch eine ganz besondere Vergangenheit mit Hank hat und Jeremy Strong, der jüngste Bruder, dessen intellektuellen Fähigkeiten eingeschränkt sind. Aber von allen in der Familie liebevoll umhegt wird.
Ein Kurzauftritt von Denis Ô’Hare („Michael Clayton“, „Milk“, „Dallas Buyers Club“).

Eine sehr gute Leistung des jungen Regisseurs David Dobkin, der bisher eher mit durchgeknallten Komödien auffiel.
Unverkennbar die stimmungsvolle Musik von Thomas Newman; mit hohem Wiederkennungswert. Unverwechselbar.

Nicht unerwähnt sollte der erfahrene polnische Kameramann Janusz Kaminski bleiben! Wundervolle Bilder, die er uns dort präsentiert. (Oscar-Gewinn für „Schindlers Liste“.)

Ein runder, unterhaltender, spannender Film, den man weiterempfehlen kann, nein muss.

5,5 von 7 Sternen

Rick Deckard

Titel: „Der Richter“ (org.: „The Judge“)
Herstellung: USA 2014
Länge: 141 Minuten
Regie: David Dobkin
Darsteller: Robert Downey Jr., Robert Duvall, Vera Farmiga, Billy Bob Thornton, Vincent D’Onofrio, Jeremy Strong, Denis O’Hare
Drehbuch: Nick Schenk, Bill Dubuque
Musik: Thomas Newman
Kamera: Janusz Kaminski
Schnitt: Mark Livolsi

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